Edle Tropfen
Mit den Engeln teilen

Bernd Weber (l.) kennt viele Geheimnisse um das schottische Edelgetränk, das sich im Gegensatz zum irischen oder amerikanischen Konkurrenten ohne „e“ schreibt. | Foto: Jürgen Sommer
  • Bernd Weber (l.) kennt viele Geheimnisse um das schottische Edelgetränk, das sich im Gegensatz zum irischen oder amerikanischen Konkurrenten ohne „e“ schreibt.
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Waldbröl (js). Bernd Weber nimmt die schottische Schirmmütze vom
Haken, setzt sie mit ausholender Armbewegung auf und schreitet zu
großen Taten. Der Whisky Experte hat in seinen heiligen Hallen die
Flagge Schottlands ausgebreitet und dazu einen Dudelsack drapiert.

Das zehn Liter Holzfässchen daneben wirkt ausgesprochen farblos. Erst
als Weber den Korken aus dem Fässchen zieht, einen grauen Trichter
zur Hand nimmt und die bereitstehende Flasche mit schottischem Whisky
öffnet, um den Inhalt vorsichtig in dem kleinen Holzgebinde
verschwinden zu lassen, stellt man sich die Frage: Was soll das?

Weber klärt auf: „Die insgesamt zehn Liter Whisky, die nun im Fass
ruhen, kommen von der schottischen Insel Islay (sprich: eilah) auch
Königin der Hebriden genannt, und erhalten bei mir in Waldbröl das
sogenannte Sherry Finish!“

Wichtig dabei ist, dass das Fässchen in seinem ersten Leben mit
Sherry gefüllt war und die Sherry-Aromen Zeit genug hatten, um in das
Holz einzudringen. Beim Sherry Finish sollen sie sich nunmehr mit dem
rauchigen Whisky vermischen. „Ein gutes halbes Jahr müssen wir
warten und dann erst können wir probieren“.

Weber presst die Finger der rechten Hand vorn zusammen, führt sie zum
Mund, küsst sie und signalisiert mit dieser Geste den zu erwartenden
allerhöchsten Genuss.

„Den werde ich mit den Engeln teilen“, flüstert Weber
bedeutungsvoll, lüftet aber auf Drängen gleich darauf das Geheimnis:
„Während der Lagerung diffundiert ein Teil des Alkohols durch das
Holz und verschwindet auf Nimmerwiedersehen. Man erzählt sich, diesen
Teil des edlen Getränkes würden sich die Engel holen!“ Soweit die
Geschichten, Anekdoten, Rituale und Erwartungen.

Weber gibt als Kenner der Szene gerne auch den einen oder anderen
Tipp: „Wer sich nicht mit dem „Whisky Bazillus“ infizieren
möchte, sollte jedwede Brennerei-Besichtigung meiden“, erklärt er
mit erhobenem Zeigefinger. Um mich war es geschehen, als ich vor
Jahren eine Urlaubsreise zu den Hybriden, nach Islay, unternahm und
dort eine Brennerei besuchte. Seit jenen Tagen genieße ich hin und
wieder ein Gläschen!“ Auf das Genießen kommt es übrigens beim
Whisky an, nicht auf das mengenmäßige „Schütten“.
Zimmertemperatur ist perfekt, doch Weber mahnt: „Um Engelswillen
kein Eis! Soda geht, wer es mag!“ Während Weber Whisky-Philosophien
von sich gibt, bekommt Mario Engelhard an der Theke gerade ein 58
prozentiges Edelwässerchen serviert und hält es genüsslich unter
seine Nase.

Draußen zeigt das Thermometer über 30 Grad. Passt das zusammen?
„Die hohen Temperaturen fördern die Verdunstung und die Aromen
entfalten sich besonders gut“, sagt der Gast mit Überzeugung und
schaut auf das Fässchen an der Theke.

„Heaven or Hell“ ist an der Vorderseite zu lesen. Himmel oder
Hölle. Den fragenden Blick beantwortet Weber unaufgefordert:
„Heaven or Hell, …es wird was oder es wird nix, aber erst kurz
nach Weihnachten, wenn wir kosten, wird die Frage beantwortet werden
können!“ Falls die Engel vom Inhalt etwas übrig gelassen haben!

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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