Stolpersteine verlegt
Im Gedenken an die jüdische Familie Levy
Morsbach-Niederwarnsbach - Der Künstler Gunter Demnig verlegte erneut Stolpersteine, dieses Mal
in der Gemeinde Morsbach, zur Erinnerung an die jüdische Familie
Levy. Die stammte aus Hessen und hatte etwa seit 1934 in Morsbach
gewohnt. Der Vater Albert, Mutter Selma und die Kinder Hans-Hermann
sowie Brunhilde wurden Ende Juli 1942 im weißrussischen Maly
Trostniec von Nationalsozialisten getötet. Zuvor waren sie am 12.
Juli aus Niederwarnsbach deportiert worden. „Das Verschwinden der
Familie war ebenso plötzlich wie mysteriös. Am Sonntag, 12. Juli zog
sie zu Fuß von Niederwarnsbach durch Morsbach zum Bahnhof. Ein
Augenzeuge konnte sich später noch genau daran erinnern, wie sie mit
Rucksack, Handgepäck und einem Koffer die kleine angemietete
Zwei-Zimmer-Wohnung verließ.
„Alle vier trugen den Judenstern“, weiß Lokalhistoriker und
Heimatvereinsmitglied Christoph Buchen zu berichten. Er hat die
Geschichte der jüdischen Familie Levy recherchiert und aufgearbeitet.
„Als ich Mitte der 70er das Gemeindearchiv übernahm, waren die
Morsbacher sehr schweigsam“, schilderte Buchen. Dennoch sei es 1999
anhand von Zeitzeugen möglich gewesen, die damaligen Ereignisse zu
recherchieren.
Albert Levy war bei seinem Tod 48 Jahre alt, seine Frau Selma 43
Jahre, Sohn Hans-Hermann 18 Jahre und Tochter Brunhilde nur 14 Jahre
alt. Vor dem ehemaligen Wohnhaus in Niederwarnsbach verlegte der
Künstler Gunter Demnig vier Stolpersteine in Erinnerung an die
Familie. Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter
Demnig, das an die Opfer der NS-Zeit erinnert, indem er vor ihrem
letzten selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing ins Trottoir
einlässt. Mit den Steinen vor den Häusern wird die Erinnerung an die
Menschen lebendig, die einst hier wohnten. Der 73-jährige Künstler
berichtete, er habe in den letzten 30 Jahren 90 000 Stolpersteine
europaweit von Norwegen bis Palermo verlegt.
Das Projekt gilt als das größte dezentrale Mahnmal der Welt. In
seiner Begrüßungsansprache dankte Morsbachs Bürgermeister Jörg
Bukowski dem Künstler, dem Heimatverein Morsbach für die Stiftung
zwei dieser Steine und der Familie Zimmermann, auf deren Grundstück
die Stolpersteine verlegt wurden.
Die weiteren Steine stiftete die CJZ und die Gemeinde Morsbach.
Lokalhistoriker Christoph Buchen erinnerte auch noch andere Personen,
die mit Morsbach in Verbindung standen und im Dritten Reich ermordet
worden sind. Dazu gehören Gertrud Stockhausen, Fritz Wingen, und die
sechsköpfige Familie Lind.
„Das Vergessenwollen verlängert das Exil. Das Geheimnis der
Erlösung heißt Erinnerung“, zitierte Wolfgang Birkholz,
Vorsitzender Oberbergische Gesellschaft für Christlich-Jüdische
Zusammenarbeit (CJZ), Richard von Weizsäcker. Man wisse im
Oberbergischen zu wenig über den Holocaust und appellierte an den
Kreis, Forschungsmittel zur Verfügung zu stellen.
Vize-Landrat Tobias Schneider, versprach, das Anliegen an die
entsprechenden Stellen weiterzuleiten. Er trug Zeilen des Liedes Donna
Donna vor, das zuvor Bridget King und Johannes Klüser musikalisch und
gesanglich vorgetragen hatten.
Das Lied handelt von dem Kälbchen, das sich nicht dagegen wehren
kann, zur Schlachtbank geführt zu werden. Es ist abhängig wie der
Knecht.
Die Schwalbe hingegen bestimmt ihr Schicksal selbst, symbolisiert
Eigenständigkeit und Freiheit. Pfarrerin Silke Molnár von der
Evangelischen Kirchengemeinde Holpe-Morsbach sprach ein
Abschlussgebet, und dann gingen die Anwesenden in Gedenken den Weg von
Niederwarnsbach zum Bahnhof, den die Familie Levy vor knapp 60 Jahren
zurücklegte.
- Karin Rechenberger
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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