Nöthener Springprozession
Erst rechts, dann links

Mit Michael Schmitz (Foto, l.) vom Nöthener Kirchenvorstand und weiteren Helfern hatte Pfarrer Erik Pühringer tatkräftige Unterstützer im 700-Seelen-Ort bei der Umsetzung der Springprozession. | Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress.
  • Mit Michael Schmitz (Foto, l.) vom Nöthener Kirchenvorstand und weiteren Helfern hatte Pfarrer Erik Pühringer tatkräftige Unterstützer im 700-Seelen-Ort bei der Umsetzung der Springprozession.
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Mechernich/Nöthen - (me) Die Corona-Pandemie macht auch erfinderisch. Sie trägt
gewissermaßen Schuld, weshalb Gläubige gemeinsam rund um die
Nöthener Pfarrkirche St. Willibrord zu Polkamelodien sprangen.
Pilgertuch an Pilgertuch.

Normalerweise zieht es seit Menschengedenken tausende Menschen an
Pfingstdienstag nach Echternach. Doch die beliebte
Traditionsveranstaltung, die 2010 zum immateriellen Kulturerbe und
damit zum schützenswerten Gut erhoben wurde, musste diesmal wegen
Corona abgesagt werden.

Aber gänzlich entfallen? Das wäre doch traurig, meinte GdG-Pfarrer
Erik Pühringer und brachte einen kleinen, aber stilvollen Ableger in
den gut 700-Seelen-Ort. Mit Michael Schmitz vom Nöthener
Kirchenvorstand und weiteren Helfern hatte der Geistliche tatkräftige
Unterstützer vor Ort. Der liebe Gott hatte außerdem für gutes
Wetter gesorgt.

Die Gläubiger – auf den geforderten Covid-19-Mindest-Abstand
positioniert – genossen auf Stühlen sitzend sichtlich den
Freiluftgottesdienst auf dem Platz an der Kirche. Manche mit
Mundschutz, manche ohne.

Zuvor durften sie aber erst einmal traditionsgemäß springen. Aber
nicht, wie ein Irrglaube weiter trägt, zwei Schritte vor, einen
zurück. Stattdessen geht es mit einem gewissen Pathos erst auf das
rechte und dann das linke Bein, immer im Takt und mit leichter
Vorwärts-Bewegung, Schritt für Schritt weiter. Fast kommt es einem
Tanz gleich. Die Schrittfolge ist für Ungeübte ein Leichtes, der
Rhythmus geht ins Blut. Auch die siebenjährige Freyja Berners lernte
schnell an der Hand von Vater Lukas, „was mir meine Oma vorher
gezeigt hat“.

Der Weg der Springprozession führte einmal rund um die Kirche St.
Willibrord, entlang der schmalen idyllischen Gässchen, vorbei an den
hübsch restaurierten Fachwerkhäusern. An der Spitze sprangen
Pühringer und Spring-Neuling Thomas Schiefer aus Nöthen. Dahinter
Jung und Alt, Groß und Klein.

Fast war es wie in Echternach. Aber einen Unterschied gab es doch:
„Dort beginnt das Ganze mit einem Gottesdienst. Wir haben heute
andersherum gestartet, mit dem Springen um unsere Pfarrkirche“,
erklärt Pühringer später den kleinen Unterschied zum großen
Vorbild. Dass die geheiligte Kirchenstätte St. Willibrord als Ort der
Springprozession auserkoren wurde, war beileibe kein Zufall.

Willibrord (658-739), Bonifatius-Jünger und einer der
„Eifelmissionare“, gründete in Echternach die Abtei und wurde in
der dortigen Willibrordus-Basilika beigesetzt.

Ebenso gilt er als Begründer der Springprozession und wurde nicht
zuletzt zum Pfarrpatron für die Nöthener. Passender hätte der Ort
im GdG-Gebiet also nicht gewählt werden können.

„Der heilige Willibrord verkündete den Glauben in einer bewegten
Zeit“, predigte Pühringer: „Heute sind wir gerufen, wie der
heilige Willibrord auch unseren Glauben ein gutes Stück zu leben, zu
unserem Glauben zu stehen. In Worten und in Taten.“ Corona sei ein
Weckruf, um zu erkennen, dass Menschen füreinander verantwortlich
sind und aufeinander Acht geben sollten.

Der Legende nach war die Echternacher Springprozession aufgrund von im
Mittelalter vorherrschenden Krankheiten ins Leben gerufen worden. Dass
die Traditionsveranstaltung abgesagt wird, war in den vergangenen
Jahrhunderten selten der Fall: nur wegen der Pest, der Cholera und der
Weltkriege – und jetzt Corona. Ein bisschen Gutes hat es dennoch:
Ohne die Pandemie hätte es die alternative Springprozession
wahrscheinlich nie gegeben.

Die Nöthener Variante, die zwar nicht die Größe des Vorbilds,
dafür einen ebenso großen Liebreiz und auch signalgebende Wirkung
entfaltete, weist durchaus Potential für Wiederholungen auf. Doch da
winkt das Mechernicher Kirchenoberhaupt entschieden ab.

Er hoffe, dass es bei der einmaligen Verwirklichung bleibt und im
kommenden Jahr wieder ein Bus mit „Springern“ von Mechernich nach
Echternach fahren kann. Gefallen hat ihm die Heimpremiere dennoch
sehr: „Ich war begeistert, auch von der Zahl und Vielfalt derer, die
mitgemacht haben.“

Letztlich sei es mit der Nöthener Variante auch darum gegangen, der
Prozession Echternach sowie dem heiligen Willibrord zu gedenken und
damit umso mehr deren Bedeutung im Bewusstsein zu halten – auch in
Corona-Zeiten.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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