Keine schrägen Töne mehr
Orgel in der evangelischen Kirche meisterlich saniert
Much - Die Herbert Kruse Orgel in der evangelischen Kirche in Much, die im
Jahr 1962 gebaut und installiert wurde, bedurfte - nach etwa 40 Jahren
Dienstzeit seit der letzten Überholung - dringend einer technischen
und klanglichen Revision.
Die geschätzten Kosten wurden mit rund 53.000 € in den
Haushaltsplan der Kirche eingestellt. “Dann dauerte der Vorlauf
immer noch ca. drei Jahre um alle fachlichen und rechtlichen
Hindernisse zu überwinden und letztlich den Segen der evangelischen
Landeskirche für das Projekt zu bekommen“, so Walter Kostan
Kirchmeister und Mitglied im Presbyterium. Besonders erfreut zeigte
sich Pastor Andreas Börner auch darüber, dass seine
Kirchenmitglieder und weitere Sponsoren insgesamt - sage und schreibe
- 90 % der Kosten Weihe steuerten und die Kirche aus dem Haushalt so
nur noch 10 % zu tragen hatte.
Die Überarbeitung der Orgel war indes keine 08/15 Maßnahme, weil es
insbesondere um äußerst schwierige klangliche Korrekturen ging und
weil bei der Intonationskorrektur (gleich Abstimmung der
Klangfarbenintensitäten/Lautstärke/Stimmung usw.) zusätzlich der
Austausch eines Registers notwendig wurde, weil der Gesamtklang nicht
raumbezogenen war. Das Orgelwerk hatte einen spitzen, grellen und
aggressiven Gesamtklang, der zudem für diesen speziellen Kirchraum zu
laut war. “Manchmal haben wir sehr darunter gelitten“, so Pastor
Börner, zumal er aufgrund einer Hörschädigung für die hohen,
manchmal zu aggressiven Töne eine besondere Empfindlichkeit besitzt,
die in solchen Situationen quälend sein kann.
Der leitende Sachverständige der Evangelischen Landeskirche
Rheinland, Manfred Schwarz, der bei der Abnahme zugegen war,
berichtete den vielen anwesenden Kirchenmitgliedern und Sponsoren, was
da im Einzelnen geleistet wurde, so zum Beispiel: komplette Reinigung
der technischen und klanglichen Orgelteile, komplette Renovierung der
Windversorgung, einschließlich der Bälge, Reparatur der mechanischen
Tontraktour, die Reparaturen technischer Orgelteile, der komplette
Ersatz von Verschleißmaterial, wie Leder, Filze usw., klangliche
Korrekturen, sowie die Sanierung der elektrischen Anlagen. Zudem
mussten auch die charakteristischen Klangfarben nachgebessert werden,
denn sie waren verblasst, der Gesamtklang hatte kaum ausreichende
Grundpersönlichkeit und die Orgel klang daher eben recht aggressiv.
„Jetzt präsentiert sich der Orgelklang mit einer angenehmen
Grundtönung – weich, raumbezogen und eben nicht mehr aggressiv. Die
ausführende Orgelbau Werkstatt Weimbs hat hier vor allem im
klanglich-künstlerischen Bereich überragende Arbeiten erbracht“,
so der Orgel-Sachverständige der, man mag es kaum glauben, zuvor als
Gutachter bei der Abnahme an der Elb-Philharmonie mitwirkte und jetzt,
wie Pastor Börner meinte, ja mit der Orgel in Much ein würdiges
Nachfolge-Projekt bestens “über die Bühne gebracht habe“. Und
ein weiteres verwunderte die zahlreichen Anwesenden: dieser Herr
Schwarz, der einen so interessanten Job ausführt wohnt seit 30 Jahren
in dem kleinen Ort Benrath in der Gemeinde Much.
Und natürlich spielte Herr Schwarz einige Stücke auf der neuen Orgel
um zu zeigen, wo und wie der Klang jetzt insgesamt harmonischer,
weicher und runder geworden ist. Im Rahmen einer kleinen Feierstunde
im Anschluss mit einem hoch interessierten Publikum, wurden noch eine
Menge Fragen diskutiert, die den Fachleuten in gesellschaftlich
gemütlicher Runde weitere interessante Erklärungen entlocken
konnten. Besonderes die Ausführungen von Herrn Schwarz zur objektiven
Feststellung des klanglichen Zustandes, führte zum Nachfragen, denn
der wurde im Rahmen eines Orgelgutachtens nicht nur subjektiv
bestimmt, sondern, was im Orgelbau noch eine junge Methode darstellt,
auch mithilfe spezieller Messtechnik visualisiert und damit für
jedermann vergleichbar gemacht.
Ein Organist aus einer katholischen Kirche in Much bezeichnete es als
grandios, dass in Zeiten knapper Finanzen in der evangelischen Kirche
so etwas geleistet werden könne. Vielleicht gibt es ja auch einen
Schub für die anderen Orgeln in Much, denn die die aufgezeigten
Maßnahmen könnten natürlich auch dort enorme
Qualitätsverbesserungen bringen.
Glückwunsch an die evangelische Kirche, dass sie sich an dieses
Projekt herangewagt hat und ab jetzt ein ausgezeichnetes und feines
musikalisches raum- und klangbezogenes Musikerlebnis bieten kann.
- Alfred Haas
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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