Provinziell, familienfreundlich und sicher
Wie will man künftig leben?
Neunkirchen-Seelscheid - Heiße Diskussionen zur Situation in Neunkirchen-Seelscheid
„Wie sehen die Bürger und Unternehmer unsere Gemeinde?“, wollte
die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg vor einigen Monaten wissen. Denn
ländliche Regionen verlieren zurzeit zunehmend an Attraktivität. Aus
diesem Grund starteten die Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid und die
Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS) 2016 das auf fünf Jahre angelegte
Projekt „Innovative Kommunalpartnerschaft“, um gemeinsam
entsprechende Strategien zu entwickeln.
Dazu wurden in einer vierwöchentlichen Befragung die Bürger und
Unternehmen zu ihrer Situation, ihren Wünschen und Vorstellungen
befragt, um zu ermitteln wo Handlungsbedarf besteht. Die Ergebnisse
stellte jetzt Klaus Deimel, Professor an der H-BRS, der
Öffentlichkeit vor. „Wir können Ihnen natürlich keine Lösungen
über Nacht bieten; das ist ein längerer Prozess“, stellte
Bürgermeisterin Nicole Sander zu Beginn des Abends klar. Deimel
bewertete die Befragung recht positiv; rund 800 Bürger hatten die
Fragebögen ausgefüllt. 40 Unternehmen, vornehmlich kleinere
Dienstleistungs- und Handwerkbetriebe, hatten sich beteiligt. Der
Großteil der befragten Unternehmer ist mit dem Standort zufrieden.
Auch die meisten Bürger fühlen sich offensichtlich wohl in der
Gemeinde; denn über die Hälfte der Befragten beurteilt die
Lebensqualität in der Gemeinde mit „gut“ bis „sehr gut“.
Allerdings werden die „schlechte Politik“ und vor allem die
„katastrophale Verkehrssituation “ bemängelt.
Das Image der Gemeinde wird eher als provinziell, familienfreundlich
und sicher beschrieben. Beim Breitbandanschluss, der medizinischen
Versorgung, der Verbesserung des Öffentlichen Personennahverkehrs,
des Ausbildungsangebots und der Sanierung der Gemeindefinanzen gebe es
den größten Handlungsbedarf, meinen die befragten Bürger. Für 86
Prozent ist die Gemeinde als Naherholungsgebiet wichtig.
Die befragten Unternehmer nannten an Verbesserungsmöglichkeiten etwa
die Förderung von Kooperationen zwischen Unternehmen und Schulen und
von Unternehmensnetzwerken. Mehr als die Hälfte der befragten Bürger
und etwa 78 Prozent der Unternehmen befürworten eine weitere
Entwicklung von Wohnbau- beziehungsweise Gewerbeflächen. Allerdings
ist die Bereitschaft der Unternehmen innerhalb der Gemeinde zu
expandieren eher gering. Um die Jugend an das Land zu binden halten
die meisten Befragten den Zugang zu Hochschul-Bildungseinrichtungen in
erreichbarer Nähe für wichtig. Fazit der Bürger- wie auch der
Unternehmerbefragung: Wenn die Gemeinde attraktiver werden will, muss
die Breitbandanbindung ausgebaut werden. Zudem sollten die
medizinische Versorgung und der Öffentliche Personennahverkehr
verbessert werden. Themen der ökologischen und gesellschaftlichen
Infrastruktur sollten zukünftig stärker berücksichtig werden, die
Gemeinde weiter als Naherholungsgebiet ausgebaut und zugleich neue
Wohnbauflächen erschlossen sowie bestehende Gewerbegebiete umgenutzt
und weiterentwickelt werden. Wirtschaftsrelevante Veranstaltungen
müssen attraktiver werden und der Zugang zu
Hochschul-Bildungseinrichtungen verbessert werden.
In der anschließend rege geführten Diskussion machten die Bürger
klar, dass sie nun ein möglichst rasches Handeln erwarten. Deimel
kündigte an, dass möglicherweise 2019 erste Maßnahmen umgesetzt
werden. Zuvor seien noch einige Workshops – unter anderem auch ein
großer Bürgerworkshop, in dem sich jeder einbringen könne –
geplant.
- Christa Gast
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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