Neue "Stolpersteine" verlegt
Kommern erinnert sich
Acht neue „Stolpersteine“ in Kommern erinnern an die jüdischen Familien Kaufmann und Lewin.
Mechernich-Kommern (lk).„77 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz setzen wir Stolpersteine und erinnern uns. Senkt den Kopf und lest. Erzählt der Welt, was uns angetan worden ist.“ Mit diesen Worten eröffneten drei Schülerinnen der Euskirchener Marienschule die Stolpersteinlegung in der Kommerner Mühlengasse. Parallel dazu, nur wenige Meter entfernt, begann Gunter Demnig damit, die vier Gedenksteine an die deportierte und ermordete Familie Lewin zu setzen.
Die zweite Station war die Kölner Straße 18, ebenfalls in Kommern, in dem die Familie Kaufmann vor ihrer erfolgreichen Flucht nach England gelebt hatte.
Betretenes Schweigen herrschte, als die zwar unterschiedlichen, doch ergreifenden Geschichten hinter den Steinen erzählt waren.
An der Zeremonie nahmen darüber hinaus auch Landrat Markus Ramers, Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick, die Kommerner Zeitzeugin Christine Hiller teil. Emmy Kaufmanns Kinder, Anthony und Helen, nahmen darüber hinaus an der gesamten Zeremonie per Videotelefonat über das Handy von Mitorganisator Rainer Schulz teil. Im Vorfeld hatte er bereits die Stellen, an denen die Steine in das Pflaster eingelassen wurden, markiert.
„Euch trifft keine Schuld, doch ihr müsst wissen, was auch hier damals geschah! Wie viele heute hier sind, ist wahrlich ein wichtiges Zeichen. Ich finde es bewundernswert, nach allem, was diesen Menschen angetan wurde, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen, dem sogenannten „Volk der Täter“ anzugehören, wie es die hier heute per Videoanruf zugeschalteten Kinder der geflüchteten Emmy, Anthony und Helen, getan haben. Und für uns alle sollte gelten: Jeder, der nach Hilfe sucht, sollte sie bekommen und mit offenen Armen empfangen werden, egal wo seine Wurzeln liegen. Ich bin sehr stolz auf Euch!“, bedankte sich Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick bei allen, die sich für das Verlegen der Stein eingesetzt haben
„Kommern hatte viele gute Menschen“, soll die geflohene Emmy Kaufmann zu ihrer Freundin und Zeitzeugin Gisela Freier gesagt haben. Bis zu ihrem Tod habe sie immer wieder einen „einen leisen Anflug von Heimweh nach Kommern“ verspürt.
Die Schülerinnen der Marienschule, welche Gerda und Emmy Kaufmann bis zu ihrer mittleren Reife ebenfalls besucht hatten, Charlotte Schmitz, Laura Talarico und Franziska Lüttgen berichteten über das Schicksal der Familie Lewin bestehend aus den Eltern Erich, ein Uhrmacher und seine Frau Lina mit ihren Töchtern Käthe und Else. Laut Aufzeichnungen seien Erich, Lina und Käthe schließlich 1942 aus dem „Judenhaus“ in Kommern nach Minsk deportiert und ermordet worden. Else, die jüngere Schwester wurde 1942 mit 12 Jahren aus Potsdam nach Sobibor deportiert und ebenfalls ermordet. An der zweiten Station, dem ehemaligen Haus von Sigmund und Bertha Kaufmann samt ihren Töchtern Emmy und Gerda in der Kölner Straße, erzählten sie ebenso - Wie die Kaufmanns über drei Generationen lang im „schönsten Fachwerkhaus Kommerns“ gelebt hätten. Gerda floh bereits 1938 nach England, Emmy folgte ihr 1939. Den Eltern gelang es schließlich, einen Tag vor dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges ebenfalls nach England zu flüchten. Gerda starb in Jahr 2009, Emmy im Jahr 2010.
Redakteur/in:Lars Kindermann aus Rhein-Erft |
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