Respekt vor der Stille
Werke von Beer zeigen ein Leben ohne Hektik - auch in der Stadt
NIPPES - (rs). Die Bilder von Incog – so nennt sich der Maler Henry Beer
– erzählen nicht von einem modernen, schnellen urbanen Leben. Nicht
vom Coffee to go, der das Leben angeblich effizienter, in Wirklichkeit
aber nur nervöser macht. Beer zeigt lieber Menschen, die in einem
kleinen Café in Gedanken und stillem Genuss versunken eine Tasse
Kaffee oder ein Glas Wein trinken. Das sei doch auch ein viel
größerer Genuss als mit einem Pappbecher in der Hand zur U-Bahn zu
hasten, sagt er.
„Coffee“ nennt der in Mülheim lebende Künstler eine der drei
Bildserien, die bis zum 20. Februar in der Gaststätte im Altenberger
Hof (Mauenheimer Straße 92) zu sehen sind. Beer hat dafür mit
lässigem Pinselstrich Menschen gemalt, die in einem Kaffeehaus
sitzen. Er bleibt formal gegenständlich, nur bei den Hintergründen
erlaubt er sich manchmal einen zaghaften Abstecher in die abstrakte
Malerei.
Ganz ohne Hintergrund kommen seine Porträts aus der zweiten hier
gezeigten Serie aus, die er „Respect“ genannt hat. „Weil ich
Respekt vor den Menschen habe, vor ihrer Lebensfreude, ihrem
Selbstbewusstsein und ihrer Natürlichkeit“, erklärt er. Bei fast
allen Gesichtern, die Beer gemalt hat, umspielt ein selbstbewusstes
Lächeln die Lippen. Es sind meist Gesichter von Frauen aus
afrikanischen Ländern, die dem Künstler irgendwann einmal
aufgefallen sind und sich ihm ins Gedächtnis gegraben haben.
In der Serie „Respect“ lässt der Künstler den Betrachter
sozusagen am Arbeitsprozess teilnehmen, indem er als Hintergrund für
seine Porträts die nur transparent grundierte Leinwand
hervorschimmern lässt. „Den Hintergrund, den ich unbearbeitet
gelassen habe, kann so der Betrachter aus seiner Fantasie
hinzufügen“, sagt er. Seine dritte Serie nennt Beer „City
Lights“, Bilder von Orten aus aller Welt, die faszinierend
geheimnisvoll erscheinen, weil Beer sie in schummrigem Dämmerlicht
zeigt und ihnen manchmal auch romantische Details beifügt. Eine Katze
im Vordergrund zum Beispiel, die dem Betrachter direkt in die Augen zu
schauen scheint.
Henry Beer ist Autodidakt, dessen Liebe zur Malerei sich – wie er
sagt - bereits in der Kindheit angedeutet habe. „Meine Eltern hatten
in ihrem Wohnzimmer ein Bild von einem Pferd, das meine Fantasie
unendlich inspiriert hat“, sagt er. In Öl male er aber erst seit
1991, und intensiv und leidenschaftlich erst seit etwa zehn Jahren.
Ölfarbe sei sein bevorzugtes Material. „Acryl trocknet mir zu
schnell, bei Öl habe ich den Malprozess besser im Griff.“ Als
Werkzeug dient ihm vornehmlich der Pinsel. „Ich habe zwar auch
Spachtel in meinem Atelierraum, aber noch zu viel Respekt vor
ihnen.“
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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