"total retro"?
Stadt informierte über die Pläne zur Umgestaltung der Neusser Straße
Nippes - (rs) Es war einmal – so beginnen in der Regel Märchen. Aber auch
die Pläne zur Umgestaltung der Neusser Straße könnten so beginnen.
Denn es ist in der Tat bereits 45 Jahre her, dass die Stadt
beschlossen hatte, der Neusser Straße zwischen Kempener Straße und
Blücherstraße ein neues, an die zukünftige Verkehrsentwicklung
angepasstes Gesicht zu verleihen. Seitdem wurde geplant, beschlossen,
verworfen, wieder geplant, wurden Bürger angehört und wieder
beschlossen. Was ab 2022 für heutige sieben Millionen Euro
Wirklichkeit werden soll, darüber hat die Stadt nun die Bürger
informiert. Bezirksbürgermeister Bernd Schößler und Stephanie Dietz
vom Amt für Straßen und Verkehrsentwicklung stellten die Pläne im
Altenberger Hof vor und sich den Fragen der Besucher der
Veranstaltung.
Es sei ein Kompromiss, der nicht mehr in Frage gestellt werde, weil er
die grundsätzliche Haltung der Bezirksvertretung darstelle, musste
der Bezirksbürgermeister wiederholt klarstellen. „Bei Kompromissen
sind immer beide Seiten unzufrieden, aber es kommt immerhin etwas
heraus, das besser ist als das, was einmal war“, entgegnete er den
Kritikern der Pläne. Und davon gab es viele. Es sei doch völlig
gegen den Zeitgeist, was die Verwaltung da präsentiert, sagte zum
Beispiel Lothar Könekamp, Geschäftsführer des Nippeser Radlagers.
Zwar solle der Fahrradstreifen auf der Neusser Straße breiter werden,
aber weil sich Pkw und Fahrräder die Straße teilen müssten und die
Kraftfahrzeuge weiterhin längs der Straße parken könnten, sei das
Radfahren dort weiterhin extrem gefährlich. „Wer Abenteuerurlaube
liebt, sollte mal auf der Neusser Straße Fahrrad fahren“, gab ihm
eine Besucherin der Informationsveranstaltung Recht. Als schlechtes
Beispiel wurde auch die Venloer Straße in Ehrenfeld erwähnt, auf der
ein ähnliches Konzept vor einigen Jahren verwirklicht worden war, und
das mittlerweile sehr in der Kritik steht.
Aber nicht nur am Beispiel der Radfahrer entzündete sich harsche
Kritik an den Plänen des Amtes für Straßen und Verkehrsentwicklung.
Auch Senioren würden benachteiligt, hieß es. Denn, weil die
Bürgersteige an der Neusser Straße als sogenannte
„Multifunktionsflächen“ mit Baumscheiben, Außengastronomie und
Parkflächen für Pkw und Fahrräder geplant werden, stünde den
Fußgängern – vor allem denen mit Rollatoren oder Rollstühlen –
deutlich zu wenig Platz zur Verfügung. „Die Verwaltung hat es ja
noch nicht einmal für nötig gehalten, die Seniorenvertretung in die
Anhörung vor zwei Jahren einzubeziehen“, bedauerte Herbert Clasen,
stellvertretender Sachverständiger für Seniorenpolitische Fragen in
der Bezirksvertretung Nippes.
Die Partei der Grünen ist mit den Plänen ebenfalls alles andere als
einverstanden. „Die neu vorgelegten Planungen zeugen von der
Rückwärtsgewandtheit der Verkehrspolitik im Bezirk. Anstatt die
Umgestaltung der Neusser Straße für eine zukunftsfähige
Verkehrswende zu nutzen, wird das Auto auf der Neusser Straße weiter
privilegiert behandelt“, hat Vorstandsmitglied Thomas Eichmüller
mitgeteilt. Die aktuellen Planungen zur Umgestaltung würden weiterhin
das Auto in den Mittelpunkt stellen. „Dies ist eine verpasste Chance
für eine ökologischere Verkehrswende in Köln“, ergänzte Ulrike
Gansen, Sprecherin des Ortsverbandes der Grünen.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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