Mechernicher Bergbau
Modellanlage wider das Vergessen
Mechernich - (pp). Im Bewahren eines Geheimnisses sind die „Kumpel“ vom
Förderverein des Bergbaumuseums Mechernich erstklassig. Denn umso
größer waren der Aha-Effekt und das Staunen der geladenen Gäste bei
der Eröffnungsfeier der Modellanlage im Museum. Bürgermeister Dr.
Hans-Peter Schick war der erste, der große Augen machte, war es ihm
doch vorbehalten, die Tür zum Raum, in dem sich die 15 mal zwei Meter
große Anlage befindet, zu öffnen.
Zwar hatte Schick, wie einige Pressevertreter auch, zu Beginn der
Arbeiten vor mehr als einem Jahr bereits einen Blick auf die in
Rohfassung befindliche Anlage werfen dürfen. Aber nun waren alle
gespannt, zu sehen, was Günter Nießen, Willy Krämer, Alfred Schink
und Ralf Ernst in den vergangenen Monaten getrieben haben.
Machen wir es kurz: Die Besucher waren überwältigt. Mit einer
unglaublichen Detailfülle haben die vier abgebildet, wie die
obertägige Anlage in Mechernich zum Zeitpunkt der Schließung am 31.
Dezember 1957 aussah. „Viele Mechernicher werden dieses Panorama
noch kennen“, meinte dann auch der Fördervereinsvorsitzende Fritz
Hunsicker bei seiner Begrüßungsrede.
Die Modellanlage passt natürlich exakt in das Konzept des
Bergbaumuseums, das seit 1994 dafür kämpft, dass das Bewusstsein,
das Mechernich einst eine stolze Bergbaustadt war, nicht verloren
geht. Anschaulich wird auf den von Willy Krämer konzipierten Tafeln
über der Anlage erläutert, was zu sehen ist. Willy Krämer erklärte
den Besuchern auch bei der Vorstellung des Modells in aller
Ausführlichkeit den Produktionsablauf der Bleigewinnung, vom Abbau
des Bleierzes, dem Transport zum Vorbrecher und zum Rundbunker, die
komplizierte Aufbereitung bis hin zur Verhüttung. Dazu ließ er die
Werksbahn zu den einzelnen Arbeitsstationen fahren.
Das Eisenbahnnetz der Modellanlage wurde von Willy Krämer nach dem
Original-Gleisplan erstellt. Dafür verlegte er 35 Meter Schienen, 20
Weichen und 44 Signalblöcke. Unter dem Modell befinden sich rund 300
Meter Schaltdraht für die Stromversorgung und die Steuerung. „Die
Verdrahtungsarbeiten unter der nur 75 Zentimeter hohen Anlage waren
dabei besonders kompliziert und anstrengend“, berichtete Fritz
Hunsicker. Schließlich musste die Bahnanlage noch digital
programmiert werden, was ebenfalls viel Zeit in Anspruch genommen hat.
Im Maßstab 1:100 ist die Anlage gehalten - und sie ist so exakt, dass
der ehemalige Bergmann Alfred Schink gesteht, er fühle sich inmitten
des Nachbaus des Kallmuther Berges mittendrin. Dass das Szenario so
originalgetreu nachgebaut werden konnte, lag zu einem gewissen Teil an
ihm. Zwar hatte Willy Krämer fleißig alte Pläne und Kartenmaterial
studiert und daraus einen detailreichen maßstabsgerechten Gesamtplan
für die Anlage entworfen. In einigen wenigen Einzelfällen fehlten
jedoch Ansichten oder eine genauere Ortsbeschreibung. Hier waren die
Anlagenbauer froh, auf Alfred Schink als Augenzeugen aus der
Bergbauzeit zurückgreifen zu können.
Wie Hunsicker, Kassiererin Karoline Schommer und auch Alfred Schink
betonten, sei besonders Günter Nießen über sich hinausgewachsen.
Viel zu Hause sei er in den vergangenen 14 Monaten auf jeden Fall
nicht. Beinahe täglich, auch an den Wochenenden, habe er stundenlang
an der Anlage gearbeitet, so Schommer. „So etwa 700 bis 800 Stunden
werden es insgesamt gewesen sein“, rechnete Nießen kurz im Kopf
vor. Wie bei seinen Mitstreitern auch, erfolgte die Arbeit
ehrenamtlich.
Mit Krippenbauern hat er sich unterhalten, die ersten Versuche der
Darstellung des Kallmuther Berges und des Krähenlochs fertigte er
noch im heimischen Keller an. Ralf Ernst, damals noch Student an der
RWTH und als Grubenführer im Bergbaumuseum tätig, bat er, den
Westschacht zu bauen. Den Tagebau in Günnersdorf hat er später mit
einer Kettensäge ausgeschnitten. „Ganz zum Schluss haben wir dann
die Stadt Mechernich errichtet, die schöner aussieht, als das
Original damals“, lacht Nießen. Insgesamt 400 Kilogramm Gips hat er
verbaut und gibt am Ende zu: „Ich bin stolz wie Oskar auf die
Anlage, genau wie Willy und Alfred auch.“
Und auch Bürgermeister Schick freute sich. „Das ist ein wichtiger
Tag für Mechernich“, meinte er. Der Bergbau sei ein wichtiger
Identifikationsfaktor der Stadt gewesen. „Das Blei hat uns 2000
Jahre beeinflusst, in der Blütezeit haben hier 4500 Menschen
gearbeitet, das war der prägende Arbeitgeber in der Nordeifel“, ist
sich Schick sicher. Die Schließung der Grube sei einer der
schwärzesten Tage der Stadt gewesen. Das Miniaturmodell sei nicht nur
handwerklich, sondern auch künstlerisch eine große Leistung und der
Besuch im Museum sei eine „Pflichtveranstaltung für alle
Mechernicher“. Die werden bemerken, dass die Anlage sich weiter
verändern wird. „Der Bau ist noch nicht abgeschlossen“, erzählte
Fritz Hunsicker. Damit sind nicht nur Feinarbeiten wie
Straßenmarkierungen gemeint, es gibt sogar Pläne für einen weiteren
Ausbau. „Hier wird noch einige Jahre gebaut“, so der
Fördervereinsvorsitzende. Zum Großteil hat der Verein selbst die
Kosten für die Anlage aufgebracht. Ohne Sponsoren sei die
Fertigstellung laut Hunsicker aber nicht möglich gewesen. Eine genaue
Summe will Karoline Schommer nicht nennen, „aber man bekommt für
das Geld einen Mittelklassewagen.“
Geöffnet ist das Bergbaumuseum dienstags bis samstags von 14 Uhr bis
16 Uhr und sonntags von 11 Uhr bis 16 Uhr. Gruppen können sich unter
der Telefonnummer 02443-48697 oder per E-Mail an
bergbaumuseum-mechernich@t-online.de zu Führungen anmelden.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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