Er ist ein Abenteurer
Schulleiter Stefan Plack geht in den Ruhestand
Satzvey - (pp) Stefan Plack ist ein Abenteurer vor dem Herrn. „Es war immer
mein Traum, irgendwann in den Auslandsdienst zu gehen“, sagt er. Aus
familiären Gründen hatte der Schulleiter der
Gemeinschaftsgrundschule Satzvey jedoch zunächst seine Pläne hinten
angestellt. Erst einen Tag vor seinem 48. Geburtstag habe er dann doch
seine Bewerbungsunterlagen beim zuständigen Bundesverwaltungsamt
abgegeben – auf den letzten Drücker, denn 48 Jahre war die
Altersgrenze für den Auslandsdienst. „Dann habe ich erstmal lange
nichts mehr gehört“, so Plack. Doch es sollte der Türöffner für
spannende Zeiten werden Plack war seinerzeit Lehrer an einer
Hauptschule in Brühl. Willy Gemünd, Rektor der KGS Kommern, wollte
ihn nach Mechernich holen. Doch dort wurde er zunächst abgelehnt. Er
kam als Konrektor nach Kuchenheim, später als Schulleiter an die
Euskirchener Hermann-Schule. Die Schule war damals als soziale
Brennpunkt-Schule berüchtigt: Rosental, Erftbleiche, das
Schlachterviertel – das Einzugsgebiet waren damals wenig beliebte
Randgebiete, sagt er. Er baute die Einrichtung auf und verzeichnete
schnell steigende Anmeldezahlen. „Trotzdem, der Traum blieb, ich
wollte weg“, so der rastlose Schulleiter. Überraschend trudelte
dann der Brief zu Hause ein, mit der Nachricht, er könne nach Jakarta
gehen. „Ich weiß noch heute, wir saßen beim Abendbrot und haben
überlegt, wo das überhaupt ist.“ Andere hätte Indonesien
vielleicht abgeschreckt – ihn nicht: „Das ist so aus der Welt für
uns, das müssen wir machen!“
Schönste Zeit meines Lebens
Sein Fazit: „Beruflich und privat war das die schönste Zeit meines
Lebens.“ Mit der dortigen Elternschaft ist er heute noch befreundet.
Nach drei Jahren musste er zurückkommen, die Mutter lag im Sterben.
Von da an arbeitete er im „Inlandsdienst“ an einer Schule in
Alfter, blieb aber weiter rastlos. „Man bleibt irgendwie ein Fremder
im eigenen Land. Das, was andere als Heimweh kennen, kennen wir als
Fernweh.“ Routine liegt ihm nicht. „Ich glaube ich gehöre zu den
Schulleitern, die die meisten Schulen geleitet haben“, resümiert er
schmunzelnd und auch irgendwie zufrieden. Er sollte nach Hongkong oder
Windhoek in Namibia, tiefbetrübt, dass beides gescheitert war, kamen
die Städte Sao Paulo und Kapstadt ins Gespräch, dann wurde Tripolis
ausgeschrieben und er landete tatsächlich dort: in Libyen,
Nordafrika.
„Das war ein anderes Leben“Die politische Situation erschien ihm
übersichtlich: „Gaddafi hatte alles im Griff, es war ja ein
diktatorischer Staat.“ Besichtigen konnte er seine neue
Arbeitsstelle vorher nicht. Man kam nicht rein. Er ist blank, ohne
Vorkenntnisse, wie die Lebensverhältnisse dort sind, mit Familie und
Hund dann hingeflogen. „Das war ein anderes Leben plötzlich“,
sagt er. Man war auf der einen Seite privilegiert. Es gab eine kleine
deutsche „Community“, Plack besaß eine Art Diplomatenpass und
wurde zu großen Empfängen eingeladen. „Ich habe immer ein bisschen
lächelnd gesagt, ich war nach dem Botschafter der ranghöchste
Beamte“, erzählt er.
Diplomatische Verwicklungen des Staates mit der Schweiz brachten ihn
aber auch in Gefahr. Er wurde von einem Tag auf den anderen, ohne
Vorwarnung festgehalten. Es war nicht klar, ob er ausgewiesen oder
eingesperrt werden würde. Nur, weil er als Schulleiter „Manager“
in seinem Pass stehen hatte. Ein hochrangiger Libyer, dessen Kind die
Schule des Satzveyers besuchte, schaffte es, ihn dort unbeschadet
herauszuholen. „Das sind Situationen, die vergessen sie nie“, so
Plack.
Bis 2011 blieb er in dem Land. Der Aufenthalt fand allerdings ein
unschönes Ende. Die Familie musste fliehen. Der Arabische Frühling
im Land zwang sie. Er erinnert sich als wäre es heute: „Die
Situation spitzte sich zu.“ Unterricht fiel aus, die Lehrer wurden
von ihm nach Hause geschickt. Die Botschaft rief an und riet ihm, das
Land zu verlassen. Eigentlich wollte die Familie noch am gleichen
Abend mit einer Maschine der Lufthansa ausfliegen. „Wir hatten ja
den großen Hund und der konnte da nicht mit.“ In der Nacht kam es
hinter der Farm der Familie Plack zu Tumulten. „Man hörte Geschrei
und Gepolter, Rebellen waren mitten in der Nacht mit Baufahrzeugen zu
unserem Grundstück durchgebrochen“, so Plack. Die Familie hatte
sich, mit Knüppeln bewaffnet, im Haus verschanzt. Zum Glück ging
alles gut. Ein anderes Flugzeug brachte die Placks samt Hund nach
Hause. Aufatmen war angesagt. Aber nicht lange. Wenig später sollte
es für den heute 65-Jährigen nach Erbil, Kurdistan, gehen, ein
Hochsicherheitsgebiet im Irak. Er wäre auch hingegangen. Doch sein
Sohn warnte: „Du bist ja verrückt, von einem Krisengebiet ins
andere zu gehen.“
Die Bezirksregierung plante ihn daraufhin als Lehrer nach Satzvey,
später ging er kurz nach Blankenheim, um als Schulleiter
zurückzukehren an seinen Heimatort. „Es ist einfach eine tolle
Atmosphäre hier. Wir haben einen sehr guten Ruf und fahren bereits an
der Kapazitätsgrenze“, berichtet er. Nun ist am 31. Januar 2019
Schluss mit dem Berufsleben. „Was mir Kummer macht ist nicht mehr
arbeiten zu können.“ Mit einem schelmischen Lächeln auf den Lippen
lässt er dann noch einen Satz los: „Ich könnte mir auch
vorstellen, eine deutsche Schule auf Bali aufzumachen.“
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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