Geschützt aber einsam
Die Lage der Senioren in Zeiten der Corona-Krise ist nicht rosig

Die Lutherkirche in Nippes möchte mit der Aktion Zeit fürs Telefon der Einsamkeit älterer Bürger, die zu Haus bleiben sollen, entgegenwirken. | Foto: Schriefer
  • Die Lutherkirche in Nippes möchte mit der Aktion Zeit fürs Telefon der Einsamkeit älterer Bürger, die zu Haus bleiben sollen, entgegenwirken.
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Nippes - (rs) Zu Hause bleiben sei das Gebot der Stunde für ältere Menschen,
sagt Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Senioren sollten besser gar
nicht mehr das Haus verlassen, auch nicht zum Einkaufen, und von
Verwandten, vor allem Enkeln, nicht mehr besucht werden, rät sie.
Doch ihr Ratschlag kommt nicht an. „Viele Senioren erreicht sie mit
ihrem Aufruf gar nicht“, sagt Herbert Clasen, der Seniorenvertreter
im Bezirk Nippes. Denn die Stadt würde ihre Bürger nur auf ihrer
Homepage informieren. „Aber viele Senioren sind gar nicht online.“
Die Stadt könnte die älteren Bürger doch auch anschreiben und ihnen
brieflich mitteilen, wie sie sich verhalten sollten, schlägt Herbert
Clasen daher vor. Auch telefonisch Kontakt aufzunehmen steht nicht im
Maßnahmenkatalog der Stadt. „Es wäre doch eine gute Sache, die
älteren Verwandten regelmäßig täglich wenigstens anzurufen, wenn
man sie schon nicht besuchen soll.“

Alternativ zur Homepage der Stadt gebe es natürlich auch die
Möglichkeit, sich über die Medien zu informieren. Im Fernsehen, im
Radio und in den Zeitschriften werde über alles im Zusammenhang mit
der Coronakrise berichtet. Viel mehr Möglichkeiten an Informationen
zu bekommen, hätten Senioren aber nicht. Denn auch von Seiten der
Seniorennetzwerke gebe es zurzeit keine Möglichkeit mehr, Senioren
über die Ratschläge der Stadt zu informieren. „Alle unsere
Aktivitäten, Seniorentreffs, Skatrunde, Kaffeeklatsch, die Altenclubs
der Kirchen und so weiter, sind eingestellt worden“, sagt der
Seniorenvertreter.

Deshalb sieht man auch immer noch viele Senioren auf den Straßen, die
spazieren oder zum Einkaufen gehen. „Das sind eben derzeit ihre
einzigen Möglichkeiten, Kontakt zu anderen Menschen zu haben“,
vermutet Herbert Clasen. Er hat Verständnis dafür, denn wenn die
Kinder nicht mehr zu Besuch kommen und auch noch die Seniorentreffs
geschlossen sind, dann würde vielen älteren Menschen die Decke auf
den Kopf fallen.

Dass viele Senioren jetzt alleine zu Hause sind, nutzen Kriminelle
aus. Gemeinsam mit der Stadt warnt die Polizei vor falschen
Medizinern, die insbesondere die Sorge älterer Menschen vor einer
Infektion mit dem Corona-Virus ausnutzen. Eine ihrer Maschen ist es,
sich als Mitarbeiter des Gesundheitsamtes, des Deutschen Roten Kreuzes
oder des Malteser Hilfsdienstes auszuweisen und angeblich einen
Virentest durchführen zu wollen. Die Stadt Köln betont, dass das
Gesundheitsamt zwar Virentests an der Haustür durchführen lässt,
aber keine Mitarbeiter ohne vorherige Anmeldung ausschickt.
Bürgerinnen und Bürger, die sich Sorgen machen, möglicherweise mit
dem neuartigen Corona-Virus infiziert zu sein, sollten sich
telefonisch an ihren Hausarzt oder an den kassenärztlichen Notdienst
unter der Telefonnummer 116117 wenden. Aber auch diese Mitteilungen
erhalten Senioren nur über die Homepage der Stadt.

Anders würden nur private Hilfsinitiativen vorgehen, sagt Herbert
Clasen. „Die verteilen Zettel an den Haustüren, auf denen sie ihre
Hilfe zum Beispiel beim Einkaufen anbieten.“ Und die Lutherkirche
Nippes habe am 28. März die Aktion „Zeit fürs Telefon“
gestartet, sagt er. „Wir erleben gerade eine ungewöhnliche Zeit“,
sagt Pfarrerin Miriam Haseleu. Soziale Kontakte müssten anders
gestaltet und Neues bewältigt werden. „Die Menschen vermissen
Vertrautes, da kann ein Gespräch gut tun, auch am Telefon.“ Pfarrer
Thomas Diederichs zum Beispiel ist unter 0221/ 733700 dienstags und
donnerstags von 12 bis 14 Uhr zu erreichen, Pfarrerin Miriam Haseleu
unter 0221/ 29868795 montags und freitags von 18 bis 20 Uhr.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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