Technikmuseum statt Stadtarchiv
Geschichte des Butz geht nach Berlin
EHRENFELD - (cb). Erstaunen machte sich bei Kölner Luftfahrtinteressierten und
den Freunden und Förderern des ehemaligen Flughafens Butzweilerhof
breit. Denn die Sammlung der Stiftung Butzweilerhof mit Exponaten,
Dokumenten und Nachlässen zur Kölner Luftfahrtgeschichte verlässt
Köln. Wie bekannt wurde, hat die Vorsitzende der Stiftung
Butzweilerhof, Christel Nickel-Mayer, am Rosenmontag einen Vertrag mit
dem Technikmuseum Berlin unterzeichnet, wonach die Stiftung
Butzweilerhof in die Stiftung des Technikmuseums überführt wird.
„Das ist kein Protest, sondern eine rein rationale Entscheidung. Ich
habe am Butzweilerhof leider keine Zukunft mehr gesehen. Rosenmontag
habe ich in Berlin einen Vorvertrag mit dem Technikmuseum
unterschrieben. Mir war das Wichtigste, dass die Sammlung nicht
verloren geht und zusammengehalten wird. Zu dem Museum in Berlin gibt
es schon lange sehr gute Beziehungen“, bestätigte Nickel-Mayer auf
Nachfrage. Vorstand und Kuratorium seien in ihre Pläne eingeweiht
gewesen. Der Vertrag werde derzeit rechtlich überprüft. Das Museum
gehört zur Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin.
Enttäuscht sei sie vor allem von der Stadt und dem jetzigen
Eigentümer des historischen, denkmalgeschützten Flughafenensembles,
der „Butzweilerhof Nicolaus Otto Park GmbH & Co. KG“, die den
„Butz“ derzeit in ein Oldtimer-Eldorado namens „Motorworld Köln
Rheinland“ umwandelt. Nicht nur die denkmalgeschützte Bausubstanz
leidet mit Zustimmung des Stadtkonservators unter den aktuellen Um-
und Abbrucharbeiten, sondern auch das Verhältnis zur Stiftung. Dabei
würde es den Butzweilerhof ohne die Stiftung und das Engagement ihres
Gründers und langjährigen Vorsitzenden, dem am 8. März 2015
verstorbenen Dr. Edgar Mayer, aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr
geben.
Der gesamte Gebäudekomplex wurde seinerzeit originalgetreu
restauriert und Luftfahrtausstellungen organisiert. Rund 1,7 Millionen
Euro hat die Stiftung in die Restaurierung gesteckt. Doch zu einem
weiteren Ausbau des Flughafens zu einem Kultur- und
Veranstaltungszentrum ist es nie gekommen. Nach langem Hin und Her,
hat die SKI Standort Köln Immobiliengesellschaft, eine
Tochtergesellschaft der Sparkasse KölnBonn, das Flughafenensemble
2015 an die Motorworld-Investoren verkauft. Trotz mündlicher Zusagen
der Stadt, dass die Stiftung in der Motorworld berücksichtigt werden
soll, sei laut Aussage von Nickel-Mayer nichts in den Verträgen zu
finden. „Wir sind Jahre lang verschaukelt worden. Ohne unser Wissen
und unsere Beteiligung ist damals alles verkauft worden, und nun
versucht man uns klein zu machen“, sagt Christel Nickel-Mayer, die
Witwe des Stiftungsgründers. Die langjährige Arbeit werde nicht
anerkannt. Man sei von allen Einnahmen abgeschnitten worden und das
Stiftungskapital sei durch die Mietzahlungen nahezu aufgebraucht.
„In der Motorworld sollen wir lediglich zur schmückenden Dekoration
in ein paar Vitrinen werden“, so Nickel-Mayer. Sie habe mit fast
allen Leihgebern gesprochen. Leihgaben wie der Nachlass der ersten
Kölner Fliegerin Liesel Bach aus den 1920/30-er Jahren oder das
Gästebuch des Flughafens seien bereits wieder an ihre Eigentümer
zurückgegeben worden. Andere Nachlässe wie beispielsweise der von
Jakob Möltgen, ab 1926 Chef der Kölner Fliegerschule des Kölner
Clubs für Luftfahrt und Fluglehrer am „Butz“, gehen nun wohl
geordnet nach Berlin. „Ich wäre gerne mit der Sammlung in Köln
geblieben. Aber das Stadtmuseum hat an einer Übernahme aus
Platzgründen schon früher einmal kein Interesse gezeigt“, sagte
Nickel-Mayer.
Anders sieht man das wohl im Stadtarchiv: „Wir hätten die Sammlung
gerne übernommen“, sagte Stadtarchiv-Leiterin Dr. Bettina
Schmidt-Czaia. „Der Butz ist der ideale Ort, um die Kölner
Luftfahrtgeschichte Kölns zu präsentieren. Es wäre bedauerlich,
wenn die Dokumente und Nachlässe aus dem Kontext des historischen
Ortes gerissen würden“, so auch Max Plassmann, Sachgebietsleiter
Sammlungen und Nachlässe im Kölner Stadtarchiv. Die Stadt bemüht
derweil zerschlagenes Porzellan zu kitten. Wie Stadtsprecher Gregor
Timmer bestätigte, ist die „Situation sehr kompliziert“.
Gespräche mit der Stiftung hätten bislang nichts Konkretes ergeben.
„Die Fronten zwischen der Stiftung und der Motorworld sind
verhärtet. Wir können nur anbieten, da zu vermitteln“, sagte
Timmer. Die Motorworld beteuert zwar weiterhin, der Stiftung
ausreichend Platz für die Sammlung zur Verfügung stellen zu wollen.
Doch der Zug scheint abgefahren. Am Mittwoch vor Weiberfastnacht haben
Mitarbeiter des Technikmuseums Berlin bereits zwei geliehene
historische Flugzeuge sowie einen Teil der Stiftungs-Sammlung,
darunter das Fotoarchiv des „Butz“ und andere luftfahrthistorische
Exponate und Dokumente, abgeholt. Vor allem das Fotoarchiv enthält
viele Aufnahmen vom ehemaligen „Luftkreuz des Westens“, die bis in
die Zeit der kaiserlichen Fliegerstation von 1913 zurückreichen.
Für viele an der Geschichte des „Butz“ Interessierte ist der
Weggang der Stiftung aus Köln ein herber Verlust. „Man kann sagen,
die Stiftung Butzweilerhof und die Kölner Luftfahrtgeschichte wurde
verraten und verkauft. Die Stiftung ist bei dem Versuch, den
Butzweilerhof zu erhalten und eine adäquate Nutzung zu finden, von
der Kölner Politik alleine gelassen worden“, sagte Werner Müller,
Kölner Luftfahrtexperte und Leiter des Historischen Luftfahrtarchivs
Köln. Der Stiftung Butzweilerhof seien seit 1999 Nachlässe von
Kölner Fliegern übergeben worden, in der Annahme, dass sie in der
Stiftung hier in Köln gut aufgehoben sind. „Der Butzweilerhof ist
ein gutes Beispiel dafür, wie in Köln mit Stadtgeschichte umgegangen
wird. Sie ist ein ungeliebtes Erbe und wird totgeschwiegen. Die Stadt
hatte nie Interesse an der Luftfahrtgeschichte. Beim Butz ging es nur
ums Geld“, so Müller. Für die künftige Darstellung Kölner
Luftfahrthistorie und der lebhaften Vergangenheit des einstigen
„Luftkreuz des Westens“ am historischen Ort, ist die bedeutende
Sammlung verloren.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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