Corona hat Spuren hinterlassen
Trainer und Sportdirektor SV Westhoven im Interview
Westhoven - (wk) Monatelang hielt die Corona-Pandemie den Fußball in Atem und
zwang ihn zum Stillstand. Und das wird er sicherlich auch noch
längere Zeit tun. Betroffen davon ist vor allem der Amateurfußball,
wo man hierzulande lange nicht wusste wie es weiterging. Das lag auch
an der Haltung des Fußballverbandes Mittelrhein (FVM), der vehement
an einer Saisonfortführung im September festhielt. Inzwischen sind
Wochen vergangen und der FVM hat eine Kehrtwende zum Saisonabbruch
gemacht, lässt aus jeder Staffel eine Mannschaft aufsteigen und es
gibt keine Absteiger.
Am 21. Juni wird der Vorgang in einer Formsache auf einem
außerordentlichen Verbandstag amtlich gemacht. Betroffen davon sind
auch die Porzer Fußballvereine, die jetzt Klarheit haben. Porz
Aktuell hat Nachfrage bei den Porzer Vereinen gehalten, was Corona
hinterlassen hat und wie Trainer und Funktionäre zu der
FVM-Entscheidung stehen. Den Anfang macht Bezirksligist SV
Westhoven-Ensen, wo wir auf Trainer Markus Arendt und Sportdirektor
Christian Vonthron trafen:
Hallo Herr Arendt, Hallo Herr Vonthron, vielen Dank das Sie sich
für ein kleines Interview zur Verfügung stellen. Wie stehen Sie als
Vereinsfunktionäre zum Saisonabbruch im Hinblick auf das Verhalten
des Fußballverband Mittelrhein, das Abstimmungsergebnis, die Auf- und
Abstiegsregelung und das ganze Drumherum?
Markus Arendt: Das sich der FVM positioniert hat, finde ich
richtig, aber das dann Werbung dafür gemacht wurde, kann man nicht
gutheißen. Das Ergebnis wurde meines Erachtens dadurch massiv
verfälscht. Ohne diese Werbung für eine Fortsetzung, wäre das
Ergebnis wie in den Verbänden am Niederrhein und Westfalen mit 70
oder 80 Prozent für Abbruch ausgefallen. Die Aufstiegs- und
Abstiegsregelung ist absolut richtig, das habe ich vom ersten Tag an
gesagt. Klar „belohnt“ man jetzt schwache Teams, die mit sieben
oder acht Punkten am Tabellenende stehen, auf der anderen Seite
bestraft man Mannschaften auf Platz zwei oder drei mit guten
Aussichten. Ob am Ende der aktuelle Tabellenführer aufgestiegen
wäre, weiß man nicht. Auf die Bezirksliga bezogen ist es schon
skurril, dass Eintracht Hohkeppel es drei Jahre sportlich nicht
geschafft hat aufzusteigen und im vierten Jahr am „grünen Tisch“
aufsteigt. Aber wie gesagt, es ist die richtige und fairste Lösung.
Christian Vonthron: „Also ich kann auch das ganze Verhalten
des FVM, vor allem wie das mit dem Abstimmungsprozedere gelaufen ist,
nicht verstehen und finde es auch sehr fragwürdig. Für einen so
großen Verband sollte eine faire und ehrliche Abstimmung im Sinne der
Vereine stehen. Da kann es nicht sein, dass man fehlende Stimmen von
Vereinen telefonisch versucht zu gewinnen. Der Abbruch ist auch für
mich absolut richtig, auch die gewählte Auf- und Abstiegsregelung.“
Wie hat sich die Mannschaft, der Verein in der gesamten Zeit
positioniert und wie ist man mit dem Ganzen umgegangen?
Christian Vonthron: Wir im Verein haben das alles so
aufgenommen wie es sein musste, haben uns genau so verhalten wie es
gewünscht wurde. In allen Bereichen haben wir uns sehr oft
telefonisch ausgetauscht und viele Szenarien durchgespielt. Wir haben
die Zeit genutzt, mit allen Spielern die notwendigen Gespräche zu
führen, und wir konnten sogar neue Spieler an den Verein binden. Das
war ein Verdienst unseres neuen Sportlichen Leiter Oliver Thoss, der
eine große Bereicherung für den Club ist.
Markus Arendt: Nach der ersten Telefonkonferenz haben sowohl
Jugend als auch der Seniorenbereich für einen Abbruch gestimmt. Wir
vom Seniorenbereich aus zwei Gründen: Zum einen hat man Abgänge im
Sommer, darf aber keine Neuzugänge verpflichten, sprich, hat keine
Transfermöglichkeiten. Zum anderen tat sich die große Frage auf: Wie
geht es im Januar 2021 weiter? Dazu hat der Verband keinen konkreten
Vorschlag abgegeben. Die Frage wäre gewesen, spielt man mit 16
Mannschaften nur eine Serie oder mit acht Mannschaften eine Hin- und
Rückrunde? Das hier nur mal als Beispiel genannt. Wir können hier
als Verein nicht für etwas abstimmen, wenn wir nicht wissen wie es
weiter geht. Zudem muss ich sagen, dass schon Transfers für den
Sommer fix waren, auch Trainerwechsel innerhalb der Bezirksliga. Das
hätte unweigerlich zu einer Wettbewerbsverzerrung geführt und man
hätte mit Sicherheit auch das Problem von Motivation gehabt.“
Was nehmen Sie von Corona im Hinblick auf die neue Fußballsaison
für sich selbst, die Mannschaft und den Verein mit?
Christian Vonthron: Die Realität, wie schnell sich unser Leben
ändern kann und die Hoffnung, dass dieses Virus schnell bekämpft
werden kann. Wir im Verein werden und müssen alles dafür tun, dass
hier keine Gefährdungen entstehen. Die Mannschaften, egal ob Senioren
oder Jugend, haben das alles situationsgemäß angenommen und
verhalten sich dementsprechend. Um allen Ansprüchen gerecht zu
werden, hat unser Trainer und Arzt Carsten Stöcker ein Konzept
ausgearbeitet, womit die Kinder wieder ein wenig trainieren konnten.
Und das alles unter der Aufsicht der Verantwortlichen.
Markus Arendt: Ich glaube wir haben alle vor Augen geführt
bekommen, wie schnell sich alles verändern kann. Viele hat es hart
getroffen, nicht nur gesundheitlich sondern auch existentiell. Das
sollte uns dazu bringen, dass wir die Normalität, die vielleicht
irgendwann wieder eintreten wird, als nicht selbstverständlich
ansehen. Was unseren geliebten Fußball betrifft, kann ich nur sagen:
Es bleibt die schönste Nebensache der Welt, aber eben nur
nebensächlich. Auch hier werden Corona-bedingt Veränderungen und
Neuerungen auf uns zukommen, mit denen wir alle professionell umgehen
müssen.“
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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