Neujahrsempfang
Ganz im Zeichen des Ehrenamtes
Mechernich - (pp). „Willst Du froh und glücklich leben, / lass kein Ehrenamt
dir geben! / Willst du nicht zu früh ins Grab / lehne jedes Amt
gleich ab!“: In aller Drastik diente Wilhelm Busch in der
Neujahrsansprache des Mechernicher Bürgermeisters Dr. Hans-Peter
Schick als Mahner gegen zu viel gelebte Nächstenliebe. Und der
altgediente Kommerner Ortsvorsteher, Vereinsmensch und
Kommunalpolitiker Johannes Ley pflichtete dem Erfinder von „Max und
Moritz“ am Ende einer Podiumsdiskussion beim Mechernicher
Jahresempfang zum Thema Ehrenamt auch noch bei: „Tue niemals Gutes,
wenn Du nicht bereit bist, Undankbarkeit zu ernten.“
Der Jahresempfang der Stadt und des Bürgermeisters am Bleiberg stand
dieses Jahr ganz im Zeichen des Ehrenamtes. Und im Gegensatz zu den
eingangs erwähnten Unkenrufen, stimmte Bürgermeister Schick in
seiner programmatischen Neujahrsansprache ein regelrechtes Hohelied
auf das Ehrenamt an. Es sei der Kit, der die Gesellschaft
zusammenhält, der Stoff, aus dem zwischenmenschliche Beziehungen
gewoben sind und die Stimulanz für Glück im Leben.
Die Reihen beim Jahresempfang in der Aula des Mechernicher
Schulzentrums wirkten etwas lichter als sonst. Das sei der Influenza
geschuldet, konstatierte Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick vor
einem doch noch beeindruckend mit mehreren hundert geladenen Gästen
gefüllten Auditorium. Die Stadt lädt regelmäßig Vertreter aus
Politik und Gesellschaft, Vereinen und Institutionen, Kirchen und
Dorfgemeinschaften zum Jahresempfang, der so mit wechselnder Besetzung
immer ein Empfang für die Bürger ist.
Zehn von ihnen standen in einem abschließenden Podiumsgespräch nach
der Neujahrsrede des Bürgermeisters Rede und Antwortet zu ihren
Ehrenämtern und ihrer persönlichen Motivation. Mit den
Hospizhelferinnen Ute Baum und Gisela Winterkrupp, dem Leiter der
Mechernicher Jugendfeuerwehr Ingo Eßer, Tafel-Chef Wolfgang
Weilerswist, Günter Nießen vom Bergbaumuseum, dem Kallmuther
Ortsvorsteher Robert Ohlerth, dem ehemaligen Kommerner Ortsvorsteher
Johannes Ley, Marianne Kesseler von den Grünen Damen im
Kreiskrankenhaus Mechernich und den beiden Rotkreuz-Aktivisten Sascha
Suijkerland und Til Voß hatte die Stadtverwaltung überzeugende
Vertreter der im Stadtgebiet ehrenamtlich tätigen Menschen auf die
Bühne geholt.
„Das war eine Klasse Demo für das Ehrenamt“, befand der
Mechernicher Rotkreuz-Chef Rolf Klöcker am Rande des
Neujahrsempfangs. Ihm hatte die Grundsatzrede des Bürgermeisters
ebenso imponiert wie die Statements der Ehrenamtlichen auf dem Podium.
Rotkreuz-Einsatzleiter Sascha Suijkerland etwa nannte es eine
Selbstverständlichkeit, sich für andere Menschen einzusetzen.
Marianne Kesseler erzählte, sie habe in ihren kirchlichen und
sozialen Ehrenämtern „mehr Erfüllung und Glück gefunden als im
Berufsleben“. Robert Ohlerth beschrieb, wie Zeit seines Lebens bis
heute völlig unspektakulär ein gemeinnütziges Projekt das nächste
jagte, meist in Kallmuth, aber auch bei Lahmeyer, im Stadtrat, in
anderen Dörfern.
Gisela Winterkrupp und Ute Braun sagten zur Hospizarbeit im Hospiz
„Stella Maris“ der Communio in Christo in Mechernich, man begleite
dort nicht Menschen bis zum Tod, sondern helfe ihnen bis zum Schluss
ein erfülltes Leben zu leben. Ihr selbst, so Gisela Winterkrupp, habe
die Hospizarbeit die Angst vor dem Sterben genommen.
Ingo Eßer fand in der Freiwilligen Feuerwehr „viel Arbeit, viel
Engagement, aber auch große Erfüllung unter 350 Gleichgesinnten“.
Sascha Suijkerland berichtete, wie seine Eltern ihm nach dem Umzug der
Familie in die Eifel schon als Jugendlicher gesagt hätten, nun solle
er sich für seine Mitmenschen interessieren und zusehen, wo er für
sie was Gutes tun könne.
Günter Nießen erzählte, wie er erst als Pensionär zu den
ehrenamtlichen Grubenführern des Bergbaumuseums Günnersdorf stieß,
und wie er dort in einem Museum, das über und unter Tage stets unter
der Regie von ehrenamtlichen Bergbauveteranen aufgebaut wurde, seine
Erfüllung fand.
Til Voß berichtete, wie er zum Jugendrotkreuz kam oder vielmehr zu
dessen Gründung in Mechernich beitrug. Heute gibt es zwei
Jugendrotkreuzgruppen in Mechernich mit 50 Mitgliedern. Und Johannes
Ley dankte Voß für die Unterstützung der etablierten Vereinswelt
für den Nachwuchs im Ehrenamt. Der Kommerner selbst rief mit anderen
Jugendlichen den Verein „Kids for Kids“ ins Leben, über den
bereits mehrfach im Fernsehen berichtet wurde.
Altersgenossen von Til Voß, die Musikerinnen und Musiker des
Gymnasiums am Turmhof unter der Leitung von Michael Schmitz
gestalteten den Jahresempfang der Stadt mit animierendem Swing und
kraftvollem Bigband-Sound. „Wir sind stolz, Euch in der Stadt zu
haben, Ihr seid ein Aushängeschild dieser Schule“, lobte
Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick die Bigband, die unter dem Namen
„GAT the Sound“ auftritt.
Zwischen 23 und 24 Millionen Menschen in Deutschland engagierten sich
ehrenamtlich, so Schick, die durch soziale Arbeit eine Wertschöpfung
von mehr als 75 Milliarden Euro erwirtschafteten: „Jeder von Ihnen
hilft mit, auch unsere Stadt Tag für Tag ein Stückchen besser zu
machen“.
Kaum aufhören wollte die Liste von Hilfsorganisationen, die Schick
aufzählte: Jugendorganisationen, Natur- und Umweltschutz, Tierschutz,
Caritas und Diakonie, Behinderten- und Flüchtlingshilfe, Grüne Damen
im Krankenhaus, Feuerwehr, DRK, THW und viele mehr seien
Betätigungsfelder für Ehrenamtler und Altruisten.
180 Vereine und Organisationen seien zum Neujahrsempfang eingeladen
worden, darunter 33 Dorfgemeinschaften, Vereins- und Ortskartelle, 34
Sportvereine, 15 Musikvereine und fünf Tambourcorps, sieben
Gesangsvereine, elf Kirchenchöre, fünf Theatervereine, zwölf
Junggesellenvereine, fünf Jugendclubs und mehr als 20
Karnevalsvereine.
Doch das Ehrenamt erodiere. „Um die Bereitschaft der Menschen am
Ehrenamt zu erhöhen, muss sich die Einstellung der Menschen zur
Gemeinschaft als Ganzes wieder ändern“, forderte der
Bürgermeister. Es gebe eine mangelnde Bereitschaft, sich an eine
Gruppierung mit festen Regeln zu binden und Verantwortung zu
übernehmen.
Es zeichnet sich vor allem ein Generationenproblem ab. Junge Leute
sind zwar noch immer engagierte Zeitgenossen, lassen sich aber eher
für überschaubare Projekte auf Zeit gewinnen als für ein
grundsätzliches Ehrenamt auf Dauer. Schick: „In den Ortschaften
haben wir viele Gartenbau- und Verschönerungsvereine, die in
Eigenregie die öffentlichen Grünanlagen pflegen und teilweise auch
kleinere Baumaßnahmen durchführen.“
Auch die Ortsgruppen des Eifelvereins, Kolpingfamilie, Förderverein
Bergbaumuseum, Heimat- und Brauchtumsvereine, Kapellenvereine,
Angelsportvereine, Kaninchenzuchtverein, Oldtimerclubs für Traktoren,
Autos und Motorräder, Pferdefreunde, Club für Monstertrucks und
ähnliche, seien zwar thematisch völlig unterschiedlich aufgestellt,
aber alle ehrenamtlich strukturiert.
Dr. Hans-Peter Schick: „Die Pflege unserer Städtepartnerschaften
mit Nyons und Skarszewy wird von den Freundeskreisen mit sehr viel
Engagement betrieben. Die 50-Jahr-Feier der Verschwisterung mit Nyons
zu Pfingsten im vergangenen Jahr war ein großartiger Erfolg. Dafür
vielen Dank!“
Insbesondere dankte der Bürgermeister am Ende seiner Aufzählung den
im engeren sozialen Bereich tätigen Vereinen und Organisationen:
„Ohne die Arbeitsleistung der klassischen Vereine für ein
attraktives und lebendiges Miteinander in unseren Orten auch nur
ansatzweise minimieren zu wollen, leisten viele Ehrenamtler hier eine
ganz wichtige Arbeit, die auch Menschen am Rand unserer Gesellschaft
zugutekommt. Es gibt im Stadtgebiet etwa zwei Dutzend Gruppierungen,
die sich um sozial benachteiligte Mitbürgerinnen und Mitbürger
kümmern, seien es Arme, Kranke, Kinder, Alleinstehende, Flüchtlinge
usw..“
Wer glaube, dass „in einem so reichen Land wie Deutschland diese
Menschen zur Gänze über die soziale Absicherung des
Wohlfahrtsstaates aufgefangen werden, der irrt.“ Beispielhaft nannte
Dr. Schick die kirchlichen Gruppierungen aller Konfessionen, den
Kinderschutzbund Mechernich, die Flüchtlingshilfe, die
Frauengemeinschaften, Selbsthilfegruppen, die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter der Tafel Mechernich, die Ortsgruppe von Donum vitae, die
Hospizhelfer und die Grünen Damen in der Krankenhaushilfe.
Ein afrikanisches Sprichwort laute: „Viele kleine Leute, an vielen
kleinen Orten, die viele kleine Dinge tun, werden das Antlitz der Welt
verändern.“ Der Bürgermeister: „Allen Mitbürgerinnen und
Mitbürgern, die sich im Sinne dieses Zitates engagieren, darf ich
ganz herzlich danken.“ Eine Stadt bestehe nicht nur aus Steinen und
Mörtel, sondern aus dem Miteinander der Menschen.
Dr. Hans-Peter Schick: „Unser solidarisches Gemeinwesen kann nur
dann existieren und weiter wachsen, wenn zahlreiche Bürgerinnen und
Bürger in ihrem eigenen Lebenskreis Verantwortung für sich und für
andere übernehmen.“ Die komplette Ansprache von Bürgermeister Dr.
Hans-Peter Schick können Sie per Maus klick hier aufrufen.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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