Jagd
Vortrag: Zeitgemäße Jagd

Christoph Buchen (m.) begrüßt Kreisjagdberater Baldur Neubauer.
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  • Christoph Buchen (m.) begrüßt Kreisjagdberater Baldur Neubauer.
  • Foto: Michael Kupper

Morsbach. „Die Schwerpunkte der Aktivitäten der Morsbacher Naturschützer liegen in der Nachwuchsförderung, Öffentlichkeitsarbeit sowie im Arten- und Biotopschutz“, erklärte Christoph Buchen, Vorsitzender der Nabu-Ortsgruppe Morsbach, zu Beginn der Jahreshauptversammlung im Morsbacher. Er berichtete über die erfolgreiche Arbeit im letzten Jahr, wo mehrere Projekte, unter anderem die Anlage von Wildblumenwiesen, erfolgreich umgesetzt werden konnten.

Die Pflege der Ellinger Teiche werde vorwiegend von der rund 20-köpfigen Kinder- und Jugendgruppe unter Leitung von Lisa Bauer durchgeführt. Dort soll im nächsten Jahr ein Tag der offenen Tür veranstaltet werden, um die Arbeit der Ortsgruppe der Öffentlichkeit näher zu bringen. Aktuell sei der Nabu Morsbach in die Bewertung von Potenzialflächen für Photovoltaikanlagen eingebunden. Sein Stellvertreter Klaus Jung führte aus, wie die Gruppe im letzten Jahr drei ehemalige Fischteiche im Hummenbachtal mit Fördermitteln und der Unterstützung des Besitzers zu einem Amphibienlaichgebiet umgestaltet hatte: „Das Biotop hat sich hervorragend entwickelt.“

Traditionell wurde die Versammlung durch einen Expertenvortrag ergänzt, zu dem rund 50 Gäste in den Kulturbahnhof gekommen waren. Diesmal lautete das Thema „Ist die Jagd noch zeitgemäß?“ Dazu sprach Kreisjagdberater Baldur Neubauer, der seit 13 Jahren die Jagdbehörde in jagdpraktischen Themen berät. Er betonte, dass er weder Berater der Jägerschaft noch „Kreisjagdaufseher“ sei.

Eine seiner Aufgaben bestehe darin, den alljährlichen „Wildstandsbericht“ für die 256 Reviere im Kreis zu erstellen, der über die Entwicklung der „Strecken“, also der Anzahl getöteter Tiere Aufschluss gibt.

Dabei wird zwischen Abschüssen, Unfallwild und Fallwild (auf sonstige Art ums Leben gekommen) unterschieden. Neubauer schilderte, dass er zur besseren Übersicht der Entwicklung die früheren analogen Daten seit 1975 digital erfasst habe. Dabei sei etwa deutlich geworden, dass die Rehwildstrecke bis 2019 um einen Wert von rund 4000 gependelt habe, in den letzten fünf Jahren sei ein stetiger Anstieg bis auf rund 5300 Tiere zu verzeichnen.

Beim Schwarzwildvorkommen gebe es landesweit eine permanente Zunahme, trotz steigender Abschusszahlen. Problematisch sei, dass sich das Verhalten der Wildschweine geändert habe. Mittlerweile gingen sie auch in Ortslagen spazieren und wühlten Gärten um. In diesen „befriedeten Bereichen“ sei ein Abschuss allerdings nicht möglich. Gleiches gelte auch für den Waschbär, der sich in den letzten sechs Jahren sehr schnell ausbreite. Bis vor zehn Jahren seien nur vereinzelte Tiere geschossen worden, in der letzten Jagdsaison waren es über 300.

Anschließend widmete sich der Kreisjagdberater der Entwicklung des Jagdrechtes: „Bis Ende des 18. Jahrhunderts waren Jagd und Adel unmittelbar miteinander verbunden.“ Nach der Deutschen Revolution 1848/49 sei das Jagdrecht in Deutschland dann an das Grundeigentum gebunden worden. Im Reichsjagdgesetz von 1934 schließlich wurden die Pflicht zur Hege, eine behördliche Abschussplanung und die Jägerprüfung als Voraussetzung für den Erwerb eines Jagdscheines gesetzlich verankert. Ziel sei die Erhaltung des Wildes unter möglichst wenig gestörten, natürlichen Lebensbedingungen in möglichst naturnahen Lebensräumen gewesen.

Ab Mitte der 1970er Jahre habe sich das Bild der bis dahin gesellschaftlich akzeptierten Jagd geändert, sie wurde mit dem Aufschwung von Natur-, Umwelt- und Tierschutz stärker hinterfragt: „Vor dem Hintergrund des zum Teil dramatischen Artenrückgangs und des immer höher bewerteten Lebensrechts der Tiere lehnten immer mehr Menschen die Jagd ganz ab.“

Dagegen forderten Waldbesitzer und Landwirte eine verstärkte Bejagung, um die zum Teil gravierenden Wildschäden in den Griff zu bekommen. Unterschiedliche Ansprüche gebe von Seiten der Jagdgenossenschaften, Natur- und Tierschützern sowie Erholungssuchenden, die sich besonders seit der Pandemie verstärkt in Wald und Flur aufhalten. Neubauer betonte, dass die Jagd daher unter Beachtung der Landeskultur, des Natur- und Artenschutzes sowie des Tierschutzes betrieben werden muss.

So stelle sich nicht die Frage, ob die Jagd noch zeitgemäß sei, sondern wie sie in einer sich ständig ändernden Umwelt zeitgemäß betrieben werden soll. Dabei müsse sie drei Kriterien erfüllen: „Die moderne Jagd muss tierschutzgerecht sein, die wildbiologíschen Erkenntnisse berücksichtigen und sich in den ökologischen Zusammenhang einordnen. Wenn dies gelingt, wird die Jagd in unserer Industriegesellschaft die Akzeptanz erfahren, die für ihren Fortbestand erforderlich ist.“

Freie/r Redaktionsmitarbeiter/in:

Michael Kupper aus Reichshof

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