2021 in Nippes
Neue Bezirksvertretung sucht für alte Probleme frische Lösungen

Bezirksvertreterin Inga Feuser (Klima Freunde) sieht im Wilhelmplatz die Möglichkeit eines Treffpunktes für Jung und Alt im Viertel. | Foto: Schriefer
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  • Bezirksvertreterin Inga Feuser (Klima Freunde) sieht im Wilhelmplatz die Möglichkeit eines Treffpunktes für Jung und Alt im Viertel.
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Nippes - (rs) Nippes soll ein „grüner“ Stadtteil werden. Jedenfalls hat
sich das die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, die mit den
Vertretern von Die Linke, FDP, Gut und Klima Freunde in einer
Kooperationsvereinbarung verbunden ist, für die kommende
Legislaturperiode vorgenommen.

„Wir wollen eine grün-sozial-progressive Mehrheit in der
Bezirksvertretung“, betont Inga Feuser von der Wählergruppe Klima
Freunde Köln. Eines ihrer Hauptanliegen für das neue Jahr sei neben
der Verkehrswende auch die Stärkung des Einzelhandels, sagt sie. Dazu
hat sie bereits in der vergangenen Sitzung der BV einen Antrag
eingereicht. Einzelhändlern soll gestattet werden, auf Antrag
Pkw-Stellplätze vor ihrem jeweiligen Ladenlokal in
Fahrradabstellanlagen umzuwidmen, heißt es darin. Denn in mehreren
Studien sei nachgewiesen worden, dass der innerstädtische
Einzelhandel mehr von Käufern profitiert, die mit dem Fahrrad kommen
als von solchen, die mit dem Pkw anreisen. Hinzu komme noch, dass die
durchschnittliche Kaufkraft pro Radfahrer höher ist, und dass
Radfahrer häufiger einkaufen. Neuer Parkraum für Fahrräder vor
Geschäften würde dem Einzelhandel eine kaufkräftigere Zielgruppe
als die Pkw-Fahrer erschließen und damit den lokalen Einzelhandel
effizient unterstützen. „Klimaschutz und Verkehrswende schaden ja
der Wirtschaft nicht“, sagt die Vertreterin der Klima Freunde. Das
würde für Nippes bedeuten, dass auch die Umgestaltung der Neusser
Straße noch einmal neu gedacht werden müsse, sagt sie. „Ich
möchte eine fortschrittliche Stadtentwicklung umsetzen, autofrei,
nachhaltig, sozial, grün und eine Stadt der kurzen Wege.“

Außerdem werde sie sich für „Zero Waste“, also den Kampf gegen
den Müll durch intelligente Mehrweg-Lösungen einsetzen. Besonders am
Herzen liege ihr auch die Neugestaltung des Wilhelmplatzes. Der Platz
sollte zunächst dagegen gesichert werden, dass er mit Autos befahren
werden kann, sagt sie. „Der Wilhelmplatz hat viel Potenzial und
könnte ein Treffpunkt für Jung und Alt im Viertel werden.“

Mit den Vorstellungen der Vertreterin der Klima Freunde ist Christoph
Schmitz, Vorsitzender der auf drei Vertreter geschrumpften Fraktion
der CDU, nicht ganz einverstanden. Noch mehr Parkflächen zugunsten
von Fahrradabstellanlagen aufzugeben hält er für verkehrt. „Es
gibt doch heute bereits viel zu wenige Parkflächen im Stadtbezirk“,
sagt er. Darüber wird sich seine Fraktion Mitte des Jahres mit den
Kooperationspartnern auseinandersetzen müssen, wenn auf der Sitzung
der BV im Juni über die neue Stellplatzverordnung der Stadt
diskutiert wird. Sie sieht vor, den Anteil des motorisierten
Individualverkehrs am innerstädtischen Gesamtverkehrsaufkommen auf
ein Drittel zu senken und die Herstellung von Stellplätzen bei
Bauvorhaben auf das zwingend Notwendige zu reduzieren.

Zwar möchte auch Christoph Schmitz den Einzelhandel stärken. Aber
anders als im Antrag der Klima Freunde gefordert, ist er dagegen, dass
Einzelhändler über den öffentlichen Raum verfügen und
eigenständig Parkplätze für Pkw in Fahrradabstellplätze umnutzen
können. Auch ist er gegen eine Neuauflage der Diskussion über die
Umgestaltung der Neusser Straße. „Wenn wir wieder anfangen darüber
zu diskutieren, wird nie was draus“, sagt er.

Für seine Fraktion sieht er den Schwerpunkt im Bereich Kultur und
Soziales. Klima und Umweltschutz seien ja von den Kooperationspartnern
besetzt. „Wir werden uns dafür einsetzen, den sozialen Abbau zu
verhindern, indem wir Initiativen wie die Tafel und den
Elisabeth-Korb, die ökumenische Lebensmittelausgabe für die
Stadtteile Mauenheim, Niehl und Weidenpesch, die Mitte des Jahres
eingestellt werden musste, unterstützen.“ Für den Stadtteil
Bilderstöckchen wünscht er sich endlich einen Nahversorger.
Grundstücke seien ja vorhanden, es scheitere nur am
Einzelhandelskonzept. „Das muss dringend überarbeitet werden.“
Einsetzen werde sich die CDU-Fraktion auch für die Sportvereine, so
hat sie zum Beispiel einen Antrag für den Bau einer Toilettenanlage
am Skatepark und der Speedskating-Bahn in Weidenpesch unterstützt.

Für Henning Meier (SPD) ist der Verkehr das Dauerthema. Ein Beispiel
sei die Umgestaltung der Jesuitengasse in Weidenpesch. „Wir haben
nachgefragt, was der Stand der Dinge dort ist, weil der Beschluss, die
Jesuitengasse fußgängerfreundlicher zu gestalten, ja bereits vor
mehr als einem Jahrzehnt gefasst wurde“, sagt der stellvertretende
Bezirksbürgermeister. Auf Anfrage der SPD-Fraktion hat die Verwaltung
nun zumindest signalisiert, dass nach einem Beschluss der
Bezirksvertretung über die aktualisierten Kosten der Maßnahme im
zweiten Quartal 2021 mit den Baumaßnahmen begonnen werden könnte.
„Wir wollen die Verwaltung mit solchen Nachfragen über vergangene
Beschlüsse am Ball halten“, sagt Henning Meier. Er bedauert, dass
von der von Oberbürgermeisterin Henriette Reker versprochenen
Verwaltungsreform bislang wenig zu sehen ist. „Es dauert alles noch
immer viel zu lange“, sagt er. Es gebe zum Beispiel immer noch kein
Verkehrskonzept für das Clouth-Gelände, der Schillplatz würde immer
noch von Radfahrern befahren und Autos könnten den Wilhelmplatz an
Nachmittagen sorglos überqueren. „Da hätte man doch längst
Maßnahmen ergreifen können, etwa versenkbare Poller.“

Für Henning Meier ist der Verkehr allerdings nicht das Hauptthema mit
dem sich die Nippeser Bezirksvertretung beschäftigen sollte.
„Unseren Schwerpunkt legen wir auf das Soziale“, sagt er. Er wolle
sich dafür einsetzen, dass die Bürger sich engagieren und sich in
Vereinen oder Initiativen organisieren können. Er könne sich zum
Beispiel die Einrichtung eines Runden Tisches für Sportvereine
vorstellen, einen Zusammenschluss von Schulen und Jugendeinrichtungen
in einem Bildungs-Campus oder sogar ein Jugendparlament. „Es sollten
keine Neubaugebiete ohne Jugendeinrichtungen mehr genehmigt werden“,
fordert Henning Meier.

Mit all diesen guten Vorsätzen für das neue Jahr muss sich nun die
neue ehrenamtliche Bezirksbürgermeisterin Dr. Diana Siebert (Grüne)
auseinandersetzen. Dabei haben ihre Fraktion und ihre
Kooperationspartner durchaus auch eigene Vorstellungen. Einer ihrer
ersten Anträge in der neuen Legislaturperiode betraf den
Kriegerplatz. Hier soll im Zuge der Neugestaltung des Platzes auch
eine Stele errichtet werden, die an die Opfer der Kriege erinnert.
„Am Leipziger Platz möchten wir eine solche zum Gedenken an die
Edelweißpiraten aufstellen und auch noch ein Kolonial-Denkmal im
Afrikaviertel“, schlägt Siebert vor. Außerdem wünscht sie sich
einen Ort für größere Veranstaltungen in Nippes und möchte den
geplanten Theatersaal im Clouth-Gelände unterstützen. „Er sollte
allerdings kein elitäres Projekt sein, sondern eher eine
Schnittstelle für Alt- und Neu-Nippeser“, schränkt sie ein. An der
Rennbahn in Weidenpesch liegt ihr Hauptaugenmerk auf der alten
Tribüne des Fußballplatzes. „Die könnte doch gut so umgebaut
werden, dass sie für kulturelle Veranstaltungen nutzbar ist.“

Ein Projekt, das ihr besonders am Herzen liegt, ist ein
„Bürgerempfang“, zu dem sie Vertreter von Vereinen und
Initiativen aus ihrem Bezirk einlädt. „Mir schwebt ein solcher
Bürgerempfang am Todestag von Matthias Erzberger auf dem nach ihm
benannten Platz vor“, sagt sie. Matthias Erzberger hatte als
Bevollmächtigter der Reichsregierung und Leiter der
Waffenstillstandskommission 1918 das Waffenstillstandsabkommen in
Compiègne unterzeichnet, das die Kampfhandlungen des Ersten
Weltkrieges faktisch beendete. Anschließend setzte er als
Reichsminister der Finanzen von 1919 bis 1920 die nach ihm benannte
Erzbergsche Reform durch, die als umfangreichstes Reformwerk der
deutschen Steuer- und Finanzgeschichte gilt. Matthias Erzberger war im
August 1921 von rechtsterroristischen Attentätern der Organisation
Consul ermordet worden.

Die Auftragsbücher der Bezirksbürgermeisterin und der
Bezirksvertreter sind also gut gefüllt. 2021 könnte daher ein Jahr
des Umbruchs werden.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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