Popmusik und Liturgie
Großes Konzert in der Kirche
RIEHL - (rs) Es muss nicht immer der Don-Kosaken-Chor sein. Auch ein
kleiner, hierzulande weitgehend unbekannter aus der Schweiz kann es
mit seinen Tenören, Baritonen und Bässen erreichen, dass sich die
Zuhörer wie bei einem Gottesdienst in der Alexander-Newski Kathedrale
in Sofia wähnen.
Das ist jetzt den Propsteisängern Wagenhausen gelungen, die von der
in Köln lebenden US-amerikanischen Gospel-Sängerin Adrienne Morgan
Hammond eingeladen wurden, zusammen mit ihr und ihren „Friends“
Sylvia Schmale, Natalie Hinz und Vivien Eichler ein Konzert unter dem
Titel „Pop trifft Classics“ in der Stephanuskirche zu geben. Denn
auch der 1994 gegründete und von Olga Büsser geleitete vierstimmige
Chor erfüllte den Kirchenraum bis in seinen letzten Winkel mit seinen
21 kräftigen Männerstimmen.
Die Kombination von Pop, Gospel und liturgischen ostkirchlichen
Gesängen war ungewöhnlich und auch gewöhnungsbedürftig. Denn
musikalisch haben die beiden Gattungen wenig gemein. So war es eher
ein zweigeteiltes Konzert, das die Zuhörer einmal in die eher
meditative Welt der Kirchenmusik entführte, ein anderes Mal in die
Welt des Jazz, des Rhythmus und der „Clapping Hands“.
Das Konzert von Adrienne and Friends und den Propsteisängern machte
daher den Eindruck eines spontanen, vielleicht sogar improvisierten
Konzerts. Adrienne Morgan Hammond eher dadurch, dass sie und ihr
Ehemann Marco Morgan Hammond, der die Sängerin am Piano begleitete,
sich nicht immer über den Programmablauf einig waren, was die
Sängerin aber gekonnt und charmant überspielte. Der Chor hingegen,
weil er wohl auch wegen der weiten Anreise noch nicht hundertprozentig
im Konzert-Modus war. Chorleiterin Olga Büsser musste die Grundtöne
am Piano vorgeben, und auch dann wurden sie auch nicht immer genau
eingehalten. Aber die bekannte schweizerische Gründlichkeit verlangt
eben, dass ein Lied in A-Dur eben auch in A-Dur gesungen wird und
nicht einen Viertel-Ton tiefer.
Der bekannte Soul-Sänger Percy Sledge ging damit lockerer um. Als
sein Begleitorchester einmal bei einem Debütantinnen-Ball seinen
Welthit „When a Man Loves a Woman“ in einer anderen als der
üblichen Tonart anstimmte, sang Percy Sledge sein Lied konsequent in
seiner Tonart, was ziemlich schräg klang, wandte sich danach an den
Bandleader und bat ihn, den Song noch einmal in seiner Tonart zu
spielen. Den jungen Prinzessinnen des Debütantinnen-Balls dürfte das
kaum aufgefallen sein. Denn „schräg“ gehört ja zum Jazz.
Beim Konzert „Pop trifft Classics“ ist hingegen aufgefallen, dass
einige der Schweizer Sänger ein anderes Rhythmusgefühl als die
Zuhörer in der Stephanuskirche hatten. Denn als Adrienne Morgan
Hammond bei einem Lied im „Bumm-Tscha-Zweivierteltakt“ alle zum
Mitklatschen animierte, klatschten die Zuhörer, korrekt auf das
„Tscha“, einige der Chorsänger jedoch ebenso konsequent wie einst
Percy Sledge auf das „Bumm“. Doch nach dem Lied löste sich jeder
Takt sowieso in lang anhaltendem Beifall auf.
Im Repertoire von Adrienne Morgan Hammond und ihren drei Freundinnen
befanden sich Lieder von den Beatles, von Stevie Wonder und
Eigenkompositionen des Multitalents, das mit ihrem 1996 erschienenen
Debüt-Album „It‘s Me“ als „Die neue Stimme des Jazz“
gefeiert wurde. Einige davon können auch noch einmal auf ihrer gerade
erschienen neuen CD „Interpretations“ gehört werden.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.