Soziale Missstände im Fokus
Arbeitssuchende spielen Theaterstück

Lange Wartezeiten von gesetzlich versicherten Patienten beim Arzt waren ein Thema, dem sich die Darsteller des Theaterstücks „Wo bleibt der Mensch?“ widmeten. | Foto: Flick
  • Lange Wartezeiten von gesetzlich versicherten Patienten beim Arzt waren ein Thema, dem sich die Darsteller des Theaterstücks „Wo bleibt der Mensch?“ widmeten.
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MÜLHEIM - (sf). Mit „Wo bleibt der Mensch?“ bekamen die Besucher im
Bürgerzentrum Mütze ein sehr sozialkritisches Theaterstück zu
sehen. In mehreren Episoden, die an unterschiedlichen Orten spielten,
deckten die mitwirkenden Personen die Zweiklassengesellschaft im
Alltag auf und thematisierten soziale Missstände wie die immer
größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich.

Gleich zu Beginn des Stücks wurden die Besucher Zeuge einer Szene im
Wartezimmer beim Arzt, in der ein gesetzlich versicherter Patient eine
ewige Zeit warten muss, während Privatpatienten wesentlich schneller
an der Reihe sind. Eine andere Szene spielt am Busbahnhof, wo ein
Obdachloser fälschlicherweise des Diebstahls beschuldigt wird. Auch
dem Thema Mobbing im Büro nimmt sich das Theaterstück an.
Die Szenen wurden allesamt von arbeitssuchenden Menschen gespielt, die
bis dato keine Bühnenerfahrung hatten. „Wo bleibt der Mensch“ ist
ein theaterpädagogisches Kooperationsprojekt der beiden Jobcenter
Köln und Rhein-Erft mit der defakto GmbH, die seit drei Jahren
theaterpädagogische Projekte zur Integration auf dem Arbeitsmarkt
durchführt.
Die Projektleitung hatte die professionelle Schauspielerin Adele
Bernard von der defakto GmbH übernommen, während Anna Valeria
Gonzales für die Regie zuständig war. Sechs Monate hatten Bernard
und Gonzales das Bühnenstück mit den insgesamt 19 Projektteilnehmern
im Alter von Anfang 30 bis Anfang 60 einstudiert. Während dieser Zeit
erhielten die mitwirkenden Personen zweimal die Woche Theatertraining
und nahmen zudem an einem regelmäßigen Jobcoaching teil.
Das Thema des  Theaterstücks hatten sich die Projektteilnehmer
selbst ausgesucht. Zwischen den einzelnen Episoden trugen sie Texte,
unter anderem von Goethe und Charlie Chaplin, vor. Zudem wurde auch
gesungen, denn mit Maria Wilczysnki spielte eine ausgebildete
Opernsängerin mit. Auf der Bühne zeigten sich alle Mitwirkenden in
großer Spiellaune, auch wenn manche von ihnen anfangs etwas skeptisch
waren, ob sie tatsächlich für die Bühne geeignet sind:  „Einige
wollten gar nicht erst auf die Bühne, fühlten sich dann aber sogar
unterfordert“, berichtet Bernard. Ziel des Projekts sei es, das
Selbstbewusstsein der arbeitssuchenden Menschen zu stärken und ihre
Persönlichkeitsentwicklung zu fördern, so Bernard.
Wer in einem theaterpädagogischen Projekt mitwirkt, lernt, sich auch
in Alltagssituationen oder bei Vorstellungsgesprächen besser zu
präsentieren. „Dadurch wächst der Charakter, man wird
widerstandsfähiger“, sagt Bernard. Zudem ist das Erlernen von
Teamarbeit, das bei allen theaterpädagogischen Projekten im
Mittelpunkt steht, die ideale Vorbereitung auf das Berufsleben.
„Die Teilnehmer kommen aus unterschiedlichen Bildungsschichten und
aus verschiedenen Generationen und müssen lernen, aneinander klar zu
kommen“, erklärt Bernard. Und der Erfolg gibt dem Projekt recht:
Einige Teilnehmer gehen vom Projekt direkt in ein Praktikum über,
andere haben bereits ein Vorstellungsgespräch gewinnen können, bei
dem sie sich selbstsicher präsentieren werden: „Diese
Transformation der Menschen zu sehen, hat mich so richtig glücklich
gemacht“, sagte Bernard.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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