In Niederkassel boxt die Mahd
Alles nur Wahlkampf?
Niederkassel - SPD wirft Stadtverwaltung in sozialen Medien Vernichtung von
Wildblumenwiesen am Deich vor - Stadtverwaltung reagiert mit
Klarstellung und Gegenangriff
Neben der Diskussion um die „Halle für alle“ ist nun seit Mitte
der Woche ein weiteres heißes Thema in Niederkassel - hier besonders
im sozialen Netzwerk Facebook - entbrannt.Im Ursprungsbeitrag lobten
die Sozialdemokraten ausdrücklich die Mitarbeiter des Bauhofes, dass
sie mit der Grünen Mitte Niederkassel die im letzten Jahr erfolgte
Forderung der SPD nach mehr Wildblumenwiesen umgesetzt hätten.
Allerdings müsse die Stadtspitze erklären, warum publikumswirksam
ca. 100 m² Wildblumenwiesen im Ortszentrum neu angelegt, aber
gleichzeitig mehrere 1000 m² existierende Wildblumenwiesen am Deich
alljährlich ohne Not vernichtet würden. Im Juni 2017 habe die Untere
Naturschutzbehörde mit der für den Deichschutz zuständigen
Bezirksregierung Köln und der Stadt Niederkassel neue Regelungen zur
Deichpflege abgestimmt. Kernpunkte seien: Der erste Schnitt sollte
früher im Jahr erfolgen und mindestens 15 % der Fläche sollten nicht
gemäht werden (sog. Staffelmahd mit Mahdinseln). 2020 sei aber auf
den Deichen im Langeler Bogen – auf Niederkasseler Seite – ein
kompletter Kahlschlag vollzogen worden. Dies stellte die
Stadtverwaltung in Folge auf der offiziellen Facebookseite der Stadt
Niederkassel aus ihrer Sicht richtig: Der auf dem Foto angeprangerte
Kahlschlag liege auf Kölner Stadtgebiet. Zum Erhalt der Grasnarbe,
welche den Deich vor Erosion schütze, müsse regelmäßig gemäht
werden - hier könne man sich nur bedingt nach den Bedürfnissen der
Wildkräuter richten. Zudem verhindere man hierdurch die Ausbreitung
des Jakobs-Kreuzkrauts. Weiter: „Die Stadt führt die Deichmahd
entsprechend dem gültigen Planfeststellungsbeschluss durch.“ In den
Randbereichen lasse man Streifen stehen. Dies habe man seinerzeit
erläutert und begründet.
Anlass der heftigen Diskussion war denn aber die „persönliche
Ansprache“ an die beiden SPD-Spitzen Großgarten und Reusch, in der
man verwundert äußert, dass es die beiden Herren trotz mehrmaliger
intensiver Erörterung der Sach- und Rechtslage immer noch nicht
gelinge, den Zusammenhang zwischen Bevölkerungs-, Deich- und
Umweltschutz richtig einzuordnen. Insbesondere sei bedenklich, dass
der SPD-Fraktionsspitze scheinbar die Stadtgrenze nicht bekannt sei.
Das Foto des ‚Kahlschlags‘ zeige eindeutig Kölner Gebiet, das
nicht im Verantwortungsbereich der Stadt Niederkassel liege.
Auf diese Auslassungen reagiert die SPD-Spitze nun recht sauer: „Die
Verwaltung reagierte im Wahlkampfmodus. Sie bezichtigte den
Fraktionsvorsitzenden Reusch und den Bürgermeisterkandidaten
Großgarten der Unfähigkeit, Sachzusammenhänge einordnen zu können.
Der Wahlkampf hat begonnen“, stellt Reusch fest. Aber dass er aus
der Verwaltung geführt wird, ist selbst neutralen Beobachtern negativ
aufgefallen. Das wird Folgen haben und so nicht hingenommen.“ Die
Sozialdemokraten bleiben dabei, dass die Niederkasseler
Stadtverwaltung ohne Not eine Mähpraxis vollzieht, die keine
Rücksicht auf blühende Wildblumenwiesen nimmt, sondern dem
Deichschutz alleinigen Vorrang gibt. Den Verweis auf einen alten
Planfeststellungsbeschluss lassen die Sozialdemokraten nicht gelten.
Ob dieses „Duell“ förderlich für das Vertrauen der Bürger in
Politik und Verwaltung ist, bleibt zu diskutieren. Man mag es
bezweifeln.
69 Kommentare innerhalb kürzester Zeit nach Veröffentlichung der
städtischen Stellungnahme machten klar, dass es den Bürgen hier
weniger um das Thema „Blumenwiesen“ als um den hier recht offen
geführten Wahlkampf, gekontert von der Stadtverwaltung geht. Oft wird
unterstellt, dass die CDU den Auftritt der Stadtverwaltung nutze, um
ihre Interessen zu vertreten. Auch wird ein Urteil des
Bundesverfassungsgerichts zitiert, in dem dargelegt ist, dass es
Staatsorganen von Verfassung wegen versagt ist, sich in amtlicher
Hinsicht im Hinblick auf Wahlen mit politischen Parteien oder
Wahlbewerbern zu identifizieren .... zu unterstützen oder zu
bekämpfen ... BVerfG NJW 1977, 751.
Versprochen ist auf jeden Fall eins: Der Wahlkampf in Niederkassel
bleibt spannend bis zum Ende!
- Irmgard Bracker
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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