Covid-19 und die Folgen
Erfahrungsberichte von Ärzten und Patientin
Region - Ein Jahr Pandemie, ein Jahr Ausnahmezustand - auch in den
Kreiskrankenhäusern Gummersbach und Waldbröl.
Wie sieht es auf derCovid-Station aus?
Dr. Albrecht Kendel ist Leitender Oberarzt in der Klinik für Innere
Medizin am Kreiskrankenhaus in Gummersbach und kümmert sich mit
seinem Team der Infektionsstation seit Ausbruch der Corona-Pandemie um
die Covid-19-Patienten. Mediziner, Pflegekräfte und die Fachkräfte
der Krankenhaushygiene stecken mitten in der dritten Infektionswelle
und versorgen zurzeit täglich zwischen 20 und 30 Patienten, die unter
hohem Fieber, Atemnot, Husten, Erbrechen, Kopf-, Bauch- und
Gliederschmerzen leiden.
„Die Patienten sind in der dritten Welle deutlich jünger und leiden
an schweren Krankheitsverläufen“, sagt der Internist. Das
bestätigt der Intensivmediziner Dr. Christoph Klein: „Zurzeit
kommen so schwere Fälle zu uns, dass wir manchmal den Patienten hier
nur stabilisieren und dann nach Köln zur ECMO (künstliche Lunge)
verlegen.“
Auch andere Patienten mit Herz-Kreis-Lauf-Erkrankungen, nach schweren
OPs oder Verkehrsunfällen werden weiterhin versorgt, so dass die
Intensivstation regelmäßig voll ist oder nur noch ein oder zwei
freie Betten zur Verfügung hat. Seit Kurzem werden planbare
Operationen verschoben, um Kapazitäten auf der Intensivstation zu
schaffen. Im Kreiskrankenhaus Waldbröl ist die Situation ähnlich.
Atemnot ist eine traumatische Erfahrung
Die meisten Covid-Kranken leiden unter schwerer Atemnot, so dass bei
den schweren Fällen, wenn andere nicht-invasive Beatmungsformen nicht
mehr ausreichen, eine invasive Beatmung über einen Sauerstoffzugang
direkt in die Luftröhre notwendig ist. „Atemnot, das ist eine
traumatische Erfahrung“, so Dr. Kendel. „Auch bei anderen schweren
Erkrankungen leiden manche Patienten noch lange nach der Genesung an
posttraumatischen Belastungsstörungen oder Panikattacken.“
Long Covid: Langzeitfolgen
Covid-19 hinterlässt nicht nur auf der Seele Narben, sondern vor
allem auf der Lunge, kann Herzschwäche, Konzentrationsstörungen,
Müdigkeit und Leistungsschwäche zur Folge habe. Diese Langzeitfolgen
nennen die Mediziner „Long Covid“.
Professor Dr. Franz Blaes, Chefarzt der Klinik für Neurologie,
berichtet, dass einige Patienten über Monate an Riech- und
Geschmacksstörungen leiden. „Es gibt auch Patienten, die nach einer
Covid-19-Erkrankung neurologische Autoimmun-Erkrankungen
entwickeln.“ Er hat bislang etwa ein halbes Dutzend solcher Fälle
behandelt. „Dass ein Virus Autoimmunerkrankungen auslösen kann,
kennt man auch von anderen Viruserkrankungen. Allerdings sehen wir das
nach Covid-19 Erkrankungen im Vergleich zu anderen Viruserkrankungen
durchaus häufiger“.
Monatelanger Kampf gegen die Folgen
Dr. Kendels Patienten, die er in der ersten und zweiten
Infektionswelle in der akuten Krankheitsphase betreut hat, sind heute
noch nicht alle wieder fit. „Aus meinen Gesprächen mit Hausärzten
und ehemals erkrankten Kolleginnen und Kollegen erfahre ich immer
wieder, dass der Körper lange braucht, um sich von einer
Covid-Erkrankung wieder zu erholen.“
„Das Brennen in der Brust war nicht mehr auszuhalten“
Das bestätigt Britt Wanck, die sich vermutlich bei ihrer Arbeit in
der Notaufnahme des Kreiskrankenhauses Waldbröl im November
vergangenen Jahres mit dem Virus infiziert hat. Bis heute kämpft sie
mit den Folgen.
„Ich war im Dienst, als mir die ersten Symptome auffielen“,
erzählt sie rückblickend. „Ich war müde und habe das auf den
Frühdienst geschoben.“ Doch dann kam Fieber dazu.
Britt Wanck bat die Kollegin aus der Hygieneabteilung, einen Abstrich
bei ihr zu machen. Ergebnis: Corona positiv.
Zunächst legte sich die Krankenschwester zu Hause ins Bett. Nach etwa
einer Woche verschlechterte sich ihr Zustand massiv. „Das Brennen in
meiner Brust war nicht mehr auszuhalten. Mein Mann brachte mich ins
Krankenhaus.“ Dort diagnostizierten die Ärzte eine
Lungenentzündung. Nach einer Woche Krankenhausaufenthalt konnte Britt
Wanck wieder nach Hause. Doch erneut verschlechterte sich ihr
Gesundheitszustand. Starke Bauchschmerzen zwangen die Krankenschwester
zurück in die Klinik. Das Virus hatte eine
Bauchspeicheldrüsenentzündung verursacht und inzwischen war auch ihr
Herz angegriffen.
Sechs Wochen dauerte es, bis die 46–Jährige wieder auf die Beine
kam. Ihre Psyche habe verrückt gespielt angesichts ständig neu
auftretender Symptome. „Wird es wieder gut werden?“, habe sie sich
oft gefragt. „Ich kann mich nicht gut konzentrieren, ich suche nach
Worten, bin nicht belastbar, leide unter Herzrasen – und bin nach
fünf Monaten immer noch nicht wieder arbeiten“, sagt Britt Wanck
traurig. Hoffnung setzt sie auf eine Behandlung in einer
spezialisierten Klinik. „Es gibt nicht viele Krankenhäuser, die auf
Long Covid spezialisiert sind. Ich warte zurzeit auf einen Platz in
einer Klinik in Bochum“, so Wanck.
Impfung ist der wirksamste Schutz
Sowohl Professor Dr. Blaes als auch Dr. Kendel sind überzeugt, dass
die Impfung der wirksamste Schutz gegen das Coronavirus ist. „Wir
sehen, dass unsere Patienten immer jünger werden, von Anfang 30 bis
Ende 60.“ Daran erkenne man deutlich, dass der Schutz für die
ältere und bereits geimpfte Bevölkerung greife. „Die Impfung ist
ein exzellenter Schutz. So lange nicht ausreichend Impfstoff vorhanden
ist, helfen Maske, Abstand, Händedesinfektion und
Kontaktminimierung“, betonen die Mediziner.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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