Jüngste Autorin ist drei Jahre alt
Echt tolle Geschichten
Niederkassel - Die Gewinnerinnen und Gewinner des Schreibwettbewerbs der
Niederkasseler GRÜNEN stehen fest
Die Niederkasseler GRÜNEN hatten zum Schreibwettbewerb eingeladen:
„Schreib eine Geschichte über die Zeit, die du gerade erlebst.“
So unterschiedlich wie die Menschen, so unterschiedlich sind die
Anfänge der Geschichten: Meine Großeltern mussten in den Krieg
ziehen. Wir müssen nur zu Hause bleiben. / Es war einmal ein Hase.
Der hatte keine Zeene. / Wir kennen ein Leben in Freiheit. NUR ein
Leben in Freiheit. / Es erwischte mich eigentlich ein bisschen
überraschend. / Das Corona-Virus, auch COVID-19 genannt, ist auf der
ganzen Welt. / „Opa, erzähl‘ uns was von früher, bitteee“, eng
drücken sich Tilda und Malte an ihren Großvater und blicken ihn
flehentlich an. / Die ersten Menschen sind nicht so glücklich durch
das Paradies gewandelt wie ich durch meinen Garten in diesem
wunderschönen Mai. / Eines Morgens stand das Corona-Virus vor der
Tür und klopfte an…
Der erste Preis für Jugendliche und Erwachsene geht an…
Die Jury hatte die Wahl zwischen vielen unterschiedlichen Texten von
Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Schöne, nachdenkliche,
gesellschaftskritische, fantasievolle, berührende Texte. Die
Prämierung war gar nicht so einfach. In der Gruppe über 13 fiel die
Wahl auf Frau B., die anonym bleiben möchte. Für ihren ersten Platz
erhält sie einen Büchergutschein über 50 Euro zum Kauf bei
Treffpunkt Lesen. Eine Rangfolge für die nächsten Gruppen wurde
nicht mehr festgelegt. Den 2. bis 5. Platz, einen Gutschein von 25
Euro, erhalten Cora Molloy, Ursula Schaefer, Regina Stöckle sowie
eine weitere Autorin. Die Gewinner der Plätze 6 bis 10 erhielten ein
kleines Geschenkbüchlein, gestiftet von Treffpunkt Lesen. Die
älteste Teilnehmerin ist 77 Jahre. Ihr Geheimnis, um in dieser Zeit
ausgeglichen und ruhig zu bleiben: „Ich schreibe Gedichte in
Schönschrift ab. Daraus entstehen schöne Karten zum Verschenken oder
für mich.“
Ava gewinnt den Kinderpreis
Besonders gefreut hat sich Ava Colin Dresbach, elf Jahre, über den
ersten Preis für Kinder und Jugendliche bis 13 Jahre. Sie erhält
einen Gutschein über 50 Euro, einlösbar bei der Buchhandlung
Glomsda. Plätze 2 bis 5, einen Gutschein unter anderem. von Papeterie
Wilde von 25 Euro, erhalten Phil Vollmert, Dana Carlet, Julia
Strazulla und Lara Kuzeyi.
Die jüngste Autorin ist erst drei Jahre. Die Eltern hatten Tova
geholfen, ihre Gedanken aufzuschreiben. Die GRÜNE Jury war so
begeistert von den Kindereinsendungen, dass sie spontan beschloss, die
Preise 6 bis 10 statt des ausgelobten Trostpreises auf einen Gutschein
von je 15 Euro zu erhöhen.
Auffällig für die Jury ist, dass in beiden Altersgruppen die
Beiträge von Frauen sehr deutlich in der Mehrzahl sind. Ausgewählte
Geschichten werden online auf
grueneniederkassel.de
veröffentlicht. Die Gewinner*innen wurden per Post benachrichtigt.
„Kauf lokal & regional“, nach diesem Motto handeln die GRÜNEN und
gehen mit gutem Beispiel voran. Die drei Niederkasseler Buchläden
freuten sich sehr darüber, dass die GRÜNEN alle Gutscheine bei ihnen
kauften.
Die Geschichte der erwachsenen Gewinnerin
Gedanken
Jetzt stehe ich hier am Terrassenfenster und blicke ins Grüne,
beobachte Robbi, zähle, wie oft er rangiert, um hinter Busch und Baum
wieder auf die große Rasenfläche zu kommen, schaue den Amseln zu,
wie sie Material für ihre Nester suchen, entdecke am Deich den
älteren Herren, der täglich mit Atemgerät im Rucksack und Hund
seine Runden zieht. Wie schön, er lässt sich nicht unterkriegen,
hält an der üblichen Routine fest.
Also weiter, die Augen haben sich etwas erholt, der Arbeitsauftrag
muss fertig werden. Zurück an den Computer, ein Gerät, das ich nutze
und seine Vorteile durchaus anerkenne, das aber nie mein
Hauptarbeitsmittel war und sein sollte. Und jetzt muss ich mich doch
ergeben.
Ich arbeite mit Kindern, gerne und mit viel Spaß. Aber persönlich,
mit Blickkontakt, Schulterklopfen, trösten, manchmal knuddeln bei
Bedarf, klar, auch schon mal ein Donnerwetter. Geht alles nicht, die
Kleinen dürfen noch lange nicht wieder zur Schule. Erreiche ich sie
über Computer so wie früher? Das ist eine Illusion, natürlich
nicht. Es geht jetzt nicht ohne Eltern. Dort, wo ich weiß, die Eltern
können nicht unterstützen, aus welchen Gründen auch immer, erreicht
mein Arbeitsauftrag sie? Ist im besten Fall ein Drucker da, um den
Auftrag auf Papier vorliegen zu haben oder läuft alles über den
kleinen Bildschirm des Handys. Dürfen sie daheim die Experimente
ausführen, die ich ausgeklügelt habe, immer vor Augen, ist das
Material da, schaffen sie es allein, dürfen sie sich ein Ei und Salz
für einen Versuch aus dem Schrank nehmen? Und nicht zuletzt,
verlieren sie den Anschluss, ist die Zukunft für immer verbaut, wenn
jetzt nicht arbeiten können?
Neulich las ich von der verlorenen Generation durch die
Schulschließungen. Oh, wie lächerlich, ich habe nicht weitergelesen.
Klar, nicht alle werden das übliche Klassenziel erreichen, aber alle
kommen weiter, Sitzenbleiben gibt es in diesem Jahr nicht. Sollte es
sich zeigen, dass es im nächsten Schuljahr nicht klappt, ist eine
Wiederholung immer noch möglich. Das ist kein Problem. Die Geschichte
zeigt uns doch, dass es immer wieder zu Schließungen von Schulen kam,
zwei große Weltkriege haben zu lückenhafter Schulbildung geführt.
Immer gab es hinterher eine starke positive Entwicklung, die
Wirtschaft wuchs und der Lebensstandard stieg. Ich habe als Kind zwei
Kurzschuljahre erlebt, wie eine ganze Generation von Schülern, wir
sind auch nicht verloren gegangen. Eigentlich weiß man doch, aus
einer Krise geht es gestärkt mit neuen Erfahrungen heraus.
Zurück an die Arbeit. Kombinatorik im zweiten Schuljahr. Macht viel
Spaß in der Klassengemeinschaft. Wenn ich zwei verschiedenen Kugeln
Eis aussuchen darf und es im Eiscafe (muss ein ganz kleines sein) vier
verschiedene Sorten zur Auswahl sind, wie viele Möglichkeiten habe
ich. Einige fangen gleich an und haben Ideen, einige hängen sich an
diese an, einige sitzen und denken oder träumen. Vorschläge werden
gemacht, diskutiert, erklärt, verworfen. Gemeinsam wird das Ergebnis
an der Tafel festgehalten. Starke Kinder modifizieren diese Aufgabe
jetzt: mehr Kugeln erlaubt, mehr Sorten vorhanden. Sie arbeiten
konzentriert mit Freude. Die schwachen Kinder holen sich Hilfe, sitzen
mit mir im Kreis, arbeiten noch einmal alles genau durch, stellen
fest, wo es hakt. Im besten Fall wird die Runde immer kleiner und die
Kinder trauen sich alleine. Aber auch die letzten können die
Beispielaufgabe zum Schluss nachvollziehen und Stück für Stück
erklären.
Und jetzt? Die Dynamik der Klasse fehlt, die Starken lieben solche
Herausforderungen und schaffen das locker alleine. Die, die sich sonst
mitziehen lassen und auch ihren Beitrag leisten, haben keinen Motor
und die Schwachen haben möglicherweise noch nie die Möglichkeit
gehabt, sich zwei Kugeln Eis aussuchen zu dürfen. Für diese muss ich
jetzt Schritt für Schritt Anleitungen geben, die Freude, selber etwas
zu entdecken wird ihnen genommen. Aber auch sie werden zu einem
Ergebnis kommen. Doch ist so eine Aufgabe überlebensnotwendig, nein,
natürlich nicht. Ich esse sowieso immer Schlumpfeis und Zitrone. Da
interessieren mich die anderen Möglichkeiten nicht.
Hauptsächlich gibt es jetzt also Routineaufgaben. Im zweiten
Schuljahr bietet sich das Einmaleins an, das muss man lernen, fertig.
Wiederholungen von Rechtschreibregeln mit Beispielen passen auch gut.
Aber es darf nicht langweilig werden. Da gibt es eine tolle Seite im
Internet hat eine Kollegin gemailt. Anschauen, überdenken, an die
Kinder leiten oder auch nicht. Die Telekombaskets haben auf Youtube
regelmäßig mit Bonni Sportstunden, das ist toll, denn die waren bei
uns in der Schule, weiterleiten. Die Englischlehrerin schickt passende
Seiten, nicht ansehen, so weiterleiten. Nur kurz darüber nachdenken,
ob der Computer daheim überhaupt für die Kinder zur Verfügung
steht, um länger daran zu arbeiten, oder ob Mama und Papa ihn für
das Büro zu Hause brauchen.
Dann in die Mails schauen, sind Fragen gekommen. Einige haben Fotos
geschickt. Da schießen mir die Tränen in die Augen, wenn ich sie mit
dem Ei in der Flasche sehe, strahlend. Hier klappt es. Viele Mamas
oder Papas unterstützen ihre Kinder ganz toll. Dann kommt eine Frage,
das Schreibheft ist in der Schule, wo soll die Tochter jetzt das
Ergebnis hinschreiben. Ich gebe den Tipp ein neues Heft zu besorgen.
Dann eine Frage, warum ich manche Verben großgeschrieben habe, sie
müssten doch klein sein. Erster Gedanke, da hat jemand was begriffen,
zweiter Gedanke, was habe ich da gemacht? Ich überprüfe und stelle
fest, die Automatik im Programm hat mich ausgetrickst. Immer am
Zeilenanfang war bei der Aufzählung das Verb groß. Schnell
zurückschreiben, loben und erklären.
Von einigen höre ich gar nichts. Ich rufe an, von meinem
Privattelefon, hoffentlich klappt die Nummernunterdrückung. Alles in
Ordnung höre ich, alles bestens, die Aufgaben kann er ganz allein,
gar keine Probleme, wunderbar. Glauben kann ich es nicht, ich kenne
meine Kinder. Probleme werden selten zugegeben, ich gebe Tipps, wo ich
kann. Die größten Probleme gibt aber nicht beim Lernen, es ist etwas
Anderes. Es fehlt was. Freunde - zusammen toben, lachen, streiten,
sich vertragen, spielen, planen, verabreden, Köpfe zusammenstecken,
helfen, trösten.
Ich verstehe euch so, das fehlt mir auch. Aber wir halten durch,
das müssen wir, für die Gemeinschaft. Es kommen wieder andere
Zeiten, ganz gewiss. Ich schicke aufmunternde Botschaften, erzähle
ihnen lustige Begebenheiten aus meinem Alltag. Nicht funktionierende
Klospülung, Stromausfall in Niederkassel während ich die Reportage
im Fernsehen schauen wollte, der Kampf zwischen Robbi und der Krähe,
Klopapiergeschichten gab es auch immer wieder. Von den Eltern weiß
ich, wie aufgeregt die Kinder diese Geschichten erwarten.
Also weiter im Text – wir sind noch nicht dadurch.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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