Leben und arbeiten in der Kinderstadt
Pädagogisch betreutes Großspielprojekt zur P ...

Auf dem Weg zu einer Betriebssegnung: Nick (von links), Paul und Philo sind in Leverkusen zu Hause. Die meisten ihrer Kameraden sind eigens für die Kinderstadt aus der gesamten Umgebung angereist. | Foto: Gabi Knops-Feiler
  • Auf dem Weg zu einer Betriebssegnung: Nick (von links), Paul und Philo sind in Leverkusen zu Hause. Die meisten ihrer Kameraden sind eigens für die Kinderstadt aus der gesamten Umgebung angereist.
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Opladen (gkf). Erwachsene haben so ohne weiteres keinen Eintritt in
die Kinderstadt, sondern müssen im so genannten „Elterngarten“,
dem Gegenstück zum Kindergarten bleiben. In der Kinderstadt lebten
und arbeiteten während der Herbstferien für eine Woche rund 200
Kinder. Die meisten übernachten auch dort. Denn nicht alle acht- bis
zwölfjährigen Mädchen und Jungen kamen aus Leverkusen und Umgebung,
sondern 130 reisten aus elf weiteren Städten von Bergisch Gladbach
bis Rheinbach an.

Diesmal war die Kinderstadt – sie wird alle drei Jahre von der
Katholischen jungen Gemeinde (KjG) des Erzbistums Köln an wechselnden
Orten angeboten – in der Turnhalle der Opladener Marienschule
aufgebaut.

Genau 101 Ehrenamtler betreuten die Kinder, nachdem sie die Halle
zuvor als eigene, kleine Stadt mit allem, was dazu gehört,
hergerichtet hatten. Es gab knapp 40 Betriebe aller Sparten: Agentur
für Arbeit, Bank, Bäckerei, Finanzamt, Malerwerkstatt, Post,
Schneiderei, Restaurant, Theater oder Zeitungsredaktion, um nur
einiges zu nennen. In der Druckerei ließen die Kandidaten für das
Amt des Bürgermeisters zuvor ihre Plakate drucken. In der Pizzeria
wurde gerade frisch gebacken. „Rund 100 Pizzen gehen pro Tag weg“,
erläuterte Marie Lavall, ehrenamtliche Diözesanleiterin bei der KjG
und ergänzte: „Uns ist wichtig, dass die Kinder mit echtem Material
und echten Produkten arbeiten, wie in einem ganz normalen Betrieb und
wie im richtigen Leben.“ In Anlehnung an das reale Leben werden
Kinder angeregt, Vorstellungen für das gesellschaftliche Miteinander
auszuprobieren und weiterzuentwickeln.

Wer die Stadt betrat, stand direkt vor der Kirche. In dem Zeltbau gab
es einen Altar mit Kreuz und echten Kerzen. Dort waren Nick (10) und
Paul (8) aus Schlebusch mit Philo (8) aus Manfort auf dem Weg zu einer
Betriebssegnung. Unterdessen wurde im Theater an einer Aufführung
geprobt, die sich Renée (11) aus Köln selbst ausgedacht hatte. Im
Beauty-Salon nebenan behandelte Josephina (9), Schülerin der
Lützenkirchener Grundschule Im Kirchfeld, eine „Kundin“. „Diese
Arbeit gefällt mir sehr gut. Später möchte ich einmal Kosmetikerin
werden“, sagte das Kind mit strahlenden Augen. Neues erfahren,
Demokratie stärken, Geschlechtergerechtigkeit erleben, Politik
begreifen und Pläne entwickeln: das sind weitere Ziele in der
Kinderstadt. Durch die unmittelbare Konsequenz ihres Handelns
begreifen die Kleinen Gestaltungsmöglichkeiten als öffentliche
Angelegenheit und entwickeln Motivation zum gemeinschaftlichen
Engagement. In der umfassenden Spielewelt lernen sie vor allem schwer
verständliche soziale Prozesse kennen, zum Beispiel wie Demokratie
funktioniert, welche Faktoren den Währungskreislauf beeinflussen oder
wie Gesetze entstehen.

Lavall dazu: „Begriffe wie Steuern, Inflation oder Grundgesetz
werden greifbar gemacht“. Die Währung in der Kinderstadt heißt
„Tacken“. Mehrmals täglich entschieden sich die Kinder für einen
Arbeitsplatz. Nach einer kurzen Einarbeitung verdienten sie ihr
eigenes Geld: pro Stunde zehn Tacken, wovon jedoch zwei Takten
Lohnsteuer abgingen. Die Inflation macht auch vor der Kinderstadt
nicht Halt – jeden Tag wurden alle Produkte und Angebote um
mindestens 25 Prozent gegenüber dem Ausgangspreis zu Wochenbeginn
erhöht. An jedem Nachmittag kamen alle Kinder zum Rat zusammen und
diskutierten über das Stadtleben sowie Gesetze und Neuerungen, die in
der Kinderstadt vielleicht gebraucht werden. Gerade erst musste eine
Betriebssteuer eingeführt werden, denn in der Stadtkasse war Ebbe.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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