Traumschloss für Theaterfans
Theaterwissenschaftliche Sammlung öffnete Türen

Da der Theaterbegriff der Sammlung weit gefasst ist, dokumentiert sie auch das Puppenspiel. Unter anderem befinden sich auf Schloss Wahn die ältesten Hänneschen-Figuren, wie Direktor Peter W. Marx den Teilnehmenden der Führung erklärte. | Foto: Mielke
  • Da der Theaterbegriff der Sammlung weit gefasst ist, dokumentiert sie auch das Puppenspiel. Unter anderem befinden sich auf Schloss Wahn die ältesten Hänneschen-Figuren, wie Direktor Peter W. Marx den Teilnehmenden der Führung erklärte.
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Wahn - (pm) Ihr Domizil könnte selbst eine hervorragende Film- oder
Theaterkulisse abgeben: Seit 1954 hat die 1919 von Carl Niessen
begründete Theaterwissenschaftliche Sammlung der Universität zu
Köln ihren Sitz auf Schloss Wahn, einem repräsentativen Bau aus dem
18. Jahrhundert. Auf 3.500 Quadratmetern dokumentiert sie etwa 19.000
Inszenierungen und beherbergt circa 200.000 graphische Blätter. Mit
etwa 100.000 Bänden ist die Bibliothek der Theaterwissenschaftlichen
Sammlung die größte Spezialbibliothek weltweit.

Einmal im Jahr, stets im November, lädt ein Tag der offenen Tür dazu
ein, nicht nur das hochherrschaftliche Ambiente und ein Glas Wein oder
einen Kaffee mit Kuchen zu genießen, sondern auch den vielseitigen
Sammlungsbestand zu entdecken. Zahlreiche Besucher nahmen diese
Gelegenheit wahr, erkundeten die einzelnen Räume auf eigene Faust
oder schlossen sich der mittäglichen Führung an, die, auf Grund des
großen Andrangs, in zwei Gruppen stattfinden musste.

Das besondere Interesse des Gründers Carl Niessen galt dem Theater im
Krieg. Die überwältigende Resonanz auf ein Gesuch per
Zeitungsannonce führte dazu, dass das Haus heute eine der größten
Kriegstheatersammlungen der Welt besitzt, unter anderem acht Figuren
aus französischen Kriegsgefangenenlagern. Auch die ältesten Figuren
des Hänneschen-Theaters verbringen ihren wohlverdienten Ruhestand auf
Schloss Wahn.

Der Theaterbegriff wird von den Mitarbeitern der
Theaterwissenschaftlichen Sammlung (2,5 wissenschaftliche
Mitarbeiterstellen und 10 bis 15 studentische Mitarbeiter) und ihrem
Leiter, Peter W. Marx, sehr weit ausgelegt und erschöpft sich also
längst nicht im klassischen Personen-Theater. Auch die verschiedenen
Traditionen der alten und sehr verbreiteten Kunst des Schattenspiels,
von den filigran gestalteten Figuren der chinesischen oder
indonesischen Traditionen über das türkische „Karagoz“ bis hin
zu den in das 17. Jahrhundert zurückreichenden „ombres
italiennes“ (frz.: italienische Schatten), die im Gegensatz zu ihren
asiatischen Pendants aus Blech gefertigt waren.

Den Dachboden füllt, allen brandschutztechnischen Bedenken zum Trotz,
das seit den 1890er Jahren systematisch angelegte Kritikenarchiv.
Außerdem nennt die Theaterwissenschaftliche Sammlung 250.000
sogenannte „Theaterzettel“ ihr Eigen, bis in die 1910er Jahre
übliche Handzettel, die ein Theaterstück ankündigten und neben der
Besetzung auch andere für die potentiellen Theaterbesucher
wesentliche Informationen enthielten.

Das Fotoarchiv befindet sich in einem Seitenflügel des Schlosses und
setzt quasi mit dem Beginn der (öffentlichen) Fotografie ein, da das
Theater von Anfang an im Fokus des fotografischen Interesses stand.
Eine große Herausforderung ist aktuell die Integration der
Digitalfotografie, und zwar nicht nur auf Grund der reinen Quantität,
sondern auch mangels einer schnellen Internetverbindung und der
Unsicherheit in Bezug auf die Haltbarkeit der Speichermedien. Auch 400
Ölgemälde gehören zum Sammlungsbestand, ebenso wie originale
Kostümentwürfe des Bauhaus-Künstlers Oskar Schlemmer und acht echte
„Kandinskys“.

Bereits zum sechsten Mal kann man sich eine kleine Auswahl der
Schätze der Theaterwissenschaftlichen Sammlung in Gestalt eines
attraktiven Kalenders für ein ganzes Jahr nach Hause holen. Dieser
informiert auch über aktuelle Forschungsprojekte und ist vor Ort
erhältlich.

Die Theaterwissenschaftliche Sammlung der Universität zu Köln lohnt,
nicht nur am Tag der offenen Tür, einen Besuch. Geöffnet ist sie
Montag bis Mittwoch von 10 bis 16.30 Uhr und Donnerstag von 10 bis 19
Uhr. Wem der Weg nach Schloss Wahn zu weit ist, der kann im Museum
für Angewandte Kunst (An der Rechtsschule) noch bis zum 4. Februar
die Ausstellung „Im Spielrausch“ sehen, an der die
Theaterwissenschaftliche Sammlung maßgeblich beteiligt ist. Infos
unter tws.phil-fak.uni-koeln.de

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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