Uni analysiert Corona-Geschehen
Datenanalyse mit gutachterlicher Stellungnahme
Oberberg - Der Oberbergische Kreis beauftragte das Institut für Hygiene und
Öffentliche Gesundheit des Universitätsklinikums Bonn damit, das
Infektionsgeschehen im Oberbergischen Kreis genauer unter die Lupe zu
nehmen.
Das Institut führt in nächster Zeit eine mikrogeographische
Datenanalyse mit gutachterlicher Stellungnahme durch. Professor Dr.
Nico T. Mutters, Direktor des Instituts, stellte im Ausschuss für
Gesundheit und Notfallvorsorge des Kreistags das Projekt für den
Oberbergischen Kreis vor.
„Aktuell arbeiten wir noch mit den groben Meldedaten des Robert
Koch-Instituts“, stellte Mutters fest und präsentierte eine erste
makrogeografische Datenanalyse.
Extreme Abweichungen
in Oberberg
Im Fokus seines Vortrags standen sogenannte „Peaks“. Als
Zeitpunkte, während denen die 7-Tage-Inzidenz des Kreisgebiets
auffällig von der des Landesdurchschnitts abwich, nannte er den
Januar sowie den Mai 2021.
Der Referent stellte fest, dass während des Anstiegs zu Jahresbeginn
besonders die Jüngeren sowie die arbeitende Bevölkerung in den
mittleren Altersklassen betroffen waren: „Der Oberbergische Kreis
hat im Vergleich viel verarbeitendes Gewerbe. Der Anteil des
produzierenden Gewerbes liegt bei 42 Prozent. Köln hat 20 Prozent.
Homeoffice ist in den Industriebetrieben eher nicht möglich. Auch die
Pausensituation kann Ansteckungen fördern.“
Beim zweiten Peak im Mai 2021 ist laut Professor Mutters neben der
arbeitenden Bevölkerung die Bevölkerung über 80 Jahren betroffen.
Trotz durchgeführter Corona-Schutzimpfungen gab es erneut
Ausbruchsgeschehen in oberbergischen Pflegeeinrichtungen.
Kaija Elvermann, Leiterin des Gesundheitsamtes des Oberbergischen
Kreises, machte auf die niedrige Durchimpfungsrate des Pflegepersonals
aufmerksam. Als ein weiterer Grund für den Anstieg im Mai wurde durch
Mutters die Verbreitung der ansteckenderen britischen Virusvariante
genannt.
Viele Tests fördern Unterbrechung der Infektionsketten
Mutters ging auch auf die Testung der Bevölkerung ein: „Je mehr wir
testen, desto mehr Betroffene finden wir und desto mehr
Infektionsketten unterbrechen wir. Die Dunkelziffer sinkt. Auch die
Sterblichkeitsrate sinkt.“ Er stellte fest, dass die
Sterblichkeitsrate im Oberbergischen Kreis bei den Corona-Infizierten
vergleichsweise niedrig sei: „Das ist ein Hinweis darauf, dass Sie
viel testen und viel entdecken, Infektionsketten frühzeitig
unterbrechen und die Sterblichkeitsrate in der Folge sinkt.“
Detailanalyse
Eine weitergehende Datenanalyse, bei der neben den Meldedaten des RKI
auch präzisere Einzeldaten des Gesundheitsamtes betrachtet werden
(Mikrogeographische Datenanalyse), soll weitere Fragen klären:
Welche Erklärungsmuster gibt es für die überdurchschnittliche
Betroffenheit der 15- bis 35-Jährigen? Welchen Einfluss hat der im
Oberbergischen Kreis besonders hohe Anteil am produzierenden Gewerbe
am Infektionsgeschehen? Wie relevant ist die neue Mutation für das
aktuelle Infektionsgeschehen? Warum ist bei den über 80-Jährigen ein
erneuter starker Anstieg der Inzidenz zu beobachten?
„Von der Analyse versprechen wir uns, spezifische Details der
Infektionsausbreitung zu identifizieren, so dass wir in der Zukunft
noch schneller und zielgerichteter handeln können. Ge-
meinsam mit den Akteuren in den 13 Städten und Gemeinden können dann
infektionspräventive Maßnahmen besser ergriffen werden“, so Kaija
Elvermann.
Riegelimpfungen
Sogenannte Riegelimpfungen in Unternehmen, aber auch in
Hotspot-Regionen könnten ein möglicher Ansatz sein, um das
Infektionsgeschehen weiter abzuflachen.
Der Oberbergische Kreis hat sich hierfür bereits wiederholt auf
Landesebene eingesetzt, wurde aber bisher nicht als Region
ausgewählt, die ein zusätzliches Impfstoffkontingent für Impfungen
in besonders betroffenen Bereichen erhält.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.