Verschwindende Körper
Kristina Kanders stellt in der städtischen Galerie Wesseling aus

„Karen mit Miele“ und „Rhonda fegt“: Kristina Kanders mit zwei von ihren Lieblingsbildern. | Foto: Frank Engel-Strebel
  • „Karen mit Miele“ und „Rhonda fegt“: Kristina Kanders mit zwei von ihren Lieblingsbildern.
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Wesseling - Filmikone Brigitte Bardot schneidet Bananen in kleine Stücke und das
60er-Jahre Model Twiggy verpackt Sandwiches in Zellophanpapier, eine
gewöhnliche Hausfrau hält den Teppichklopfer in der Hand und eine
andere Dame sorgt mit einem Hoover-Staubsauger für Ordnung in den
heimischen vier Wänden. Zu sehen sind meist nur ihre Köpfe, ihre
Arme und Beine und natürlich ihr Arbeitsgerät. Der Rest der Körper
scheint in den Gemälden der Kölner Künstlerin Kristina Kanders zu
verschwinden. Genau hier setzt die 1962 in Köln geborene Musikerin
und Malereien auch an, von der noch bis zum 5. November 23 Bilder
ihres Zyklus‘ „Disappearing Housewives – die verschwindenden
Hausfrauen“ in der städtischen Galerie in Wesseling zu sehen sind.
Einigen wenigen prominenten Frauenfiguren stellt Kanders ganz
gewöhnliche Hausfrauen gegenüber.

Bewusst lässt sie dabei die Kleidung der dargestellten Hausfrauen
weg, mal ist sie nur angedeutet, ein weiteres Mal lässt sie sie mit
den Tapetendesigns im Vintage-Look, wie sie es beschreibt,
verschmelzen. In ihrer aktuellen Werkschau hat sich Kanders speziell
den Hausfrauen der 1950er und 1960er Jahre gewidmet. Nachdem ihre
Männer aus dem Krieg zurückgekehrt waren, verrichteten sie
unsichtbar für viele die Hausarbeit und kümmerten sich um Heim und
Familie, während ihre Männer ihrer außerhäuslichen Arbeit
nachgingen um den Familienunterhalt zu verdienen. Diesen unsichtbaren
Frauen der Wirtschaftswunderjahre hat Kanders mit ihren Bildern eine
Art Denkmal gesetzt. Als Hintergründe benutzte sie
Originaltapetenmuster aus dieser Zeit, die sie auf Leinwand oder Holz
tapeziert hat. Paul Hambach, Ortsbürgermeister von Keldenich,
hinterfragte in seinem Grußwort zur Vernissage, wie es heutzutage in
den Familien mit der Emanzipation der Frau eigentlich wirklich
aussähe, zumal es Ehefrauen erst Ende der siebziger Jahre erlaubt war
ohne Einverständnis ihrer Männer einen Beruf auszuüben.

Eine Einführung in das Werk Kanders‘ gab die Kölner
Kunsthistorikerin Nicole Birnfeld: „Die Hausfrauen sind mal frontal,
mal in einer Dreiviertelansicht, ein anderes Mal in einer Brustansicht
dargestellt, aber immer lächelnd“, fasst Birnfeld zusammen. Damals
waren die Frauen aufs Kochen, Putzen und die Kinderziehung festgelegt.
Durch das Verschwinden der Frauen im Hintergrund gab Kristina Kanders
ihren Bildern eine surreale Nuance. Tapeten in der Kunst zu verbinden
sind übrigens kein Novum, wie die Kunstexpertin aufführte, bereits
unter Pablo Picasso seien Tapeten „kunstwürdig geworden.“

Kristina Kanders arbeitet erst seit fünf Jahren hauptberuflich als
Malerin. Sie studierte Musik unter anderem am Queens College in New
York und unterrichtete von 1994 bis 2005 an der New School University.
In dieser Zeit trat sie in vielen Konzerten, auf renommierten
Festivals und in Rundfunksendungen in den USA und Europa, vornehmlich
im Jazzbereich auf. In ihre Heimatstadt Köln kehrte sie 2005 zurück,
sie nahm Solo-CDs auf, spielte Schlagzeug etwa in Frank Köllges
„Adam Noildt Missiles Orchester“. Seit 2012 widmet sie sich der
bildenden Kunst. In ihren Arbeiten beschäftigt sie sich unter anderem
mit den Menschenrechten, malt aber auch Lebensmittel und Collagen.
Ihre Mutter war die im April verstorbene bekannte Sopranistin Agnes
Giebel.

- Frank Engel-Strebel

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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