Der Weg des Abwassers
Was vom Tage übrig blieb
Seelscheid - Ratsmitglieder informierten sich im Klärwerk über den Weg des
Abwassers
Wer denkt beim Duschen, Zähne putzen oder dem Toilettengang schon
darüber nach, wohin das verbrauchte Wasser fließt? Mehrere
Gemeinderatsmitglieder besichtigten auf Einladung des Aggerverbands
das Klärwerk Seelscheid im idyllischen Wenigerbachtal.
Anlass war die geplante Stilllegung der Kläranlage Much-Hillesheim im
nächsten Jahr, deren Aufgaben dann die Kläranlage Seelscheid mit
übernehmen soll. Damit dies möglich wird, wurde in der
Verbandsversammlung im Juni beschlossen, für rund 200.000 Euro eine
etwa sechs Kilometer lange Druckleitung zu bauen. Auf welcher Trasse
die Druckleitung verlaufen soll, steht noch nicht genau fest. Auf
jeden Fall solle sie auf dem kürzesten Weg heraus aus dem
Wasserschutzgebiet auf Mucher Stadtgebiet und danach möglichst unter
Wirtschafts- und Forstwegen - auch ein Stück am Wenigerbach entlang -
verlaufen, erklärte Hubert Scholemann. Die Membran-Kläranlage
Seelscheid, eine der modernsten Abwasserreinigungsanlagen des Landes,
verfüge über genügend Kapazitäten um das zusätzliche
Schmutzwasser aus Hillesheim mit zu reinigen und benötige dazu nur
neun zusätzliche Membranmodule, für die bereits Reserveplätze
vorhanden sind, erläuterte Martin Weber.
Mit der Zusammenlegung könnten etwa 100.000 Euro eingespart werden;
denn wenn die Anlage in Hillesheim beibehalten würde, müsste diese
modernisiert und erweitert werden und das würde erheblich teurer. Mit
der Zusammenlegung kleinerer Klärwerke können nicht nur
Betriebskosten eingespart werden, weil jedes kleine Becken eine eigene
Messtechnik benötigt, sondern auch Energie und klimaschädliches
Kohlendioxyd.
Nach den informativen Vorträgen begaben sich die Ratsmitglieder auf
eine spannende Erkundungstour durch die Kläranlage. Die Kläranlage
Seelscheid, 1974-76 erbaut und 15 Jahre später erweitert, wurde in
den Jahren 2003 und 2004 zu einer Membrankläranlage ausgebaut und so
im September 2004 in Betrieb genommen. Damit erhielt man eine deutlich
bessere Abwasserqualität. „Hier riecht es nach Leben“,
kommentierte zu Beginn der Führung ein Ratsmitglied. Doch in
Wirklichkeit war der Geruch nur schwach wahrnehmbar. Weitaus
interessanter war, was es zu sehen gab. In der ersten Station die das
Abwasser passiert, der Rechenanlage, bleibt alles was fest und
größer als drei Millimeter ist – Unmengen von Toilettenpapier aber
auch so einiges, was eigentlich nicht ins Abwasser gehört – an den
Feinrechen hängen. Dies wird dann gepresst und geht in die
Mühlverbrennungsanlage. Im Sand- und Fettfang setzen sich
mineralische Stoffe wie Sand und Schluff sowie Fette ab, bevor das
Wasser ins Anaerobbecken gelangt. Braune Schaumlachen auf dem Wasser
lassen dort den einen oder anderen schaudern. Doch dieser Schaum
besteht aus Kleinstlebewesen – Amöben, Wimpertierchen und vor allem
Bakterien - die auf natürliche Weise das Wasser von
Phosphatverbindungen wie etwa Waschmittelresten befreien. Durch ein
Belüftungssystem wird Sauerstoff, den die Bakterien für ihre Arbeit
brauchen, zugeführt. Bevor das Wasser die dreistraßige Membrananlage
durchläuft, wird es in der Belebungsstufe schon einmal von Nitrat und
Ammoniumstickstoff gereinigt (Nitrifikation). Die Hauptstufe der
Nitrifikation findet in der Membrananlage statt. Dort sind insgesamt
400 Membranplatten mit einer Größe von je 0,8 Quadratmetern auf zwei
Ebenen in einem Membranmodul angeordnet. Jeweils 13 dieser
Membranmodule sind in drei parallel durchflossenen Membranstraßen
installiert. Das Wasser fließt durch die Membran schwerkraftbedingt
im sogenannten Gravityflow, und so können die Membranplatten wie ein
Kaffeefilter mit einer Porenweite von 0,4 Mikrometer die Biomasse
vollständig vom Wasser trennen. „Das Wasser, das dann in den
Wenigerbach läuft, hat fast schon Trinkwasserqualität“, erklärt
Hubert Scholemann.
- Christa Gast
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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