Bei Luther zu Tisch
In der Erlöserkirche wurde das Reformationsjubiläum kulinarisc ...
Weidenpesch - (pm) Was wäre das für eine interessante Runde gewesen im Hause
Luther! Leider hat sie so nie stattgefunden, diese
interkonfessionelle, ja paneuropäische Tafelrunde, die die
Evangelische Kirchengemeinde Mauenheim-Weidenpesch in das „Schwarze
Kloster zu Wittenberg“ (auch bekannt als die Erlöserkirche) geladen
hatte. 80 prominente Persönlichkeiten der Reformationszeit standen
auf der Gästeliste, historisch gewandet und, angesichts des 500.
Jahrestages von Martin Luthers weltbewegenden „Hammerschlägen“ an
der Wittenberger Schlosskirche, in bester Feierlaune. Zu ihnen
gesellten sich noch etwa 40 Personen aus dem „gemeinen Volk“.
Die Ankommenden durften sich zunächst, stilecht mit Tinte und
Federkiel, in das Gästebuch eintragen und dann an der mit
handgeschriebenen Tischkarten gekennzeichneten Tafel Platz nehmen.
Während sich die Gäste vorstellten, konnten sich die Gäste bereits
mit Wasser, Apfelsaft, Bauernbrot mit Schmalz und Klosterquark
stärken. Die ersten Grußworte kamen von den Mitreformatoren,
zunächst von Luthers engem Freund und Weggenossen Pilipp Melanchthon,
aber auch von Ulrich Zwingli, mit dem Luther sich wegen Unterschieden
im Abendmahlsverständnis überwarf, und den als asketisch-streng und
lustfeindlich verschrienen Johannes (Jean) Calvin, auf den jedoch die
später von Max Weber formulierte protestantische Erwerbsethik (die
Überzeugung nämlich, dass man die Gunst Gottes am materiellen Erfolg
ablesen könne) ebenso zurückgeht wie wesentliche Gedanken zur
Demokratie.
Geladen waren, neben den patenten und gebildeten Ehefrauen der
Reformatoren, auch weitere wichtige Frauen der Reformation, Johannes
Gutenberg und der Grafiker Johannes Aurifaber als
„Medienvertreter“, Götz von Berlechingen, Gäste aus der
europäischen Ökumene (z.B. der finnische Reformator Mikael
Agricola), der Oberrabbiner Josel von Rosheim, sieben „Fürstinnen
der Reformation“, rheinische Mitwirkende der Reformation wie der
erste evangelische Märtyrer Peter von Fliesteden, Gertrud Tillmanns
als Vertreterin der „Schäl Sick“, Luthers Beichtvater und
Förderer Johann von Staupitz, der Gründer des Jesuitenordens
Ignatius von Loyola, die Nürnberger Äbtissin und Humanistin Caritas
Pirckheimer, die Kirchenlehrerin Teresa von Avila sowie weitere
Zeitgenossen aus Gesellschaft, Kultur und Wissenschaft. Natürlich
durften auch die personifizierte Frau Musica und Scriptura, die
Heilige Schrift, nicht fehlen.
Aufgelockert wurden die Statements durch musikalische Beiträge und
Auftritte des „Torgauer Bürgerchores“.
Nach dem Essen („Wittenberger Bürgertopf“, Grießspeise mit Obst
aus Luthers Garten, Lutherwein, Kaffee und Likör) war es dann Zeit
für den Thesenanschlag unter dem Motto „Die Zeit ist reif –
wofür?“. Die Gäste hatten die Möglichkeit, ihre eigenen Gedanken
zur Aktualität der Reformation auf Post-its zu schreiben und an eine
provisorische Kirchentür zu heften.
Am Ende dieser Reformationsfeier der besonderen Art standen Luthers
Gebet um Einheit und ein Schlusssegen.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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