Wasserstoffbusse
Weichen sind gestellt
Oberberg. Noch ist nichts davon zu sehen, aber in etwas mehr als einem halben Jahr werden die ersten Wasserstoffbusse der OVAG auf den Oberbergischen Straßen rollen. Stationiert werden die Busse auf dem Betriebshof in Wipperfürth-Hämmern. Wie OVAG-Geschäftsführerin Corinna Güllner im Kreisentwicklungsausschuss präsentierte, wurde dieser Betriebshof bewusst ausgewählt: „Der Betriebshof in Wipperfürth-Hämmern hat mit derzeit 25 Bussen, die dort beheimatet sind, eine ideale Größe, um in einem überschaubaren Zeitraum vollständig auf den Wasserstoff-Betrieb umgestellt zu werden. Hinzu kommen die Pläne zur Aufwertung der Linie 336. Die ersten emissionsfreien Busse im Oberbergischen sollen verstärkt auf dieser Linie eingesetzt werden.“
Für den Betriebshof im Nordkreis spricht auch die geographische Nähe zu den beiden Wasserstoff-Pionieren unter den Verkehrsunternehmen, nämlich der RVK, die unter anderem auf dem Betriebshof in Wermelskirchen Wasserstoffbusse einsetzt, und der WSW mobil in Wuppertal.
15 Wasserstoffbusse
von Solaris
Bereits im letzten Jahr hat die OVAG nach europaweiter Ausschreibung 15 Wasserstoffbusse vom Typ „Urbino 12 hydrogen“ des Busherstellers Solaris bestellt. Die Produktion läuft nach Plan und die ersten fünf Busse werden Anfang 2025 ausgeliefert. Die weiteren zehn Busse folgen im Laufe des 1. Quartals 2025.
Die Busse werden mit Wasserstoff betrieben, welcher gasförmig in sogenannten Druckspeichertanks auf dem Fahrzeugdach gespeichert wird. Der komprimierte Wasserstoff wird dann in eine Brennstoffzelle geleitet, welche den Strom für die Fahrmotoren generiert. Die einzigen Nebenprodukte sind Abwärme und Wasserdampf.
Die Solaris-Wasserstoffbusse werden mit modernen Brennstoffzellen mit einer Gesamtleistung von 70 kW und mit Solaris-High-Power-Traktionsbatterien ausgestattet, um die Brennstoffzelle in Zeiten des Spitzenstrombedarfs zu unterstützen. Der Antrieb der Fahrzeuge erfolgt über einen 160 kW starken elektrischen Zentralmotor. Die bestellten Urbino-Wasserstofffahrzeuge werden mit einer Wärmepumpe beheizt. Die Reichweite einer Tankfüllung deckt mit rund 350 Kilometern die meisten der OVAG-typischen Fahrzeugumläufe sehr gut ab. Förderung durch
Bundesmittel
Die Anschaffung der 15 Busse wird durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr mit 4,3 Mio. Euro gefördert. Die Förderung wird von der NOW GmbH koordiniert und durch den Projektträger Jülich (PtJ) umgesetzt.
Landrat Jochen Hagt freut sich in seiner Doppelrolle mit dem Oberbergischen Kreis als ÖPNV-Aufgabenträger und als Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der OVAG über die Förderung durch den Bund: „Emissionen spürbar absenken, attraktiven Lebensraum schaffen und die nachhaltige Mobilität ausbauen – die Beschaffung der 15 Wasserstoffbusse ist eine zukunftsweisende Maßnahme.
Die umfangreiche Bundesförderung von 4,3 Mio. Euro leistet einen wichtigen Beitrag, die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger in Oberberg zu verbessern.“ Landrat Jochen Hagt sieht aber auch die Herausforderungen, die mit der dauerhaften Finanzierung neuer Antriebstechnologien verbunden sind. Denn trotz der stolzen Summe deckt die Förderung nur 80 % der Mehrkosten gegenüber der Beschaffung von Dieselbussen ab, so dass der verbleibende Teil durch Eigenmittel gestemmt werden muss. Auch die laufenden Kosten liegen momentan noch über denen des Betriebs von Dieselbussen. Die Finanzierung der von der EU vorgegebenen Umstellung auf alternative Antriebstechnologien stellt damit für die OVAG und den Oberbergischen Kreis eine große Herausforderung dar, vor der derzeit deutschlandweit alle Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger stehen und sich eine zuverlässige und dauerhafte finanzielle Unterstützung durch Bund und Länder wünschen.
Mobile Wasserstofftankstelle von Air Liquide
Die Betankung der Busse erfolgt in der Anfangsphase über eine mobile Tankstellenlösung. Bei der Ausschreibung, die auf große Resonanz stieß, konnte sich der französische Gase-Hersteller Air Liquide durchsetzen. Dieser betreibt in Marl das größte Trailer-Abfüllzentrum für Wasserstoff in Europa. Bei der mobilen Tanklösung von Air Liquide wird der Wasserstoff in Trailern angeliefert und über eine Umfülltafel direkt aus dem Trailer in den Bus gefüllt.
OVAG und Oberbergischer Kreis war es dabei wichtig, dass von Anfang an erneuerbarer Wasserstoff („grüner Wasserstoff“) zum Einsatz kommt. Dabei produziert Air Liquide den Wasserstoff in seiner neuen PEM-Elektrolyse-Anlage „Trailblazer”, die aktuell in Oberhausen im Übergang von der Inbetriebnahme- in die Betriebsphase ist. Die Anlage wird mit erneuerbarem Strom aus einem Windpark betrieben und spaltet Wasser emissionsfrei in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff auf.
Die Ausschreibung für den Bau und Betrieb einer stationären Wasserstofftankstelle wird in Kürze erfolgen, so dass diese voraussichtlich im Jahr 2026 in Betrieb genommen werden kann. Mit der stationären Tankstelle wird es möglich sein, eines Tages die gesamte Busflotte am Standort Wipperfürth-Hämmern mit Wasserstoff zu betanken.
OVAG bleibt
technologieoffen Die Entscheidung für den Einstieg in die Wasserstofftechnologie wurde auf Basis einer Machbarkeitsstudie getroffen. Aufgrund der Topografie im Oberbergischen und auf Basis des „Stands der Technik“ lautete die eindeutige Empfehlung der Gutachter für die OVAG, auf Wasserstoff als künftige Antriebstechnologie zu setzen.
Diese Empfehlung bestätigte sich im Praxistest, bei dem im letzten Jahr Busse verschiedener Hersteller im Oberbergischen ausprobiert wurden. Gerade bei der Überwindung von Höhenkilometern und mit ihrer Reichweite überzeugten die Wasserstoffbusse.
Gleichzeitig ist gerade im Fahrzeugsektor der technische Fortschritt groß und auch bei batterie-elektrischen Bussen konnten die Reichweiten in den letzten Jahren erhöht werden. So zeigt eine Aktualisierung der Machbarkeitsstudie steigendes Potenzial für den Einsatz von batterie-elektrischen Bussen auch im Oberbergischen auf. Die OVAG bleibt daher technologieoffen und setzt perspektivisch auf einen Mix von verschiedenen Antriebstechnologien.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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