Freundschaften, Missgunst und Hänselei
Klassentreffen nach 60 Jahren
Nippes - (rs). Ohne ihr Poesiealbum hätte Gertrude Lutterbach ihre
Klassenkameradinnen aus der „Volksschule“ – wie die Hauptschule
damals genannt wurde – wohl niemals wiedergesehen.
25 Jahre nach ihrer Schulentlassung hatte sie das Büchlein, in dem
sich alle ihre Schulfreundinnen mit Sprüchen wie „Stets nach vorne
richte Deinen Blick, im Streben liegt des Lebens Glück“ verewigt
hatten, hervorgekramt und darin nach den Namen ihrer ehemaligen
Klassenkameradinnen gesucht. „Ein bisschen detektivische Arbeit war
es schon, die Adressen meiner Mitschülerinnen herauszufinden“, sagt
sie. Denn ihren Mädchennamen hätte ja 25 Jahre nach ihrer
Schulentlassung kaum eine von ihnen mehr getragen. „Ich konnte aber
die meisten Adressen meiner Mitschülerinnen über deren Mütter
herausfinden.“
35 Jahre ist das nun her, und seitdem haben sich die ehemaligen
Schulmädchen aus der Katholischen Volksschule noch zweimal getroffen.
Jetzt, 60 Jahre nachdem sie aus den Händen ihrer Lehrerin Agnes
Pöttgen das Abschlusszeugnis erhalten hatten, sind Gertrude
Lutterbach und ihre Klassenkameradinnen wieder einmal
zusammengekommen.
Im Restaurant Giovanni an der Neusser Straße haben sie sich daran
erinnert, dass die „Doris“ immer Puddingteilchen gegessen hat, und
dass sie nicht immer nett miteinander umgegangen sind. „Damals gab
es auch viel Missgunst“, sagt Marita Irmer, die wegen ihrer
abgetragenen Kleider oft gehänselt wurde. „Meine Mutter war
Alleinerziehende, und wir hatten nicht viel Geld für Kleider
übrig.“
Von den mehr als 40 Schülerinnen der Abschlussklasse des Jahrgangs
1958 leben heute nur noch 13. Zum Klassentreffen erschienen nur acht.
„Einige konnten nicht kommen, weil sie krank sind oder einen
Pflegefall in der Familie haben“, sagt Gertrude Lutterbach. Doch
auch mit acht ehemaligen Klassenkameradinnen war es ein lebendiges
Treffen, bei dem – wie Marita Irmer bekräftigte – nicht über
Krankheiten gesprochen werde. „Wir tauschen unsere Erinnerungen aus
und reden darüber, was auf uns zukommt, zum Beispiel eine Goldene
Hochzeit.“
Weit von ihrer Heimat hat es die Schulmädchen von damals nicht
getrieben. „Ich lebe heute in Euskirchen“, sagt Gertrude
Lutterbach, „damit bin ich diejenige mit der weitesten Anreise.“
Marita Irmer dagegen hat ihre Geburtsstadt nur „um in Urlaub zu
fahren“ verlassen. Sie sei immer ein Kölsches Mädchen geblieben,
sagt sie. „Ich werde mich nicht ändern. Wer mich nicht versteht,
soll fragen.“
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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