Ein "Veteran" verlässt den Rat
Jürgen Schulz war fast 39 Jahre im Stadtrat
Niederkassel - Jürgen Schulz - ein Portrait
„Ich hatte immer den Wunsch, für die Bürger der Stadt da zu sein
und Präsenz zu zeigen. Deshalb nahm ich, bis auf die Urlaubszeit,
jeden Termin selbst wahr.“
Von 1984 bis 1989 fungierte Jürgen Schulz als erster ehrenamtlicher
Bürgermeister von Niederkassel und setzte anschließend 15 Jahre lang
sein Amt als stellvertretender ehrenamtlicher Bürgermeister fort.
1975 trat er der SPD bei und wurde 1979 in den Rat der Stadt gewählt.
Nun verabschiedete man ihn im Dezember nach knapp 39 Jahren. „In
diesem Moment war niemand von der Stadtverwaltung älter, als ich
Ratsmitglied war.“ Einzig als Kreistagsmitglied möchte er noch
einige Zeit aktiv bleiben.
Geboren vor 75 Jahren in Nordhorn an der holländischen Grenze,
spricht er nicht nur holländisch, sondern es ist obendrein sein
liebstes Urlaubsziel. Kein Wunder, denn der Vater zweier Kinder ist
sehr reisefreudig und ein leidenschaftlicher Radfahrer.
„Grundsätzlich werden so die gesamten Einkäufe getätigt, außer
Kisten transportiere ich alles mit dem Fahrrad.“
Der gelernte Schlosser beendete seine Lehre 1960 und arbeitete bei
„Nino“, bevor er 1970 den Installateur-Meister absolvierte.
„Ich verdiente mein Geld stets mit Technik, daher war ich auch immer
in den technischen Ausschüssen von Stadt und Kreis dabei.“
Später kam er als Abteilungsleiter zu Gerling ins Rheinland, wo er
sich bundesweit für die Sicherheit der Mitarbeiter und den
Umweltschutz verantwortlich zeichnete.
„Man musste sich an die Art des Lebens im Rheinland gewöhnen, etwa
den Karneval.“ In der Zeit als Bürgermeister ging er seinem
regulären Dienst nach. „Von sieben Uhr morgens bis um halb zwei
ohne Pause und dann ins Rathaus.“
1983 wurde er als Kandidat des Listenverbandes von SPD, Grüne und der
Unabhängigen Wählergemeinschaft aufgestellt und löste nach 20
Jahren CDU-Mann Heinrich Klein ab.
Für ihn gehörte es zu den schönsten Aufgaben, die Senioren zum
Geburtstag zu besuchen und ihnen kleine Präsente mitzubringen.
„Schade, dass das heute nicht mehr gemacht wird.“
Außerdem gehörte die Unterzeichnung der Städtepartnerschaft 1989
mit Limassol auf Zypern zu den großen Momenten. Gerne erinnert er
sich darüber hinaus an die Empfänge mit den Botschaftern in der
Bundeshauptstadt Bonn, an denen die Bürgermeister gleichfalls
teilnahmen. Ebenso seine Vorstellung bei den Kirchengemeinden der
Stadt steht ihm noch vor dem geistigen Auge. „Bei vielen netten
Gesprächen konnte ich die einzelnen Ortsteile gezielt
kennenlernen.“ Natürlich gab es heikle Situationen in seiner
politischen Karriere. „Ende der 80er ließ ich mich an das Tor der
Sondermüllverbrennungsanlage Widdig ketten, wo heute das
Jugendzentrum seinen Platz hat.“ Auch der Protest gegen eine weitere
Anlage, die auf dem Evonik-Gelände entstehen sollte, war von Erfolg
gekrönt. „Gott sei Dank, sind wir stark geblieben.“ Dank dem
Zusammenhalt der Parteien wurde dieses Projekt nicht umgesetzt.
Selbstbewusst blickt er auf den Kommentar des damaligen Stadtdirektors
Karl-Josef Arnold zurück, der als nicht „einfach“ galt. Als ihn
Franz Haverkamp ablöste, sagte er damals zu mir: „Ich bin stolz
darauf, Ihnen nie geholfen zu haben.“
Ein anderer Kampf bestand darin, die Stadtverwaltung zu überzeugen,
die regulären Ratssitzungen in die Aulen der Schulen zu verlegen, da
die Räumlichkeiten im Rathaus nicht ausreichten.
Nach seinem Abschied kann der Pensionär nun mehr Zeit in seine Hobbys
investieren. Außer handwerklichen Tätigkeiten, wie dem Bauen von
Vogelhäuschen, oder dem Verarbeiten von Treibholz aus dem Rhein, ist
die Musik seine Leidenschaft. „Ich habe Freude am Singen, an den
Tieren und der Natur, eben an Dingen, die sich um uns herum
befinden.“
Des Weiteren engagiert sich Jürgen Schulz in zwei Chören, unter
anderem ist er Vorsitzender des Männergesangvereins Evonik Lülsdorf.
Zurzeit wird daran gearbeitet, mehrere Chöre der Stadt
zusammenzulegen. Ohnehin denkt der ehemalige Bürgermeister, dass es
für manche Vereine besser wäre, zu kooperieren. „Warum soll es 25
kleine Vereine geben, die über Probleme klagen, wenn man aus ihnen
nicht besser einen großen starken Verein macht“.
Als positiv empfindet er den Zuzug von Menschen aus dem Umland in die
Stadt.
„Ich würde mir wünschen, dass das Ortsteildenken irgendwann
aufhört und die Bürger und die Stadtteile mehr zusammenwachsen. Ich
habe stets für Niederkassel gekämpft.“
- Dirk Woiciech
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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