Evonik will Standort Lülsdorf verkaufen
Wie geht es ab 2022 weiter mit der Evonik?
Lülsdorf - Evonik will den Standort Lülsdorf mittelfristig in neue Hände geben.
Bis Frühjahr 2022 werden die weiteren Maßnahmen dazu ausgearbeitet
Lülsdorf. Wie die Evonik auf ihrer Presseseite mitteilt, will sie den
Standort Lülsdorf mittelfristig in neue Hände geben.
„Bis Frühjahr 2022 werden die weiteren Maßnahmen dazu
ausgearbeitet. Angestrebt wird die Abgabe des gesamten Standorts an
einen neuen Eigentümer, es sind aber auch Verkäufe von
Teilgeschäften an verschiedene Interessenten denkbar. Vor dem
Hintergrund des regulatorisch verordneten Auslaufens der
Alkoholate-Produktion in Lülsdorf hat sich der Konzern zu diesem
Schritt entschlossen, um den Beschäftigten frühzeitig Perspektiven
zu schaffen.
In den bisherigen Marktsondierungen haben bereits verschiedene
potenzielle Investoren Interesse an dem Chemie-Standort bekundet.
„Lülsdorf hat sich über Jahrzehnte als starker Standort für
Basischemikalien bewiesen“, sagt Vorstandschef Christian Kullmann.
„Mit unserem Fokus auf margenstarke Spezialchemikalien ist eine
Weiterentwicklung für uns jedoch nicht mehr möglich. Daher haben wir
die Suche aufgenommen nach neuen Eigentümern, die dem Standort den
besten Pfad in die Zukunft ebnen. Das Potenzial von Lülsdorf als
Standort für Chemieproduktion ist vielfältig.“
In Lülsdorf stellt Evonik mit knapp 600 Beschäftigten im
Wesentlichen Alkoholate, Kaliumderivate und – im Verbund mit Anlagen
im benachbarten Wesseling - Cyanurchloride her. Der Standort steht mit
seinen Geschäften für einen jährlichen Umsatz von etwa 280
Millionen Euro.
„Das größte Plus ist die leistungsstarke und erfahrene
Belegschaft, die sich mit dem Standort identifiziert“, sagt Thomas
Wessel, Personalvorstand von Evonik. „Auch im Interesse dieser
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben wir einen sorgfältigen Prozess
gestartet, um den oder die künftigen besten Eigentümer des Standorts
zu bestimmen. Alle weiteren Schritte werden wir eng mit den Gremien
der Mitbestimmung abstimmen.“
„Es ist gut, dass wir nun eine grundlegende, strategische
Entscheidung zur weiteren Entwicklung des Standorts haben“, sagt
Arndt Selbach, Leiter der Evonik-Standorte Wesseling und Lülsdorf.
„Wir werden im Interesse der Beschäftigten alles dafür tun,
möglichst zügig die konkreten Entwicklungsoptionen für Lülsdorf
aufzuzeigen, um dem Standort und seinen Mitarbeitern eine klare
Perspektive zu geben.“ Insbesondere für mittelständische
Investoren aus der Branche ist der Standort attraktiv. Sie könnten
Vorteile im bestehenden Produktionsverbund und mögliche Synergien mit
neuen Produkten besser ausbauen als Evonik, dessen Stärken an
größeren Standorten besser zum Tragen kommen.
Hintergrund zur Alkoholate-Produktion:
Lülsdorf verfügt über eine mehr als 100-jährige Tradition als
Chemie-Standort. Evonik produziert dort unter anderem Alkoholate, die
mittels einer Amalgam-Elektrolyse hergestellt werden. Der Betrieb
dieser Elektrolyse wird durch Auflagen der Europäischen Union ab dem
Jahresende 2027 unmöglich. Das entsprechende Regulierungsverfahren
ist formal noch nicht abgeschlossen, mit Änderungen ist aber im
weiteren Verlauf nicht zu rechnen.
Alkoholate werden in der Produktion von Biodiesel oder perspektivisch
beim chemischen Recycling von PET benötigt. Evonik stellt sie auch an
Standorten in Argentinien (Rosario) und den USA (Mobile) her.
SPD-Fraktion in großer Sorge um EVONIK-Standort: "Aus
heiterem Himmel traf die Sozialdemokraten die Nachricht, den
EVONIK-Standort Lülsdorf nach über 100 Jahren zur Disposition zu
stellen. Der Schock, so SPD-Fraktionschef Friedrich Reusch, war groß.
Niemand in der Stadtverwaltung und im Rat war vorgewarnt. Und es ist,
so Reusch, eine bittere Nachricht für Hunderte Beschäftigte und ihre
Familien, die sich nun um ihre Zukunft sorgen. Es gab Gerüchte, so
Reusch, aber damit leben die Niederkassler und die Belegschaft schon
seit Jahren. Der traditionsreiche Chemie-Standort in Lülsdorf ist
schon lange in seiner Existenz gefährdet. Viele Hundert
Arbeitsplätze wurden im Laufe der Jahre vernichtet und die
verbliebenen blieben unsicher. Damit das Werk weiterbestehen kann,
wurde sich seit Jahren um dringend notwendige Neuansiedlungen bemüht.
Diese Bestrebungen der EVONIK werden die Sozialdemokraten – wie
bisher – immer unterstützen.
Die Enttäuschung ist umso größer, als es die Verantwortlichen nicht
geschafft haben, die Attraktivität des Standorts zu nutzen. Dem
letzten Plan, in Lülsdorf eine Anlage zur Ethylenoxid-Produktion zu
bauen, standen alle Ratsparteien ablehnend gegenüber. Diese
Entscheidung beruht auf intensiver Diskussion und Abwägung aller
Argumente dafür und dagegen. Alle anderen Bestrebungen der Evonik den
Standort zu entwickeln, wurden aktiv begleitet.
Aber es ist eine Selbstverständlichkeit, so SPD-Vorsitzender Matthias
Großgarten, dass wir auch weiterhin jeden Versuch unternehmen, die
wertvollen Arbeitsplätze am Standort zu erhalten. Es muss schnell ein
neuer Eigentümer für den gesamten Standort gefunden werden. Eine
Zerlegung und mögliche Teilverluste wären sehr kritisch. Der
Belegschaft, so Großgarten, gilt unsere volle Solidarität und wir
werden für ihre Weiterbeschäftigung mit Gewerkschaft und Betriebsrat
streiten.
Mit Rat und Stadtverwaltung werden die Sozialdemokraten versuchen,
ihre Einflussmöglichkeiten zu nutzen, um den Bestand und auch
Weiterentwicklung des Standorts anzugehen. Erfahrungen mit
Infrastrukturprojekten für die Sicherung des Industriestandorts, so
Reusch, gibt es genug, sei es die Hafenerweiterung, Logistikprojekte,
Rheinquerung etc. Es gilt der politische Wille aller Beteiligten,
Standort für produzierendes Gewerbe zu bleiben"
Sebastian Hartmann, MdB, in einer Pressemitteilung:
„„Die Nachricht der Aufgabe des Standort Lülsdorf der EVONIK nach
über 100 Jahren ist eine denkbar schlechte Nachricht für die
Beschäftigten, die Kommune und den Kreis als Wirtschaftsstandort. Es
ist vor allem eine bittere Nachricht für Hunderte Beschäftigte und
ihre Familien, die sich nun um ihre Zukunft sorgen. Ich stehe in
voller Solidarität an ihrer Seite und werde für ihre
Weiterbeschäftigung und Sozialpläne mit Gewerkschaft und Betriebsrat
streiten. Es muss schnell ein neuer Eigentümer für den gesamten
Standort gefunden werden. Eine Zerlegung und mögliche Teilverluste
wären sehr kritisch. Für die Stadt Niederkassel wird der
Standorterhalt Lülsdorf ohne EVONIK unter schwierigsten Bedingungen
zentrale Herausforderung.
Enttäuscht zeigt sich die CDU-Fraktion im Rat der Stadt
Niederkassel über die Ankündigung zum beabsichtigten Verkauf
des Werkes Lülsdorf durch den Essener Chemiekonzern Evonik. Damit
beende Evonik als Rechtsnachfolger der vorherigen Betreiber eine lange
Partnerschaft mit den Menschen in Niederkassel.
„Auch wenn man bereits in den vergangenen Jahren immer wieder und
immer öfter den Eindruck hatte, dass der Evonik-Zentrale andere
Standorte wichtiger sind als Lülsdorf, so überraschen Zeitpunkt,
Zeitrahmen und Deutlichkeit der Ankündigung“, so
CDU-Fraktionsvorsitzender Marcus Kitz in einer ersten Stellungnahme.
Die Evonik hatte in den letzten Jahren immer wieder neue Anlagen und
Produktionsstätten an anderen Standorten angekündigt. Das Werk
Lülsdorf hatte dabei stets das Nachsehen, trotz der idealen Anbindung
an Straße, Schiene und Wasserwege.
Vor diesem Hintergrund war es aus Sicht der CDU-Fraktion Niederkassel
wichtig, gemeinsam mit der grünen Ratsfraktion einen
interfraktionellen Arbeitskreis zu initiieren, dem die übrigen
Fraktionen zugestimmt haben und der sich noch im Oktober zusammen mit
den Evonikverantwortlichen zum wiederholten Male über die Zukunft des
Industriestandortes Lülsdorf austauschen wird.
„Unsere Gespräche müssen sich in erster Linie um die Zukunft der
vielen hochqualifizierten Arbeitsplätze drehen und auf diesen liegt
unser Hauptaugenmerk“, führt Dano Himmelrath, stv.
Fraktionsvorsitzender und Kreistagsmitglied aus.
Elisabeth Winkelmeyer-Becker, MdB: "Es ist ein herber
Verlust für Niederkassel und die Region, wenn Evonik nach über 100
Jahren den Standort Lülsdorf und damit ca. 600 Arbeitsplätze
aufgibt. Hier müssen schnell neue, gut bezahlte Arbeitsplätze für
die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen geschaffen werden. Evonik hat am
Standort Lülsdorf erst kürzlich mit der Entwicklung von zwei
innovativen Produkten begonnen, die auch wirtschaftliches Potential
haben. Diese wurden mir erst kürzlich bei einem Unternehmensbesuch in
Lülsdorf vorgestellt. Es ist sehr bedauerlich, wenn das nun nicht
mehr in Lülsdorf umgesetzt wird. Der Standort ist mit seinen
Stärken, vor allem den qualifizierten Mitarbeitern und
Mitarbeiterinnen und einer sehr guten Infrastruktur ein idealer
Chemiestandort. Chemische Industrie bleibt auch in Zukunft
unverzichtbar, wenn wir neue, klimaverträgliche und
ressourcenschonende Produkte haben wollen. In der Nähe zur
Wohnbebauung muss allerdings auch darauf geachtet werden, dass damit
keine unzumutbaren Risiken für die Niederkasseler Bevölkerung
verbunden sind. Wir müssen nun alles daran setzen, einen guten
Investor zu finden und das von allen politischen Ebenen
unterstützen."
Katharina Gebauer, MdL zu den Verkaufsplänen von Evonik
in Niederkassel: „Ich bedauere sehr, dass Evonik beabsichtigt, den
Standort Niederkassel zu verkaufen. Wir stehen an der Seite
Beschäftigten. Der Erhalt der Arbeitsplätze von ca. 600 Menschen ist
eine große Verantwortung. Wichtig ist nun, den Wirtschaftsstandort
Niederkassel zu stärken und viel Kraft auf diesen Standort zu
lenken.“ „Wir werden jetzt alles daran setzen, für den Standort
und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine zukunftsorientierte und
tragfähige Lösung herbeizuführen. Ich bin mir sicher, dass es
gelingen kann, die vielen Arbeitsplätze und den Industriestandort zu
sichern und einen verantwortungsvollen Eigentümer zu finden“ führt
Katharina Gebauer weiter aus. Die Ankündigung des Konzerns darf nicht
dazu verleiten, in Aktionismus zu verfallen. Alle Beteiligten stehen
gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Pflicht, mit
Vernunft vorzugehen, um die bestmögliche Situation zu schaffen.
Denis Waldästl, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion:
„Die SPD-Kreistagsfraktion Rhein-Sieg ist betroffen von der
Nachricht, dass EVONIK nach über 100 Jahren den Industriestandort
Niederkassel-Lülsdorf aufgeben will. Unsere ganze Solidarität gilt
den Beschäftigten. Als SPD werden wir an der Seite der Gewerkschaften
und des Betriebsrates für die Weiterbeschäftigung und den Erhalt der
Arbeitsplätze kämpfen. Bereits im Mai diesen Jahres hat die SPD
einen Antrag in den Kreistag eingebracht mit dem Ziel den
Industriestandort Niederkassel langfristig zu sichern. Nur die SPD hat
den Bedarf gesehen, dass der Rhein-Sieg-Kreis sich des Themas annimmt.
Es ist für mich ein trauriger Moment, das jetzt zur Realität wird,
was viele befürchtet haben – EVONIK nimmt Abstand vom Standort
Niederkassel. CDU und GRÜNE sowie der Landrat haben mit ihrer
ablehnenden Haltung sich mit dem Thema zu befassen, den Beschäftigen
einen Bärendienst erwiesen.Wichtig ist jetzt, dass der Standort nicht
zerschlagen und ein neuer Eigentümer gefunden wird. Der Verlust von
Arbeitsplätzen sowie ausbleibende Gewerbesteuereinnahmen in
Millionenhöhe für Niederkassel werden sich ansonsten stark bemerkbar
machen. Insofern müssen Kreis und Kommune gemeinsam mit EVONIK alles
dran setzen schnellstmöglich Zukunftsperspektiven für den
Industriestandort zu schaffen und Arbeitsplätze zu sichern. Als
SPD-Kreistagsfraktion werden wir uns dafür einsetzen. Wir hoffen,
dass der politische Willen bei allen Beteiligten vorhanden ist, sich
für eine Zukunft des Industriestandortes auszusprechen.“
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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