Graffiti gesprüht
Mittwochsmaler waren da
BILDERSTÖCKCHEN - (rs). Graffiti ist als Kunstform mittlerweile anerkannt, und
Künstler wie „Banksy“ haben internationale Anerkennung erreicht.
Das zeigt gerade eine Ausstellung im Olympiapark in München, wo
Arbeiten von 66 Street-Art-Künstlern aus 22 Nationen zu sehen sind.
Um sich Street-Art, die Kunst der Straße, anzuschauen, muss man aber
nicht in ein Museum gehen. Sie ist überall zu sehen, an den Fassaden
von Häusern, an Wänden, an Bahn-Haltestellen und in alten
Fabrikhallen.
Ein Wesen dieser Kunstform ist, dass sie vergänglich ist. Heute
gemalt und morgen schon übermalt, das ist oft das Schicksal der
meisten dieser Arbeiten. Und noch etwas unterscheidet die
Street-Art-Künstler von Rembrandt: Sie arbeiten, selbst wenn sie so
bekannt sind wie Banksy, anonym und meist heimlich in der Nacht. Im
Stadtteil Bilderstöckchen ist das alles ganz anders. Denn das
Jugendzentrum „Lucky‘s Haus“ ist seit gut zwölf Jahren ein
Zentrum der Street-Art. Jeden Mittwoch treffen sich hier Jugendliche
und arrivierte Künstler aus der Kölner Graffiti-Szene zum Austausch.
„MittwochsMaler“ haben sie sich genannt und gestalten Kunst, die
Maurice Kusber „legales Graffiti“ nennt. „Lucky‘s Haus hat
sich als Treffpunkt der Graffiti-Szene etabliert“, sagt der Leiter
des kulturpädagogischen Projektes, das von der Stadt, dem
Landschaftsverband Rheinland, der Stiftung „Chancen für Kinder“
und dem „Kulturrucksack NRW“ gefördert wird.
Graffitis stoßen nicht bei jedem Hausbesitzer auf Wohlwollen. Von
Margret Hees, Fachbereichsleiterin des Sozialdienstes Katholischer
Männer, dem Träger des Jugendzentrums, werden sie sogar gefördert.
Sie wurde gefragt, ob Lucky‘s Haus nicht nur Gastgeber der
Mittwochsmaler sein möchte, sondern seine Wände auch einmal für die
Kunst aus der Sprühdose zur Verfügung stellen wolle. Weil sie dafür
war, konnten jetzt etwa 40 Jugendliche mit und ohne Fluchtgeschichte,
angeleitet von zehn erfahrenen Graffiti-Künstlern, ihre
künstlerischen Visitenkarten in und rund um das Haus hinterlassen.
Dabei haben die Mittwochsmaler richtig Gas gegeben. Von der
Vorbereitung, dem Ausstanzen der Schablonen, über Siebdrucke und
schließlich dem Sprühen auf die Fassaden des Hauses wurden die
Jugendlichen durch den gesamten Arbeitsprozess geleitet. Pankat Bagul,
ein aus Indien geflüchteter junger Mann, bekam eine Kamera und hat
alles filmisch dokumentiert. Unter anderen stand auch Martin Scholz
vom Szeneladen „Onkel Dose“ aus Ehrenfeld als Ratgeber für alle
Fragen rund um die Kunst des Sprühens zur Verfügung.
Schließlich hatten die Jalousien des Hauses nach drei Tagen den
kunstvoll verzierten Schriftzug „Bilderstöckchen“ erhalten. Die
Discothek im Keller haben die jungen Künstler zum „Room For You“
erklärt und das mit einem großen rundum laufenden Schriftzug
manifestiert. Auch die Turnhalle blieb nicht ausgespart, sondern
erhielt den Schriftzug „Lucky‘s Sports“. Das Ende des
dreitägigen Workshops feierten die Künstler und ihre Mäzene mit
einer Hip-Hop-Party, zu der DJing die passende Musik auflegte. So
zufrieden die Jugendlichen auch mit der Möglichkeit waren, einmal
drei Tage lang ungebremst sprühen zu können, ein Problem bleibt
bestehen: „Es gibt einfach viel zu wenige Möglichkeiten, legal zu
sprühen“, sagt Maurice Kusber. Er wünscht sich von der Stadt
mehr Entgegenkommen. „Es wäre hilfreich, wenn die Stadt uns mehr
Flächen zur Verfügung stellen würde.“
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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