Ein Schuljahr für ein Buch
Schüler des Erich-Kästner-Gymnasiums lasen ihre Texte vor

Gereon Flock hatte sich satirisch mit den sozialen Netzwerken auseinander gesetzt. | Foto: Dröge
  • Gereon Flock hatte sich satirisch mit den sozialen Netzwerken auseinander gesetzt.
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NIPPES - (cd) Wenn in der Schule Kreatives Schreiben im Unterricht behandelt
wird, bleibt den Schülern dank des vollen Lehrplans meist nicht mehr
Zeit, als ein paar Gedichte oder eine kurze Geschichte von einer
Handvoll Seiten Länge zu produzieren. Anders bei der „Literarischen
Schreibwerkstatt“ des Erich-Kästner-Gymnasiums, einem Projekt-Kurs
der Stufe Q1: Hier hatten die Oberstufenschüler ein ganzes Jahr Zeit,
um an einer einzigen Erzählung zu arbeiten, die mindestens 60 Seiten
lang sein sollte. Ein ganzes Schuljahr lang vertieften sich die
Schüler in ihre Themen und feilten an ihren Geschichten.

Die Mühen hatten sich am Ende gelohnt: So wurden die fertigen
Geschichten in einem Buch zusammengefasst und dank des Projektleiters
Andreas Brettkam auch in einer öffentlichen Lesung in einer Bar
vorgestellt.
Die Bandbreite der Themen, die sie in ihren Geschichten bearbeitet
hatten, war erstaunlich vielfältig und aktuell: In ihrer Erzählung
„Fette Zwiebel“ beschrieb Teresa Naumann etwa auf einfühlsame
Weise das Leben in einer Wohngemeinschaft von homo- und transsexuellen
Jugendlichen. Ein ähnliches Thema hatten Viktoria Holstein und Anna
Ziegler, die zu zweit eine gemeinsame Erzählung verfasst hatten: In
Form eines Briefromans erzählten sie von einer Romanze zwischen zwei
Frauen während der Zeit der Nazi-Diktatur. „Wenn es um die
Verfolgung von Homosexuellen durch das Nazi-Regime geht, stehen meist
die männlichen Homosexuellen im Mittelpunkt“, meinte Viktoria,
„wir wollten ein wenig die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass auch
lesbische Frauen verfolgt wurden.“ Andere hatten den Blick auf die
zeitgenössischen Krisenherde der Welt gerichtet: Sven Göbel etwa
beschrieb „Die Flucht“ eines vietnamesischen Mädchens aus der
Gewalt von Menschenhändlern, Salmana Ahmeds „Paradies“ hingegen
handelte von einem afghanischen Jungen, der unter den Einfluss
islamistischer Fundamentalisten gerät. Einige Kursteilnehmer hatten
auch das Genre der Science Fiction gewählt, um ihre Themen zu
behandeln – Gereon Flock etwa beschrieb in „Das
Facebook-Imperium“, wie das soziale Netzwerk 2050 die Weltherrschaft
übernimmt, während in Liam Looses „Von 0 bis 100“ ein
Außerirdischer im Mittelpunkt steht, der lernen muss, allein auf der
Erde zurecht zu kommen.
Das Publikum zeigte sich sehr angetan, und auch Brettschneider war
sehr stolz auf die literarischen Fähigkeiten seiner Schüler. „Es
ist sehr beeindruckend, was dabei herauskommt, wenn man die Schüler
einmal nicht mit den üblichen Mechanismen wie Anwesenheitspflicht und
Leistungsüberprüfung gängelt, sondern sie einfach das tun lässt,
was sie aus sich heraus tun wollen“, sagte er.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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