Zwischen Märchen und Metaebene
Literaturkurs präsentierte "Der gestiefelte Kater"
Zündorf - (sf) „Ist das schon das Bühnenstück?“ Bevor die Schüler mit der
Aufführung des Märchenklassikers „Der gestiefelte Kater“
beginnen, melden sich einige Zuschauer zu Wort und kommentieren die
Vorbereitungen auf der Bühne. Oder sind die sechs Personen, die sich
in der ersten Reihe seitlich der Bühne über das Stück unterhalten
gar keine Zuschauer, sondern Mitwirkende der Theatergruppe des
Lessing-Gymnasiums?
Ebenso wie die wahren Besucher des Stücks verfolgen sie in ihrer
Rolle die Aufführung des Märchenklassikers „Der gestiefelte
Kater“ von Ludwig Tieck, den der Literaturkurs der elften
Jahrgangsstufe des Lessing-Gymnasiums an drei Abenden auf die Bühne
brachte. Im diesjährigen Bühnenstück des Literaturkurses werden
alle Zuschauer Teil der Aufführung, denn bereits vor Beginn des
Theaterstücks sehen sie sich dank Liveübertragung mit einer
Dokumentenkamera selbst auf einer Leinwand. Die Theater-AG des
Lessing-Gymnasiums lässt in ihrer Aufführung der Komödie „Der
Kater oder wie man das Spiel spielt“ von Tankred Dorst verschiedene
Ebenen – Handlung, Zuschauer, Kritiker – verschwimmen, getreu dem
Motto „Eine gelungene Unordnung ist besser als eine schlechte
Ordnung“.
Während die Theatergruppe die Geschichte von dem berühmten Kater
erzählt, der einen Müllersohn mit raffinierten Tricks zum König
macht, kommentieren die in die Rolle der Zuschauer schlüpfenden
Darsteller immer wieder das Geschehen auf der Bühne. Die
Ankündigung, dass ein bekannter Fußballspieler als Ersatz für einen
ausgefallenen Schauspieler kommt, verleitet beispielsweise zum
Kommentar „So lockt man Leute ins Theater“. Ebenfalls
ungewöhnlich für eine klassische Märchenaufführung: Das Märchen
wird, beispielsweise mit einem Kaninchenballett, persifliert, die
Sagenwelt übertrieben kitschig dargestellt. „Wir spielen mit
Klischees und Rollen von der Prinzessin bis zum Kritiker“, erklärt
Sabine Ernst. Zusammen mit Lehrerkollege Frieder Schumacher hat sie
den Literaturkurs geleitet. Die 45 Kursteilnehmer hatten über die
Einstudierung des Stücks hinaus auch das Bühnenbild erstellt und das
Stück mit der Entwicklung eigener Rollen ergänzt. Zudem wurden
zahlreiche Bezüge zu aktuellen Themen eingearbeitet: Von der globalen
Digitalisierung bis zum Landes-Förderprogramm „Gute Schule 2020“
nehmen die Schüler einige aktuelle Entwicklungen aufs Korn. Auch so
manche Anspielung zur politischen Weltlage wurde eingebaut,
beispielsweise als der König seine Liebe zu Kaninchen in Anspielung
auf US-Präsident Donald Trump mit den Worten „Kaninchen first“
kommentiert.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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