Kultur in der Corona-Krise
Wie geht es eigentlich den Künstlern?

Zurzeit hagelt es Absagen für Profikünstler wie den Wahl-Mechernicher Matthias Diener. Sein Glück sei, dass er noch mit einer halben Stelle an der Folkwang-Hochschule Essen unterrichte. | Foto: Archiv/pp/Agentur ProfiPress
  • Zurzeit hagelt es Absagen für Profikünstler wie den Wahl-Mechernicher Matthias Diener. Sein Glück sei, dass er noch mit einer halben Stelle an der Folkwang-Hochschule Essen unterrichte.
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Mechernich-Strempt (gr). „Normalerweise haben wir mit dem
Minguet-Quartett rund hundert Auftritte pro Jahr. Mittlerweile sind es
15 Konzerte und zwei CD-Aufnahmen, die bei uns wegfallen. Wir reden
bei den Absagen mittlerweile von Mitte Mai und Juni.“ Diese Auskunft
gab der Mechernicher Berufsmusiker Matthias Diener (Minguet-Quartett,
Aditya-Duo) im Gespräch mit dem Schriftsteller und Journalisten
Stephan Everling.

Der Schleidener Autor und Musiker befragte Diener zur aktuellen
Corona-Pandemie und ihren Auswirkungen auf Leben und Auftragslage von
Kulturschaffenden. Matthias Diener, der auch das „Eifel Musik- und
Kunstfest“ Mechernich mit viel beachteten Aufführungen in der
Pfarrkirche Strempt und im Bürgerhaus Kommern aus der Taufe hob –
es fand zuletzt 2019 unter dem Motto „Die sieben Schleier der Musik:
Von der Stille zum Klang“ statt – sagte im Interview: „Ich habe
als Einziger im Minguet-Quartett eine halbe Stelle an der
Folkwang-Hochschule. Die anderen und auch meine Frau haben aktuell
keine Einkünfte. Da gibt es natürlich Überlegungen, wie man
verfährt.“

Der Cellist Matthias Diener und die Violinistin Ava Rebekah Rahman
sind professionelle klassische Musiker. Vor einigen Jahren entschieden
sie sich für ihre neue Wahlheimat Strempt, wo sie sich nach eigenen
Angaben ausgesprochen wohl fühlen und wo sie rasch damit begannen,
das örtliche Kulturleben mit anzukurbeln.

Zu seiner derzeitigen Situation sagte Dienerw: „Als Erstes habe ich
bei der Künstlersozialkasse die Schätzung meines Jahreseinkommens
angepasst, um die Krankenkassenbeiträge zu senken. Dann habe ich beim
Finanzamt meine Vorauszahlungen auf null setzen lassen.“

Die Musiker des Minguet-Quartetts seien in der privilegierten
Situation, dass man sie kennt. Die Veranstalter seien kooperativ und
versuchten, Alternativtermine zu finden: „Aber es ist fraglich, wie
lange das noch geht. Das wird ein immenser Arbeitsaufwand, denn 100
Auftritte sind auch immer mit Reisen verbunden.“

Unterschiedliche Repertoires für verschiedene Festivals
einzustudieren, werde kaum möglich sein: „Da hoffen wir auf
Solidarität. Für die freischaffenden Musiker ist es katastrophal.
Gerade wenn die Ostergottesdienste mit den Passionskonzerten
ausfallen, ist das ganz schlimm für die professionellen
Orchestermusiker und Chorsolisten. Die verdienen einen Hauptteil ihres
Geldes an Weihnachten und Ostern. Privatunterricht fällt auch flach.
Oft gibt es dafür keine Verträge.“

Wie es weitergehen werde mit der Kultur nach Corona wollte Everling
abschließend wissen. Diener antwortete: „Ich hoffe, dass das
Augenmerk auch darauf fällt, was wir Künstler leisten und die
Gesellschaft sich in den Zeiten angeordneter Stille auf die Werte
besinnt, die für die Gesellschaft wichtig sind. Das sind keine
Börsen- oder Totenzahlen. Wir müssen entscheiden als Gesellschaft,
ob uns Kultur etwas wert ist und sie nicht als Erstes über Bord
werfen.“ Wenn jetzt Ensembles kaputtgingen oder Leute aufhörten, im
Kultursektor zu arbeiten, weil sie nicht mehr wissen, wie sie ihre
Familien ernähren sollen, dann werde das Folgen haben. „Wenn jetzt
nicht ein Zeichen gesetzt wird, dass die Kultur schützenswert ist,
dann wird das auch Auswirkungen haben auf den Nachwuchs.“

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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