Es begann mit Fukushima
Tanja Schmieder ist eine „Heldin des Alltags“
Porz - (sr) Als am 11. März 2011 die schrecklichen Bilder von den Folgen der
Kernschmelze in einem Atomkraftwerk in Fukushima die Nachrichten
beherrschten, saß Tanja Schmieder mit ihrem wenige Monate alten Sohn
vor dem Bildschirm. „Ich sah die vielen Menschen auf der Flucht und
entschied, sollte es solche Bilder jemals aus Deutschland geben, werde
ich helfen.“ Eine Frau, ein Wort.
Aufgrund der vielen Kriegs- und Krisengebiete wurden die
Flüchtlingsströme aus Asien und Afrika immer breiter. Die sich
anbahnende humanitäre Katastrophe fand einen Gipfel im September
2015, als Menschen in Ungarn nach langer Flucht am Budapester Bahnhof
in solchen Massen landeten, dass die Nahrung knapp wurde. Schließlich
durften die Flüchtlinge geordnet, legal und in Zügen nach
Deutschland einreisen. Am Kölner Flughafen entstand eine sogenannte
Drehscheibe. Wer hier ankam, wurde ersteinmal mit Nahrung und Kleidung
versorgt und dann per Bus auf Städte und Gemeinden verteilt. „Ich
habe mich sofort als Freiwillige registrieren lassen“, erinnert sich
Tanja Schmieder. Als der erste Zug einrollen sollte, hat bei ihr gegen
Mitternacht das Telefon geklingelt. „Die Kleiderkammer war eine
Katastrophe. Die Sachen lagen alle unsortiert in Haufen herum.“
Hunderte von Flüchtlingen kamen in dünner Sommerkleidung, hatten
Schuhe an, denen die gelaufenen Kilometer anzusehen waren. Lange Rede,
kurzer Sinn, Tanja Schmieder übernahm die Leitung des Kleiderzeltes.
Bis April 2016 rollten hier Züge mit insgesamt rund 20.000
Flüchtlingen ein.
Tanja Schmieder war immer dabei, „außer Heilig Abend“, verrät
sie, „da war ich nur kurz da.“ Sie hat zusammen mit anderen
engagierten Frauen, die sich im Internet kennenlernten, Kleider- und
Geldspenden gesammelt. Ein ganzer Lagerraum musste her, um alles
unterbringen zu können. Mit den Geschichten, die sie erlebt und die
sie gehört hatte, kann sie Bücher füllen.
Als die Drehscheibe geschlossen wurde, hatte sie sich eine
Abschiedsfeier für alle Ehrenamtlichen gewünscht. Allein für das
Kleiderzelt waren 40 Freiwillige aktiv. „Leider hatte die Stadt wohl
kein Geld dafür.“ Dabei hätten viele einen Austausch gebraucht, um
die Bilder, die sich in die Köpfe gebrannt hatten, zu verarbeiten.
Die meisten Kleider aus dem Lagerraum wurden mit zwei 40-Tonnern nach
Griechenland zu den Zeltlagern von Flüchtlingen transportiert. In
Köln ist der Verein „cityofhope cologne e.V.“ geblieben. Der
Verein bietet zur Pandemie-Zeit verschiedene Online-Hilfen an, kaufte
zum Beispiel 24 Laptops. Ralf Kreutz, Vorsitzender des Garde-Korps
Köln - KG „Blau-Weiß Zündorf“ von 1928 e.V., brachte zum Termin
nicht nur den Orden der KG mit, sondern auch noch 50 Euro
Privatspende. „Das sind 2,5 Stunden Nachhilfe in Deutsch und Mathe
für die Kinder“, sie betonte, dass jeder Cent ankommt.
Redakteur/in:Sabine Robels aus Köln |
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