Immer montags
Gesine Hoffmeister hilft Kindern, das Lesen und Schreiben zu lernen
NIEHL - (rs). Gesine Hoffmeister hat ihr Berufsleben längst hinter sich
und genießt ihren wohlverdienten Ruhestand. Sie hat keine
Verpflichtungen mehr, außer montags. Dann fährt sie nämlich mit dem
Fahrrad zur Gemeinschaftsgrundschule Nesselrodestraße, wo Achmed
(Name geändert) bereits ungeduldig auf sie wartet. Der Schüler hat
nicht nur einen Migrationshintergrund, sondern auch eine Lese- und
Schreibschwäche, und Gesine Hoffmeister soll ihm helfen, diese
Schwäche zu überwinden.
Sie ist eine der etwa 620 Lesementoren an 110 Schulen, die an dem
Projekt „LeseMentor Köln“ mitwirken. Das Projekt wurde im Jahr
2010 unter Leitung der Volkshochschule, des Büros für
Bürgerengagement der Arbeiterwohlfahrt Köln, des Vereins Lernende
Region – Netzwerk Köln und der SK-Stiftung Kultur der Sparkasse
Köln/Bonn entwickelt.Wenn Gesine Hoffmeister mit Achmed in einen
leeren Klassenraum der Schule oder die Bibliothek geht, kramt sie als
erstes ihr kleines schwarzes Samtsäckchen aus ihrer Tasche. Sie
schüttet den Inhalt, bunte Karten und Puzzle-Teile auf den Tisch.
„Zu Beginn mache ich immer ein paar Lockerungsübungen“, sagt sie.
Wenn Achmed dann die Puzzle-Teile zusammengesetzt hat, sagt sie ihm:
„Super, jetzt leuchten ja wieder alle Lämpchen in deinem Gehirn.“
Anerkennung sei eben enorm wichtig für die Motivation, ist sie
überzeugt.
Gesine Hoffmeister ist bei der Aufgabe, Leseschwächen bei Schülern
ausbügeln zu helfen, nicht auf sich alleine gestellt. „Wir
Lesementoren sind ja keine Pädagogen“, sagt sie, „sondern kommen
aus den unterschiedlichsten Berufen.
Sie selbst war Bankkauffrau, bevor sie sich 2007 bei der
Freiwilligen-Agentur meldete, um beim Projekt „Ran ans Lesen“,
einem Vorgänger der Lesementoren, mitzuwirken. „Ich war eine von
den Lesetanten“, schmunzelt sie. Damals habe sie Kindern in der
Stadtteilbibliothek aus Abenteuer-Büchern vorgelesen. „Aber es
sollte ja weiter gehen, die Kinder sollten ja selber lesen.“
Deshalb wurde sie 2010 eine der ersten Lesementoren und zunächst
geschult, bevor sie von der Lesementor-Lehrerin der Schule, an der sie
tätig werden sollte, ein Kind zugewiesen bekam. Bei der Auswahl der
Materialien, mit denen sie arbeitet, hat Gesine Hoffmeister freie
Hand. „Ich richte mich nach den Bedürfnissen jedes einzelnen
Kindes, mit dem ich arbeite.“ Der eine könne lesen wie ein
Weltmeister, aber nicht schreiben, der andere verstehe nicht, was er
liest, andere Kinder hätte Probleme mit der Aussprache. Für jedes
der Kinder, mit denen sie ein bis zwei Jahre arbeitet, entwickelt sie
deshalb in Absprache mit der Lesementor-Lehrerin individuelle
Arbeitsblätter. „Wir lesen manchmal gemeinsam, manchmal auch
abwechselnd“, sagt die Lesementorin. Aber immer lasse ich das Kind
nach der Lockerungsübung noch einmal erzählen, was wir in der
vergangenen Woche gelesen haben.
Einmal in der Woche als Lesementor bereitzustehen, könne manchmal
ganz schön anstrengend sein, gibt Gesine Hoffmeister zu. Aber genug
hat sie noch lange nicht. „Ich habe auch am Projekt Tandem des
Integrationshauses Kalk mitgearbeitet und mit einem ausländischen
Erwachsenen im Dialog gelesen.“
Mit Pu der Bär, Märchen aus aller Welt und vielen Kinderbüchern
wurde ihre Liebe zur Literatur schon früh im Elternhaus geweckt.
Daran möchte sie auch Kinder teilhaben lassen, die es schwer haben,
in Buchstaben Wörter zu erkennen. „Ich hoffe ja, dass es noch mehr
Menschen wie mich gibt, die bereit sind, Lesementoren zu werden.“
Auf wen das zutrifft, der kann sich bei Angelika Blickhäuser vom
Büro für Bürgerengagement per E-Mail an blickhäuser@awo-koeln.de
bewerben.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.