"Holz ist wunderbar, Mechernich auch"
Im Mechernicher Baugebiet Auf der Wacholder ...
Mechernich - (pp) Die Stadt Mechernich wagt ein Experiment, das in der Region
bislang einmalig ist. Das Baugebiet Auf der Wacholder II, jenseits des
Feldblumenwegs in Mechernich-Nord, soll zur Hälfte als
Holzbausiedlung verwirklicht werden. Mehrere Interessenten für die 24
Grundstücke gibt es bereits, obwohl der städtische
Wirtschaftsförderer Peter Dierichsweiler und sein Kollege Dennis
Müller erst vor Kurzem mit der Vermarktung begonnen haben. Die
übrigen 24 Häuser sollen in konventioneller Bauweise entstehen. Die
Idee zu dem Projekt entstand vor rund drei Jahren. In der zweiten
Jahreshälfte 2018 soll mit dem Bau der ersten Häuser begonnen
werden. In Kürze wird das Baugebiet von der Firma Backes erschlossen.
„Wir arbeiten mit einem Rohstoff, der zuhauf in der Region
wächst“, äußerte sich Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter
Schick während einer Pressekonferenz im Rathaus und erinnerte daran,
dass schon früher im Mechernicher Stadtgebiet mit Holz gebaut wurde
– bei Fachwerkhäusern. Annette Köhne-Dolcinelli, Leiterin des
Landesbetriebs Wald und Holz, sieht ebenfalls die Vorteile. Denn die
Holzbauweise senke die Kohlendioxid-Belastung in der Atmosphäre.
„Allein in Nordrhein-Westfalen werden 15 Millionen Tonnen CO2 durch
Holz gebunden“, erklärt sie. Hinzu komme die Förderung der
Waldwirtschaft: „Die heimische Wirtschaft wird durch den Bau von
Holzhäusern unterstützt.“ Weitere Vorteile: Holzhäuser seien
schneller errichtet, böten einen besonderen Wohnkomfort und hätten
durch schmalere Wände eine größere Wohnfläche.
„Das Thema Holzbau ist unter Umweltgesichtspunkten, dem Aspekt der
Werthaltigkeit und dem steigenden Wunsch nach einem gesunden Wohnen
hoch aktuell findet Stadtplaner Thomas Schiefer. Um auch eine
städtebauliche Qualität zu erreichen wird es einen gestalterischen
Rahmen bei der Realisierung der jeweiligen Holzhäuser geben: Eine
attraktive, moderne Architektur, ist gefragt, mächtige
Block-Holzhäuser mit Hüttencharakter aus übereinanderliegenden
groben Baumstämmen wie in Kanada sollen hier nicht entstehen, diese
würden dem Ziel einer regionaltypischen, zeitgemäßen Architektur
nicht entsprechen. Oft ist – etwa durchs Verputzen der Fassade –
von außen überhaupt nicht erkennbar, dass es sich bei einem Gebäude
um ein Holzhaus handelt, wie Schiefer an einigen Beispielen zeigte.
Ein Gestaltungsbeirat, der unter anderem aus dem Stadtbaurat der Stadt
Bonn und dem technischen Beigeordneten der Stadt Troisdorf besteht,
entscheidet, ob die Entwürfe in die Siedlung passen. Schiefer spricht
von qualitätvoller, bodenständiger Architektur jenseits von mit
Kunststoffen gedämmten Fertighäusern.
Der Stadtplaner führte noch einmal die Vorteile eines Holzhauses auf.
Holz biete einen hervorragenden Wärmeschutz: Im Winter wirkt Holz als
Dämmung, im Sommer als Hitzeschutz. Holz biete außerdem ein sehr
gutes Raumklima und eine optimale Luftfeuchtigkeit, wirke angenehm und
beruhigend, seit wert- und nachhaltig. „Holz ist wunderbar,
Mechernich auch“, bringt er das Projekt und die Stadt in Einklang.
Doch wie stellt der Stadtplaner sich die Holzbausiedlung eigentlich
vor? Immer vier Langhäuser mit angrenzenden Quergebäuden (etwa
Garagen, Kellerersatz- oder sogar Wohnräumen), deren Grundform sich
an historischen Bauformen orientiert, sollen rund um einen
Quartiersplatz errichtet werden. Über Stichstraßen sind diese vier
Häuser erreichbar. Die Grundstücke sind zwischen 480 und 800
Quadratmeter groß. 48 Häuser sollen insgesamt errichtet werden –
24 in Holzbauweise und 24 auf traditionelle Art.
Damit sich Interessenten für ein Grundstück in der Holzbausiedlung
ein Bild von einem Holzhaus machen können, wird als erstes auf dem
Grundstück am Entree der Siedlung ein Musterhaus errichtet. Im
Erdgeschoss wird der Eigentümer, der als Mitglied des Vereins Wald
und Holz Eifel durch Planung und Beratung an der Realisierung der
Holzbausiedlung mitwirken möchte, wohnen. Im ersten Stock können
Interessenten kurzzeitig einziehen, probewohnen und damit das Wohnen
im Holz mit allen Sinnen erfahren.
Nicht weit vom Baugebiet entfernt, in Kommern, lässt Martin Hilger
aktuell ein Holzhaus errichten. Der Geschäftsleiter des Hilger
Holz-Handel im Schleidener Ortsteil Broich hat das ostbelgische
Unternehmen Wood & Roof um Philippe Brüls aus Bütgenbach beauftragt.
Brüls gibt zu: Ein „einfaches“ Holzhaus ist im Gegensatz zum
konventionellen Haus zirka zehn Prozent teurer. Je hochwertiger das
Haus ist, desto mehr gleichen sich die Kosten aber an. Stattdessen
gibt es auch Vorteile, um Kosten zu sparen: Holz habe einen höheren
Dämmwert und es könnte viel mehr Arbeit vom Eigentümer in
Eigenleistung erbracht werden, weil der Innenausbau im Holzhaus
schlicht einfacher zu bewerkstelligen sei. Hinzu kommt die schon von
Annette Köhne-Dolcinelli erwähnte größere Wohnfläche durch
schmalere Wände, etwa im Verhältnis zwei zu fünf. „Das macht sich
bei hohen Grundstückspreisen auch finanziell schnell bemerkbar“
Martin Hilger räumt auch mit einem Vorurteil auf: der hohen
Brandgefahr in Holzhäusern. Das beim Bau verwendete Holz sei sehr
feuerresistent. Und auch die ebenfalls von Köhne-Dolcinelli genannte
schnelle Bauweise stimme: Der Rohbau habe in zwei Tagen gestanden,
schlüsselfertig sei ein Holzhaus in drei Monaten. „Bei
konventioneller Bauweise dauert das gerne mal ein Jahr“, so Brüls.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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