Unterricht in der Gaststube
Abschlussklassen von 1954 tauschten Erinnerungen aus

Aus den Mädchen und Jungen der Abschlussklassen von 1954 der beiden Niehler Volksschulen sind glückliche Rentner geworden. | Foto: Schriefer
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Niehl - (rs) So ganz genau weiß Robert Christ nicht mehr, wann sich die
Mädchen aus der katholischen Volksschule Merkenicher Straße und die
Buben aus der Volksschule Halfengasse zum ersten Mal gemeinsam
getroffen haben, um sich an die Alten Zeiten zu erinnern.
„Vielleicht war es im Jahr der Wiedervereinigung“, schmunzelt er.
Sicher ist, dass sie sich seit mehr als zehn Jahren einmal im Jahr
treffen. So auch jetzt wieder, als von den mehr als einhundert
Mädchen und Jungen, die 1946 eingeschult und vor 64 Jahren ins wahre
Leben entlassen worden waren, noch rund ein Drittel im Niehler
Dömchen zu einer Danksagungsandacht zusammenkamen.

Nachdem sie Gottes Segen erhalten hatten, gingen sie gemächlich, wie
es sich für Menschen in fortgeschrittenem Rentenalter geziemt, zur
Gaststätte „Gaffel im Linkewitz“. In der Gaststube hier hätten
sie lesen und schreiben gelernt, erzählt Robert Christ. „Das
heutige Linkewitz war ja früher die Gaststätte Vater Rhein und die
musste, weil Schulraum damals knapp war, ersatzweise tagsüber als
Klassenzimmer herhalten.“

Wehmütig erinnert sich Robert Christ, der gemeinsam mit seinem
Nachbarn Richard Häkes das Ehemaligentreffen organisiert, an das
jüngst verstorbene Ehepaar Hildegard und Josef Dick. „Die gehörten
beide auch zum Abschlussjahrgang 1954 und haben später das Treffen
der Ehemaligen aus beiden Schulen angeregt“, sagt er. Hildegard und
Josef seien schon seit der Schulzeit befreundet gewesen. Sie seien
aber das einzige Paar, das aus den beiden Schulklassen
zusammengekommen ist. „Hildegard und Josef sind ihr Leben lang
zusammen und in Niehl geblieben“, sagt Robert Christ. Andere
Schüler habe es dagegen in die weite Welt gezogen. Sogar in die USA
seien zwei der ehemaligen Schülerinnen der Volksschule Merkenicher
Straße ausgewandert. „Eine lebt in Las Vegas, eine in Detroit, und
beide kommen auch manchmal zu unseren Klassentreffen.“

Zwar seien damals – außer direkt nach Kriegsende, als aus Platznot
alle Kinder gemeinsam unterrichtet wurden – Mädchen und Jungen
strikt getrennt gewesen. „Aber ich wusste genau, was die Mädchen
über uns dachten“, sagt Robert Christ. Die hätten zwar alles in
Geheimschrift in ihre Poesie-Alben geschrieben. „Die habe ich aber
geknackt“, lacht er.

Der Ehemalige ist überzeugt, dass die beiden Niehler Volksschulen
großes Glück mit ihren Lehrkräften gehabt hatten. Die damalige
Schulrätin habe ausgezeichnete Lehrer nach Niehl geschickt, sagt er.
Auch wenn die Schulkinder damals fleißig Mathematik gebüffelt
hätten – sogar Wurzeln ziehen hätten sie gelernt, sagt Robert
Christ – seien Sport und Freizeitgestaltung nicht zu kurz gekommen.
„Wir haben uns an der Ring-Staffel der Kölner Schulen beteiligt,
haben einen Fußball-Pokal gewonnen und gemeinsam viele Ausflüge
unternommen“, sagt Richard Häkes. Ihre Abschlussfahrt hätten sie
nach Maria Laach gemacht. „Wir waren im Kloster untergebracht und
haben versucht, eine Woche lang nicht zu sprechen.“ Das sei ihnen
aber nicht wirklich gelungen.

Aus den Mädchen und Jungen der Abschlussklassen von 1954 der beiden Niehler Volksschulen sind glückliche Rentner geworden. | Foto: Schriefer
Nach einer Andacht ging es in eine Gaststube. Hier wurden die heutigen Rentner auch schon einmal unterrichtet. | Foto: Schriefer
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