Gedenken an Fritz Wingen
Besonderes Bild aus dem Konzentrationslager
Morsbach - Ein ganz besonderes Bild stand im Mittelpunkt zweier Gottesdienste in
der evangelischen Kirche in Holpe und anschließend im Gemeindezentrum
in Morsbach. Das Werk hatte der gebürtige Holper Künstler und
Kirchenmaler sowie NS-Gegner Fritz Wingen 1943 im Konzentrationslager
Sachsenhausen angefertigt. Es zeigt den auferstandenen Jesus Christus.
Als Materialien hat Wingen im Angesicht seines eigenen Todes damals
farbige Woll- und Textilreste verwendet.
Das nur 27 mal 21 Zentimeter große Kunstwerk wurde vermutlich aus dem
KZ herausgeschmuggelt und ist heute im Besitz seines Neffen Rainer
Wingen aus Essen und dessen Frau Ulla. Beide waren mit dem Original
nach Morsbach gekommen, und präsentiert auf einer Staffelei konnten
die Gottesdienstbesucher es betrachten.
Bei der Begrüßung erläuterte Gemeindereferentin Karin Thomas, dass
das Bild sie zum ersten Mal bei der Einweihung des
Fritz-Wingen-Platzes und des Wingen-Gedenksteins im Mai in Holpe
beeindruckt hat. Mit Johannes Klüser habe sie daraufhin die beiden
Gottesdienste vorbereitet.
In Form eines Interviews beschrieb Johannes Klüser bei diesen
Anlässen seine „Begegnungen“ mit Fritz Wingen. Über dem
Schreibtisch seines Großvaters habe eine kunstvoll gestaltete
Ehrenurkunde gehangen. Erst vor rund acht Jahren habe er diese Urkunde
einmal näher in Augenschein genommen und festgestellt, dass sie von
Fritz Wingen stammt, der 1889 in Holpe geboren wurde und dort
aufgewachsen ist. Johannes Klüser begann zu recherchieren und stieß
auf eine Biografie über den späteren Kirchenmaler und
Universalkünstler. 1922/23 hatte Fritz Wingen die Morsbacher Basilika
im expressionistischen Stil ausgemalt. „Von Morsbach-Holpe aus ist
der Künstler dann in die Welt gezogen“, schilderte Klüser, „Er
hat viele weitere Kirchen neu gestaltet und ausgemalt.“
Nachdem Fritz Wingen erkannt hatte, was in den 30er Jahren in dem
NS-Staat vor sich ging, hatte er sich immer wieder frei geäußert und
für Minderheiten eingesetzt. Daraufhin erhielt er 1939 Berufsverbot.
Mehrfach denunziert wurde der NS-Kritiker schließlich verhaftet. Er
kam ins berüchtigte Strafgefängnis Berlin Plötzensee, von dort ins
KZ Sachsenhausen, wo er das beeindruckende Textilbild „Der
Auferstandene“ schuf, und er starb schließlich 1944 im KZ Lublin.
Musikalisch umrahmt wurden die beiden Gottesdienste von Johannes
Klüser an der Orgel, der die drei Sätze des Concerto in a-Moll von
Antonio Vivaldi präsentierte.
- Christoph Buchen
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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