Bunte Lesebühne
Beim Abend namens Gudrun war aber Gudrun gar nicht eingeplant
Nippes - (rs) Gudrun, Gudrun, Gudrun singen Anke Fuchs, Christian Gottschalk
und Cris Revon. Immer wieder. Aber Gudrun erscheint nicht. „Die
kommt eigentlich nie“, sagt Anke Fuchs. Bei der Lesebühne mit Musik
im „Bunten Hund“ sind auch noch Michael Heide und Sami Omar
angekündigt. „Die kommen aber auch nicht“, sagt Cris Revon. Das
fängt ja gut an. Aber vielleicht ist es auch besser so, denn bereits
wenn nur Cris Revon, Christian Gottschalk und Anke Fuchs nebeneinander
in der provisorisch zur Bühne umfunktionierten Ecke der kleinen
Kneipe in der Nordstraße stehen, ist der Weg zur Toilette schon
versperrt.
Die zweite Überraschung des Abends ist, dass die Drei außer ihrem
Gudrun beschwörenden Eingangsliedchen eigentlich gar nichts mehr
gemeinsam machen. Anke Fuchs erzählt mit sanfter Stimme beklemmende
Geschichten über Mitmenschen, die fähig sind, ganz schlimme Dinge zu
tun. Zum Beispiel en passant Kissen auf Babygesichter, die zufällig
gerade im Kinderwagen ihren Weg kreuzen, zu drücken. Christian
Gottschalk verrät, dass er nicht so gut in Wohnen ist und dass es
Möbel selten in Schön gibt. Cris Revon hingegen lässt sich als
Sex-Symbol feiern. „Ich könnte ein Sex-Symbol sein, wenn ich
wollte“, singt er.
Aber eines machen die Drei dann doch gemeinsam, nämlich ihre
Blindgedichte. Das geht so: die Zuschauer werden um ein Stichwort
gebeten, und daraus basteln die Drei dann ein Gedicht. Jeder schreibt
eine Zeile, ohne zu wissen, was der andere geschrieben hat.
Interessant ist auch, mit welchen Themen sich die Zuschauer im
Publikum so beschäftigen, wenn sie eigentlich doch nur einen
vergnüglichen Abend mit der Lesebühne verbringen möchten. Eine
Zuschauerin wollte nämlich ausgerechnet zu Ost-West U-Bahn in Köln
ein Blindgedicht haben. Das irritierte die Drei von der Lesebühne nur
ganz kurz, dann wurden Anke Fuchs, Cris Revon und Christian Gottschalk
aktiv. „Im U-Bahn Bau sind wir famos, wär‘s nicht so traurig,
lacht man los“, fiel ihnen zum Beispiel ein. Ihre Reime kritzelten
Anke Fuchs und Christian Gottschalk ganz beiläufig aufs Papier,
während Cris Revon sein von Loss mer singe preisgekröntes Lied über
die Innere Kanalstraße auf Deutsch, Kölsch, Englisch und
Amerikanisch sang. „Am Schweigen merkt man, ihr seid beeindruckt“,
sagte er seinem Publikum noch, bevor auch er seine Zeilen dem
Blindgedicht über die Ost-West U-Bahn hinzufügte. „Vielleicht muss
dann der Dom doch weg, es wär‘ ja für ‚nen guten Zweck.“
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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