Gymnasium am Turmhof
Den Kriegstoten ein Gesicht geben
Mechernich - (pp). Das Wort „Unbekannter“ steht auf dem schlichten
Steinkreuz der Kriegsgräberstätte in Mechernich geschrieben. Auf
anderen Grabmalen sind Namen eingraviert. Wer liegt dort? Gibt es noch
Angehörige oder Menschen, die zu den Toten der Kriegsgräberstätte
in Mechernich eine Geschichte erzählen können? Und damit den
Gefallenen ein Gesicht geben?
Auf der Suche nach Informationen und Ansprechpartnern sind Schüler
des Gymnasiums am Turmhof (GAT) unter Leitung ihrer Lehrerin Inga
Ketelhodt. Sie hoffen, dass sich Menschen finden, die mehr über die
Menschen erzählen können, für die die Kreuze stehen.
„Da auf einigen Kriegsgräbern Grableuchten brennen, gehen wir davon
aus, dass Angehörige der Verstorbenen im Mechernicher Stadtgebiet
leben und die Gräber besuchen. Da wir gerne mit Informationen aus
erster Hand arbeiten möchten, wäre es für uns hilfreich, mit
Angehörigen zu sprechen“, so einer der Schüler.
„Schön wäre es, Familien zu finden, die eine persönliche
Verbindung zu einem der Toten haben. Wir würden gerne
Einzelschicksale vorstellen, wenn möglich sogar Bilder zeigen“, so
Ketelhodt. Viele der Toten müssen durch die Bombenangriffe im
Dezember 1944 gestorben sein.
Am Volkstrauertag sollen die Geschichten und die Erinnerungen an die
Toten der Kriegsgräberstätte im Kreishaus in Euskirchen ausgestellt
werden. Das Geschichtsprojekt, an dem Schüler der Q1 und der Klasse 9
teilnehmen, werde durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge
und das Kreisarchiv in Euskirchen aktiv unterstützt. Kontakt habe man
auch schon zum Mechernicher Stadtarchiv und dem Lokalhistoriker
Peter-Lorenz Könen aufgenommen.
Erste Erkenntnisse gibt es bereits, wie Ketelhodt berichtet: „Wir
haben herausgefunden, dass mindestens einer der Toten ein polnischer
Zwangsarbeiter war.“ Ob noch weitere Zwangsarbeiter in Mechernich
begraben liegen, wo sie arbeiteten und wie sie starben, das
interessiere Lukas Krüger und Lukas Röhricht. Zudem gebe es
Grabsteine von drei Toten aus dem Ersten Weltkrieg. „Für einen der
Namen haben wir einen Bericht über die Beerdigung im Schleidener
Unterhaltungsblatt gefunden“, so Ketelhodt.
Leider sei es noch nicht gelungen, etwas über die zwei anderen
herauszufinden, daher sei Emma Göken auf der Suche nach Informationen
speziell über Peter Rieke (geboren am 7.8.1877, gestorben am
21.8.1914) und Heinrich Habbig (geboren am 4.4.1877, gestorben am
22.8.1914).
Das Projekt habe mehrere Wurzeln, so Ketelhodt. Besonders beeindruckt
und bewegt habe sie eine vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge
organisierte Lehrerfortbildung, die sie auch zu den riesigen
Kriegsgräbern nach Flandern führte und ihr „ein absolut
einschneidendes Erlebnis“ bescherte.
„Für mich war es das erste Mal, dass ich diese unermesslich großen
Gräberfelder mit Tausenden und Abertausenden von Toten, Männern,
Frauen, Kindern, einige noch nicht einmal einen Tag alt, Täter und
Opfer mit eigenen Augen gesehen und erlaufen habe“, sagt sie. Die
Arbeit rund um die Kriegsgräberstätte in Mechernich sei insofern
auch ein Weg, die Sinnlosigkeit des Krieges aufzuzeigen und zu
erkennen, dass Europa, so wie man es heute kennenlernen darf, ein
unglaubliches Geschenk ist. „Natürlich liegen in Flandern
Hunderttausende, aber wir müssen nicht weit fahren, um zu sehen, dass
die letzten Kriege unendliches Leid auch in der nächsten
Nachbarschaft gebracht haben“, so Ketelhodt.
Wer Informationen zu Grabsteinen oder Schicksalen der Mechernicher
Kriegsgräberstätte beisteuern möchte, kann sich gerne unter Tel.
02443-4031 direkt an das Gymnasium am Turmhof wenden oder eine E-Mail
schicken: kriegsgraeberprojekt.gat@gmx.de
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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