Von außen charmant
Viele nutzen den Bahnhof Longerich, aber niemand mag ihn
LONGERICH - (rs). Wenn es eine Grusel-Rangliste für Bahnhöfe gäbe, würde in
den Augen der Fahrgäste der in Longerich sicher ganz weit vorne
stehen. Dabei ist das Eingangsgebäude zumindest von außen betrachtet
gar nicht uncharmant. Doch kaum hat der Fahrgast einige gelb markierte
Stufen erklommen, steht er in dem zwar lichtdurchfluteten, aber
insgesamt doch etwas schmuddeligen oktogonalen Eingangsbereich des
Bahnhofs, einem trostlos öden Raum mit einem Fahrkartenautomaten und
einigen Werbeplakaten an den Wänden.
Sollte sein Blick nicht vom Model, das für Unterwäsche wirbt,
abgelenkt sein, erwarten ihn weitere Treppenstufen, die zum Bahnsteig
hinaufführen. Dorthin zu gelangen, ist keine leichte Aufgabe, wenn
man schon etwas älter und eventuell auf einen Rollator angewiesen
ist, wenn man mit schwerem Gepäck verreisen möchte oder gar einen
Kinderwagen dabei hat.
Offenbar ist es der Deutschen Bahn beim Bau des Bahnhofs entgangen,
dass es schon seit 1880 elektrische Aufzüge gibt. Graffiti schmücken
- oder je nachdem - verunzieren die Wände und die Treppenstufen. Oben
am Bahnsteig ist der Fahrgast dann in der Moderne angekommen, denn
hier sieht der Longericher Bahnhof endlich aus wie die meisten anderen
auch. Aber dennoch, der Bahnhof Longerich spricht allen Grundsätzen
von Barrierefreiheit Hohn und ist zudem auch noch ziemlich
heruntergekommen. Der Putz blättert von den Wänden, die Papierkörbe
quellen über und die Treppenstufen sind abgeschlagen. Sein desolater
Zustand war zuletzt Thema im Bürgerverein Longerich. Einhellige
Meinung: Es muss etwas geschehen. Aber was? Denn der Bahnhof ist
Hoheitsgebiet der Deutschen Bahn. Und die sieht keinen
Handlungsbedarf. „Verbindlich ist hier kein Umbau oder eine
Modernisierung geplant“, sagte ein Bahnsprecher. Auch der
Vandalismus bewege sich im - leider - üblichen Rahmen. Die
Glasscheiben des Wind- und Wetterschutzes würden immer mal wieder
eingeschlagen. „Diese Schäden werden von uns jedoch auch jedes Mal
instandgesetzt“, so der Bahnsprecher.
Hoffnung darauf, dass sich etwas ändert, machte dagegen der
Landtagsabgeordnete Andreas Kossiski (SPD). „Ich möchte zunächst
die Verantwortlichen in die Verpflichtung nehmen“, sagte er. Die DB
habe häufigere Kontrollen versprochen, er werde sich darum kümmern,
dass das auch eingehalten wird. Um grundsätzlich etwas zu ändern,
müsse aber ein ganz dickes Brett gebohrt werden. „Ich bin an diesem
Thema aber schon seit längerem dran, rede darüber immer wieder mit
Verkehrsminister Michael Groschek und mache die Modernisierung der
Bahnhöfe im Kölner Norden, in Longerich, Worringen und Chorweiler,
immer wieder bei den regelmäßig stattfindenden Bahnsprechstunden des
Landtags zum Thema.“ Er wundere sich schon, dass die DB den
Longericher Bahnhof an das hintere Ende ihrer Prioritätenliste
verbannt hat. „Der müsste doch eigentlich ganz vorne stehen. Er hat
doch ein Fahrgastaufkommen, das über dem Durchschnitt liegt.“ Um
das zu ändern, müssten aber alle Beteiligten an einem Strang ziehen.
„Das ist ein Prozess, der leider dauert.“
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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