Kirche unterwegs
Menschen zugewandt, ohne Berührungsängste

„Martin Luther“ besuchte Bürgermeisterin Nicole Sander an ihrem Arbeitsplatz. | Foto: Gast
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  • „Martin Luther“ besuchte Bürgermeisterin Nicole Sander an ihrem Arbeitsplatz.
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Neunkirchen - „Cool, Martin Luther wollte ich schon immer mal persönlich
kennenlernen“, lachte Bürgermeisterin Nicole Sander als Pfarrerin
Angela Scharf mit dem Reformator in ihrem Büro auftauchte. Seit dem
31. Oktober steht die königsblaue Luther-Figur in der evangelischen
Kirche in Neunkirchen; ihren ersten öffentlichen Auftritt hatte sie
in der katholischen Kirche Sankt Margareta und nun zieht Pfarrerin
Angela Scharf anlässlich des Reformationsjubiläums mit ihr im
Bollerwagen durch die Gemeinde, um wie vor 500 Jahren Martin Luther
„dem Volk aufs Maul zu schauen“.

„Wir wollen das Reformationsjubiläum nicht nur intern feiern“,
erklärte sie, „sondern Begegnung schaffen und hören, was die
Menschen bewegt, ins Gespräch kommen über kirchliches Leben und was
vielleicht verbessert werden könnte.“ Davon erhoffe man sich neue
Impulse, die in die Gemeindearbeit einfließen könnten. Auf ihrer
„Tour“ hatten Scharf und Martin Luther schon die Leiterin der
Gemeindebücherei, die Konrektorin der Gesamtschule, verschiedene
Geschäftsleute und den katholischen Pfarrer besucht und befragt.

Jetzt war die Bürgermeisterin an der Reihe. Drei Fragen sollte sie
beantworten. Was ist für Sie typisch evangelisch? Was freut sie am
Christentum? Wie muss Kirche sein, damit man nicht auf sie verzichten
kann - oder können wir doch auf sie verzichten? Nicole Sander lobte
vor allem die Weltoffenheit der evangelischen Kirche, die ihr
besonders bei der Flüchtlingskrise aufgefallen sei. Die Protestanten
hätten sofort die Ärmel hochgekrempelt und geschaut, wie man helfen
könne. Am Christentum gefallen ihr der Zusammenhalt und die
Gemeinschaft.

Aber Kirche müsse sich auf die veränderten Lebensgewohnheiten
einstellen, offen und tolerant darauf reagieren. Ähnlich äußerten
sich auch die anderen Gesprächspartner: Kirche solle lebendig sein,
sich einmischen, „den Finger in die Wunde legen“ und Stellung
beziehen. Außerdem wurde Offenheit für andere Religionen und andere
Lebensformen gefordert. „Die verfasste Kirche muss mit ihren
Strukturen den Menschen dienen. Sie muss sich fragen, ob die alten
Strukturen noch tragen“, formulierte es der katholische Pfarrer
Martin Wierling. Die beiden Kirchengemeinden pflegen seit Jahren ein
gutes Verhältnis und arbeiten in vielen Dingen eng zusammen.
Konkurrenz evangelisch – katholisch? Diese Zeiten sind vorbei.

Etwas schwieriger war für manche die Beantwortung der Frage nach dem
„typisch evangelisch“. „Offener für Veränderung“ oder
„Frauen als Pfarrerin“ wurden etwa genannt. Und was freut die
Menschen am Christentum? Friedfertigkeit, Hilfsbereitschaft,
Gemeinschaft, „die Grundlagen für unser Zusammenleben in der
Gesellschaft, die auch in das Grundgesetz geflossen sind und das
gesellschaftliche Zusammenleben regeln“, die Grundbotschaft „mit
dem Tod ist nicht alles vorbei“.

Wenn die engagierte Pfarrerin mit dem strahlend blauen Luther durch
die Straßen zieht, erregt sie Aufmerksamkeit, weckt Neugier. „Was
machen Sie da?“ oder „Wohin gehen Sie denn?“, wird sie bisweilen
angesprochen. Zwei Jugendliche entschlossen sich spontan, an der
Befragung teilzunehmen; eine Wandergruppe, die Scharf und „Luther on
Tour“ aus dem Café heraus beobachtet hatte, lud sie ein, sich
dazuzusetzen. So geht Kirche. Denn Kirche ist schließlich nicht nur
die haupt- und nebenamtlichen Mitarbeiter, sondern alle in ihr
Lebenden.

„Martin Luther“ besuchte Bürgermeisterin Nicole Sander an ihrem Arbeitsplatz. | Foto: Gast
Ein gutes Team: Pfarrer Martin Wierling, Martin Luther und Pfarrerin Angela Scharf (v.l.). | Foto: Ev. Kirchengemeinde
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