Sonnenbad und Rote Laterne
Blücherpark galt einst als der schönste Ausflugsort in Köln
BILDERSTÖCKCHEN - (rs). Versteckt unter Gestrüpp liegen abseits der großen Wiese
mitten im Blücherpark moosbewachsene Steine. „Das sind die
Grundmauern einer ehemaligen Gaststätte“, weiß Reinhold Kruse. Er
hat die Geschichte des 1913 eröffneten Blücherparks recherchiert und
herausgefunden, dass es dort von Anbeginn an nicht nur viel Platz zum
Spielen und Flanieren gab.
„Joseph Reinhardt hat dort am 16. Juli 1913 einen provisorischen
Restaurationsbetrieb eröffnet.“ Zwei Jahre später hat es dort auch
ein Milchhäuschen gegeben. „Das war ein offener Unterstand, den die
Stadträte als Maßnahme gegen den Alkoholmissbrauch haben aufstellen
lassen“, sagt Kruse. 1919 beschlossen die Stadtväter, dass die
Schankwirtschaft eingestellt werden musste. Die Gebäude wurden
entfernt, an ihrer Stelle plante das Grünflächenamt eine
Staudenanlage, die aber nicht realisiert wurde. Stattdessen wurde auf
der Fläche Rasen angepflanzt und sie wurde als Kinderspielwiese
ausgewiesen – was sie auch heute noch ist.
Die Einstellung der provisorischen Schankwirtschaft war aber nicht das
Ende der Lustbarkeiten im Blücherpark. Die Besucher konnten ja
immerhin noch romantische Kahnfahrten unternehmen. Diesen Betrieb
legten die Stadtväter in die Hände eines Kriegsversehrten, der
anfangs jährlich 4.500 Reichsmark Pacht zahlen musste. Weil der
Betrieb offenbar florierte, wurde die Pacht 1920 auf 18.000 Reichsmark
erhöht. Der Pächter erhöhte darauf den Preis für eine Stunde Kahn
fahren zu zweit auf 60 Pfennig.
Essen und Getränke mussten die Besucher des Blücherparks aber selber
mitbringen. Noch 1924 stand in einem Artikel in einer Lokalzeitung,
dass man wohl auf bessere Zeiten warten müsse, bis es wieder einen
Restaurationsbetrieb im Blücherpark geben könne. Diese besseren
Zeiten ließen nicht lange auf sich warten: 1925 erhielt Gustav
Doering die Erlaubnis, wieder eine provisorische Bewirtschaftung
einzurichten. Der Pachtvertrag für seine Schankwirtschaft wurde alle
drei Jahre verlängert, und Doering konnte 1933 sogar ein Tanzlokal im
Blücherpark eröffnen, in dem erst Mitte der 60er Jahre die Musik
abgestellt wurde.
Es waren die „Goldenen Jahre“ im Blücherpark, der damals als
Kölns schönster Ausflugsort galt. Die Besucher konnten im Winter
Eislaufen, sie konnten Bötchen fahren, tanzen und – in einem
abgetrennten Bereich, der „Stätte für Gesundheitspflege und
sportliche Betätigung“ genannt wurde - unbekleidet Sonnenbaden.
Sogar eine „Rote Laterne“ gab es in der zur Escher Straße
gelegenen hinteren Ecke des Parks, ein kleines Freudenhaus. Fraglich
ist allerdings, ob der Besuch dieser Etablissements nur Freude gemacht
hat. Denn direkt neben der Stätte für Gesundheitspflege hatten
Kölner Landwirte ihren Kompost und Schutt gelagert. Es rieche dort
nach verdorbener Wurst und faulen Birnen, hatte sich jemand in einem
im Kölner Stadt-Anzeiger veröffentlichten Leserbrief beschwert.
Tanzen gehen, Sonnenbaden, Schlittschuhlaufen – das ist alles
Vergangenheit. Nur die Bötchen auf dem Weiher freuen sich immer noch,
dass es im Blücherpark jetzt endlich Frühling wird.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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