Späte Versöhnung
Vortrag der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit

Der Vorsitzende der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Wolfgang Birkholz mit dem Gastreferenten Professor. Dr. Siegfried Hermle (r.). | Foto: Gunter Hübner
  • Der Vorsitzende der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Wolfgang Birkholz mit dem Gastreferenten Professor. Dr. Siegfried Hermle (r.).
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Gummersbach - (gh) Wenn die Oberbergische Gesellschaft für christlich-jüdische
Zusammenarbeit zu ihren informativen Vorträgen einlädt, ist die
Resonanz zumeist groß, denn die vom Verein um den Vorsitzenden
Wolfgang Birkholz ausgewählten Themen sind informativ und rütteln
auf. So lag es wohl am sommerlichen Wetter, dass zum Referat von
Professor Dr. Siegfried Hermle nur wenige Gäste den Weg in die Halle
32 auf dem Gummersbacher Steinmüller-Gelände fanden, um seinen
aktuellen Vortrag „Ein steiniger Weg – das evangelisch-jüdische
Verhältnis nach der Shoa“ zu hören. Professor Siegfried Hermle,
der auch früher bereits Gast der Gesellschaft war ist für seine
fundierte Kompetenz bekannt. Und so konnte der als Kirchenhistoriker
an der Universität Köln Lehrende das Auditorium auch dieses Mal
wieder schnell fesseln. Seine Ausführungen zum Holocaust am
jüdischen Volk durch die nationalsozialistischen Machthaber vor und
während des Zweiten Weltkrieges und die Stellung der evangelischen
Kirche dazu, waren sachlich, historisch fundiert und doch ein Stück
weit empathisch. Dabei ging es Professor Hermle vor allen um die
Einstellung der offiziellen evangelischen Kirche nach dem Krieg.

Es stellte sich unter anderem die Frage, ob sich die Kirche ihrer
nichtarischen Glieder, die von den Nazis entehrt, beraubt, gepeinigt
und getötet wurden, angenommen habe, denn selbst nach dem Inferno gab
es lange ein Schweigen und Verdrängen der Verantwortlichen. Es waren
zunächst einzelne Persönlichkeiten, die sich der Mitschuld stellten,
die Verantwortung übernahmen, Hilfe anboten, an die Menschlichkeit
appellierten. Schließlich lebten auch nach dem Krieg noch jüdische
Mitbürger in Deutschland. Sie brauchten nach dem unfassbaren Trauma
Hilfe, die sicherlich nicht nur materielle Zuwendung bedeutete. „Die
evangelische Kirche an sich zeigte zunächst wenig Sensibilität“,
so Professor Hermle, „lediglich einzelne Pastore, Bischöfe und
Landeskirchen gaben Erklärungen ab, manche davon recht vage.“ Der
Versuch des Erkennens und ein erster Brückenschlag erfolgte
tatsächlich erst Jahre später. Der Anstoß kam von der Landessynode
der Rheinischen Kirche. Sie stellte 1965 die Forderung an die
evangelische Kirche Deutschlands (EKD), das christlich-jüdische
Verhältnis „gründlich“ aufzuarbeiten. Noch einmal dauerte es
aber zehn Jahre bis die eingesetzte Studiengruppe ein Brevier vorlegte
und damit den Weg für die 1980 von der EKD beschlossene Handreichung
„Zur Erneuerung des Verhältnisses von Christen und Juden“ ebnete.
Hier wurden auch die gemeinsamen Wurzeln von Juden und Christen
offiziell genannt und festgehalten, dass beide Glaubensgemeinschaften
Gottes Wort verkünden. So wurde die Solidarität zu den Brüdern und
Schwestern in Israel und dem Judentum herausgehoben. Eine lange Zeit
des „Nichthinsehenwollens“, des Zögerns, der Unsicherheit, hatte
auf einem steinigen Weg doch ein Ziel gefunden, das aber nicht zum
Ausruhen einlädt, sondern ständiger Erneuerung durch den Dialog
bedarf. Nach einer sich dem Vortrag anschließenden Fragerunde, wies
Wolfgang Birkholz daraufhin, dass ein weiterer Abend zu dieser
Thematik geplant sei. Dann aus Sicht der katholischen Kirche. Infos
zur Gesellschaft: www.cjz-oberberg.de.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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