Ohne Netz und doppelten Boden
Mit einer Vorstellung verabschiedete sich ein Projekt
Riehl - (rs) Für 13 der 17 jungen Mädchen ist der Spaß jetzt vorbei. Zwölf
Wochen lang haben sie mit Rebecca Jamison-Behrendt Kunststücke am
Trapez und dem Drahtseil eingeübt, haben Tänze einstudiert und
gelernt, mehr als nur Purzelbäume zu schlagen.
Was ihnen die Studentin der Sporthochschule Köln und anerkannte
Zirkustrainerin beigebracht hat, haben sie ihren Eltern, Freunden und
Bekannten in einem der Zelte des Zirkus- und Artistikzentrums Köln
(ZAK) An der Schanz voller Stolz vorgeführt. Die Hälfte der Mädchen
hat Wurzeln in Ländern wie Syrien, Afghanistan und Irak. Die andere
Hälfte kommt aus Köln. Zwar haben sich alle untereinander auf
Deutsch verständigen können, bei der Zirkusvorstellung jedoch wurden
die Zirkusakte mit Rücksicht auf die Eltern der Flüchtlingskinder
auf Deutsch, auf Farsi und auf Arabisch vorgestellt. Mit dieser
Vorstellung aber war das Integrations-Projekt „Hallo-Zirkus“ der
Arbeitsgemeinschaft Offene Türen NRW (AGOT), an dem sich 17 Mädchen
im Alter von neun bis elf Jahren beteiligt hatten, auch beendet.
Für vier der Mädchen war es damit aber nicht vorbei. Im Gegenteil,
es fängt für sie jetzt erst richtig an. Denn sie haben aufgrund
ihrer Vorlieben und ihrer Fähigkeiten ein Stipendium für das ZAK
erhalten und damit die Chance, richtige Artisten in der Zirkuskuppel
zu werden.
„Das war bislang meine schönstes Projekt“, sagt Rebecca
Jamison-Behrendt. Die Mädchen seien alle sehr motiviert gewesen und
dankbar dafür, die Chance erhalten zu haben, sich miteinander ohne
viel Worte intensiv austauschen zu können. Was sie auch gelernt haben
dürften, ist sich blind aufeinander zu verlassen. Denn hätte das
nicht geklappt, wären die jungen Artistinnen wohl das ein oder andere
Mal auf die Nase gefallen. Aber ihre Drahtseil-Akte, ihre Turnübungen
in luftiger Höhe am Seil, ihre spielerischen Kunststücke mit bunten
Tüchern haben sie allesamt bravourös meistern können.
Wenn nun das Integrationsprojekt so erfolgreich gewesen ist, wie geht
es dann weiter, jetzt, wo wieder mehr Flüchtlinge ins Land strömen?
„Wir haben schon ein paar Ideen“, sagt Lina Orrego vom
katholischen Seelsorgebereich Ehrenfeld. Sie hat gemeinsam mit der
Sprachwissenschaftlerin Lidia Camarà de la Fuente und Rebecca
Jamison-Behrendt „Hallo Zirkus“ und zuvor bereits ein ähnliches
unter dem Titel „Hallo Foto“ betreut. „Drei mögliche Projekte
könnten, falls die Finanzierung gelingt, folgen“, sagt sie. Einmal
„Hallo Werkzeug“, bei dem es darum gehen soll, Mädchen mit
Handwerk vertraut zu machen. Auch „Hallo tanzen“ käme in Frage,
am wahrscheinlichsten aber folge ein Projekt mit dem Titel „Hallo
trommeln“. „Wir haben bereits Kontakt zu einer Perkussionistin
aufgenommen“, sagt Lidia Camarà de la Fuente. Bei allen Projekten
soll die Hälfte der Teilnehmerinnen wieder aus Flüchtlingsfamilien
kommen.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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