Schutz- und Schatzkammer
Theaterwissenschaftliche Sammlung besteht seit 100 Jahren
Wahn - (pm) Nicht nur die Universität zu Köln feiert in diesem Jahr den
100. Jahrestag ihrer Neugründung, sondern auch eine ihrer
faszinierendsten Außenstellen, idyllisch beheimatet auf Schloss Wahn
an der Kölner Stadtgrenze.
1919 begründete der Kölner Gelehrte Carl Niessen eine Lehrsammlung
für das neue Fach Theaterwissenschaft, mit dem Ziel, die
Vielseitigkeit des Theaters in allen Spielarten erfahrbar zu machen.
Der „runde Geburtstag“ bot allen Theaterinteressierten zahlreiche
Gelegenheiten, hinter die Kulissen zu blicken, unter anderem mit einer
Jubiläumsausstellung, einer Podiumsdiskussion zur Zukuft des Theaters
und zwei Tagen der offenen Tür. Neben Führungen durch die Sammlung
konnten die Besucher in der Gesprächsreihe „Fokus Regie“ nicht
nur Einblicke in die Arbeit von Schauspielintendant Stefan Bachmann
bekommen, sondern auch gemeinsam mit den beiden ehemaligen Intendanten
Jürgen Flimm und Hansgünther Heyme auf ein Stück Kölner
Theatergeschichte zurückblicken. In der Bibliothek gab es virtuelle
Theaterwelten in 3D zu entdecken. Für die jüngeren Besucher ließen
Eric Poirier (Théâtre de Table) und Marlis Sennewald die Kunst des
Papiertheaters wiederaufleben.
Wer sich auf eine Expedition in diese „Schutz- und Schatzkammer“
in historischem Ambiente einlässt, dem bietet sich zunächst dar, was
Gerald Köhler, der Kustos der grafischen Sammlung, als die
„Unordnung eines ständigen Arbeitens“ bezeichnet. Die
Theaterwissenschaftliche Sammlung ist kein Museum, sondern ein
wissenschaftliches Spezialarchiv, in dem Forschungsarbeit,
Dokumentation und öffentliche Präsentation ihren Platz haben.
Das Theater als „flüchtige Kunst“ braucht einen Ort, an dem
zumindest seine materiellen Relikte bewahrt werden, zum einen um die
historische Entwicklung dieser menschlichen Ausdrucksform
nachzuzeichnen, aber auch um ihre Bandbreite sichtbar zu machen, vom
Puppentheater bis zum anspruchsvoll ausgestatteten
Schauspielertheater.
Die Theaterwissenschaftliche Sammlung der Universität zu Köln
beherbergt Puppen des Hänneschen-Theaters, aber auch streng
gestaltete Bauhauspuppen oder Figuren aus einfachsten Materialien, die
im sogenannten Fronttheater Verwendung fanden. Die enge
Verbindungslinie zwischen Theater und Film markieren unter anderem
Filmplakate aus der ehemaligen DDR. In der grafischen Sammlung
befindet sich neben Portraitgrafik auch Theaterarchitekturgrafik. Von
der jüngeren Kölner Kulturgeschichte zeugen beispielsweise Pläne
der Oper am Rudolfplatz sowie eine technische Blaupause der Oper.
„Wir schrecken auch vor Profanem nicht zurück“, erklärt Gerald
Köhler und meint damit Exponate wie eine Krawatte, eine
„Skakesbeer“-Dose, ein Kartenspiel oder ein Puzzle mit Romeo und
Julia-Motiv, die bereits Teil einer Shakespeare-Ausstellung waren.
Wenn Gemälde Eingang in die Sammlung fanden, dann, weil sie Sujets
aus dem Umfeld des Theaters behandeln oder, wie zwei in Öl
festgehaltene Szenen aus „Don Quichotte“, auf den Punkt bringen,
was Theater im besten Fall sein kann: Realitätsverlust mit kreativem
Potential.Mehr unter www.tws100.de
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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