Weyer wird 1150 Jahre alt
Neue Fahnen für Weyer
Mechernich-Weyer (gr). Pünktlich im 1150. Jahr nach urkundlicher
Ersterwähnung können im Mechernicher Höhenort Weyer neue Ortsfahnen
wehen. Mit finanzieller Unterstützung des NRW-Heimatschecks war es
dem Vereinskartell Weyer um den Vorsitzenden und Ortsbürgermeister
Björn Wassong möglich, neue rot-blaue Flaggen mit dem Ortswappen zu
beschaffen. Nun könnten alle Mitbürgerinnen und Mitbürger ihre
Heimatverbundenheit zum Ausdruck bringen, indem sie an Festtagen wie
dem 1. Mai oder Kirmes ihre Häuser mit den Ortsfahnen schmücken, so
der Ortsvorsteher. Erhältlich sind die Fahnen bei ihm.
Weyer wurde 871 erstmals als „villa viveri“ („Siedlung bei den
Fischteichen“) urkundlich erwähnt. Diese Urkunde findet man im
„Goldenen Buch von Prüm“. Ab 1599 erscheint der Ortsname in der
heutigen Form. Wassong: „Sicher ist Weyer älter als diese erste
urkundliche Erwähnung, aber vom genannten Zeitpunkt an beginnt die
durch ein Schriftzeugnis belegte Existenz der Siedlung.“
Die Vorgeschichte des Ortes sei durch Funde und von Menschen-hand
entstandene Veränderungen im Boden nachweisbar. Zum Beispiel durch
den Fund des Matronensteins im Jahr 1991 bei Restaurierungsarbeiten im
Altarraum der Pfarrkirche St. Cyriacus. Da „erst“ vor 25 Jahren
eine Ortschronik vom jüngst verstobenen Heimatforscher Anton Könen
herausgegeben worden sei, werde es im Jahr 2021 kei-ne weitere Chronik
geben, so der Ortsvorsteher.
Allerdings sammelt Wassong weiterhin alte Bilder und
Erinnerungsstücke für ein „Ortsarchiv“. Zudem sind Aktionen und
Feste – sofern diese pandemiebedingt überhaupt stattfinden können
– vorgesehen, in denen die Ortsgeschichte gefeiert und präsentiert
wer-den soll. So wurde mit Hilfe zahlreicher Kinder und Jugendlicher
ein Kalender zum Jubiläum herausgebracht. Der Nachwuchs war seit
Sommer 2020 aufgerufen, Bilder unter dem Motto „Mein Weyer“ zu
malen oder sonst wie kreativ zu gestalten.
Neben der Abbildung der gemalten Bilder und Fotografien im Kalender
gab es auch Preise in Form von Gutscheinen lokaler Unternehmen, wie
der Eifel-Therme, dem Mechernicher Bergbaumuseum oder der Bowl-Fabrik
zu gewinnen. Ergänzt wurden die Bilder der Kunstaktion mit Bildern
von David Rosenbaum aus Weyer, der mit seiner Bildbrett-Aktion in
diesem Jahr durchstartete. Mit einem Verkaufserlös möchten die
Initiatoren eine wohltätige Organisation unterstützen. Die Kalender
gibt es für 11,50 Euro in der Konditorei Arns.
In Könens Weyerer Ortschronik heißt es: „Am 20.Oktober 871
bestätigt König Ludwig II. »der Deutsche« in Frankfurt durch
Kanzler Hebarhard dem Kloster Prüm den Besitz der Kapellen der hl.
Justina und der hl. Maria in Bachem im Jülichgau mit den ihnen von
Otbert geschenkten Besitzungen, darunter in »uilla Uiueri« (Weyer),
unter Vorbehalt der lebenslänglichen Nutznießung durch Ortberts
Gemahlin Hildigard.“ In dieser Urkunde wird der Ort Weyer zum ersten
Mal schriftlich erwähnt.
Könen weiter: „Bei dem in der Urkunde von 871 genannten Ortsnamen
»Uilla Uiueri« müssen wir lesen »villa viveri«. Für »u« und
»v« wurde damals nur ein Zeichen verwendet. Die Urkundenforscher
einigten sich bei Urkunden-Editionen auf »v«.“
„Viveri“ bedeute demnach Siedlung bei den Fischteichen, aus
lateinisch „vivus“, das auch Tierpark und Gehege bedeuten kann.
Das im Falle Weyer „bei den Fischteichen“ angenommen werden kann,
legen der dortige Wasserreichtum und die römische Besiedlung des
Ortes nahe, so Regionalhistoriker Könen.
Rund um Weyer fand vermutlich schon in vorrömischer Zeit
Eisenerzabbau statt, so der Mechernicher Chronik-Autor. Ebenso wurde
Kalkstein in verschiedenen Steinbrüchen abgebaut. Die Pfarrkirche
wird im Jahr 1187 erstmals urkundlich erwähnt. In einer schriftlichen
Überlieferung aus dem Jahr 1372 wird die Burg Weyer genannt. Heute
ist von diesem Gebäude nichts mehr vorhanden: nur die
Straßenbe-zeichnung „Burgring“, die ziemlich genau die Lage der
ehemaligen Burganlage umfasst.
Auf der Tranchotkarte von 1809 ist die Anlage als freistehende Burg
dargestellt. Fundamentreste der Burg sind bei Grabungen heute noch zu
finden. Das Mauerwerk einiger Hof-Anwesen entstand aus den Steinen der
Burg. Beim Ausschachten eines Kellers wurden ein Glockenkern und die
Reste eines Hochofens freigelegt. Man nimmt an, dass hier 1584 die
Cyriakus-Glocke gegossen wurde. Ein schriftlicher Beleg fehlt
allerdings für diese Annahme.
Wie Könen schreibt, wurde Weyer beim zweiten Raubkrieg Ludwig XIV.
1677 durch die Franzosen eingeäschert. Nur drei Häuser „Am
Jülicherend“ und die Pfarrkirche überstanden das Flammeninfer-no.
Pfarrer Lindweiler, erst wenige Wochen im Amt, konnte nur das 1601 von
Pfarrer Heid angelegte Kirchenbuch aus dem brennenden Pfarrhaus
retten, während die anderen Bücher und die alten Akten dem Brand zum
Opfer fielen. Weyer war lange eigenständige Bürgermeisterei
beziehungsweis Gemeinde, ehe das Dorf im Zuge der kommunalen
Neugliederung 1969 – 1975 Teil der heutigen Stadt Mechernich wurde.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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