Mairitt in Kallmuth
Zwischen Folklore und Frömmigkeit
Was lehrt der heilige Georg die Menschen im 21. Jahrhundert? – Aachener Diözesanbischof Helmut Dieser predigte zum 70. St.-Georgsritt in Kallmuth.
Mechernich-Kallmutz (hs). Bischof Dr. Helmut Dieser war „angerührt“ vom Ambiente des Kallmuther St.-Georgsrittes am 1. Mai, wie er mehrfach betonte. Der Aachener Oberhirte erwies sich bei der 70. Reiterprozession ihrer Art seit 1953 nicht nur als ausgezeichneter Festprediger, sondern auch als nahbarer Seelsorger, der sich unters Volk mischte mit den Worten: „Mal hören, was die Leute sagen…“
Knapp hundert Pferde und über 1.000 Fuß- und Fahrradpilger, darunter auch Mechernichs Bürgermeister Hans-Peter Schick und Landrat Markus Ramers, wurden gezählt – weit mehr als 1953, als der damalige Kallmuther Pfarrer Eugen Kranz den Georgsritt zusammen mit den Landwirten der Umgebung aus der Taufe hob, die damals noch auf schweren Kaltblut-Arbeitspferden zum Georgspütz ritten. Als ihre Erben schritten zum Jubiläum 2024 die irischen Tinker „Jojo“ und „Krümel“ unter ihrem Kutscher Kai Simonis aus Nettersheim dem Sakramentenwagen voran, auf dem drei Kommunionkinder, die Samaritan-Schwestern Rose und Nimisha von der Communio in Christo in Mechernich sowie die Priester Felix Dörpinghaus, Patrick Mwanguhya und Jaimson Mathew sowie der angehende Mechernicher Diakon Tilj Puthenveettil und Bischofsassistent Georg Scharl neben Pontifex Helmut Dieser Platz genommen hatten. Erstmals waren neben dem Sakramentswagen auch mehrere andere Kutschen mit dabei, darunter Hermann Foemer mit einem Viererzug. Manche Reiter waren als Indianer und Cowboys verkleidet, andere ritten im Sportdress der Turnierreiter oder in Strickpullovern der Islandpferdeverehrer.
Hatte der Wetterbericht zwei Tage vor dem traditionellen Großereignis noch nichts Gutes verheißen, so lachte am ersten Maimorgen eine strahlende Sonne vom blauen Himmel. Hunderte Schaulustige säumten den Prozessionsweg vom Startpunkt an der Kallmuther Burg zum angestammten Gottesdienstplatz am Georgspütz, der bereits seit dem 15. Jahrhundert Zielpunkt von Wallfahrten war.
Seit der Premiere 1953 ist der Kallmuther St.-Georgsritt inzwischen ein Höhepunkt zwischen Volksfrömmigkeit und Folklore geworden. „Viele segnen sich nicht mehr, wenn sie am Allerheiligsten vorbeireiten. Manche rauchen während der Messe hinter der Absperrung, aber sie kommen und sind dabei“, so Diakon Manni Lang, der schon als Sechsjähriger auf dem Brabanter „Ella“ mit seinem Vater Anton Lang mitreiten durfte.
Bischof Dieser rief die Gläubigen auf, heute und an ihrem Platz in der Welt gegen Unrecht und Intoleranz aufzubegehren. Dazu gab er seinen Zuhörern ritterliche Tugenden an die Hand, die man vom heiligen Georg übernehmen könne, um sein Leben auch im 21. Jahrhundert vor Gott verantwortet zu bestehen.
Der Mechernicher Kirchenmusiker Erik Arndt hatte für den Festgottesdienst am Georgspütz einen Projektchor aus verschiedenen Kirchenchören der GdG („Gemeinschaft der Gemeinden“) St. Barbara Mechernich ins Leben gerufen. Unter einem bilderbuchhaft schönen Frühlingshimmel stimmten die Sänger/innen unter anderem Joseph Gabriel Rheinbergs „Dein sind die Himmel, Dein ist die Erde“ an. Und das „Laudate Dominum“ von Knut Nystedt.
Redakteur/in:Holger Slomian aus Pulheim |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.